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Schwaben-Hass

Schwaben-Hass

Titel: Schwaben-Hass
Autoren: Klaus Wanninger
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Jahr für Jahr.«
    »Sie drohen am Telefon«, sagte Verena Litsche.
    »Wer?« Harry Nuhr blickte irritiert zu ihr hin.
    »Verschiedene Typen. Sanfte und auch grobe Stimmen. Mal so, mal so. Verteilt über Tag und Nacht. Mehrfach mitten in der Nacht. Sie wissen genau, woran ich arbeite: Ich würde doch wohl nicht so dumm sein, mein Leben zu riskieren, indem ich damit an die Öffentlichkeit gehe.«
    Er schwieg, hörte ihr zu.
    »Sobald ich Kontakt zur Presse aufnehme, stünde ich auf ihrer Abschussliste. Ich solle mir jeden Schritt genau überlegen. Wir werden dich erwischen, du hast keine Chance. Du weißt doch genau, wie schnell das geht auf der Straße: Du läufst irgendwo und plötzlich rast ein Auto auf dich zu. Aus und vorbei. Ein Wort zu Journalisten und …«
    »Seit wann geht das so?«, fragte er.
    Dem Fahrzeug in der nahen Straße entstieg eine ältere Frau, dann bewegte sich der Wagen mit quietschenden Reifen rückwärts, sodass die Frau ein wenig beiseitespringen musste, und verschwand.
    »Zwei, drei Monate vielleicht«, erklärte Verena Litsche.
    »Du hast es auf Band?«
    Sie nickte mit dem Kopf. »Ich werde Sie bei der Polizei anzeigen, antwortete ich, mehrfach schon. Gelächter, höhnisches, spöttisches Gelächter. Versuche es ruhig, konterte sie, am besten gleich, jetzt sofort! Glaubst du vielleicht, die helfen dir? Liebe Frau, wie naiv bist du? Begreifst du nicht, welche Interessen hier im Spiel sind? Du pokerst hoch. Du allein gegen das halbe Land. Du hast keine Chance. Gib auf. Lass den Quatsch und gönne dir noch was vom Leben, sonst ist es zu spät.«
    »Du hast es gemeldet?«
    Die Frau zuckte nervös mit der Schulter. »Wozu?«
    Nuhr konnte ihre Ohnmachtsgefühle nachempfinden. Er nickte, betrachtete die nahe Straße, auf der sich ein Lastwagen rückwärtsfahrend näherte, kurz stoppte, dann von einem kräftigen jungen Mann schnell entladen wurde. Der mit einer hellbraunen Uniform bekleidete Lieferant schleppte seine Pakete zu einem nahen Zeitungsladen, spurtete kurz darauf wieder zu seinem LKW zurück. Sekunden später verschwand das Fahrzeug, Wolken aus stinkendem Dieselqualm hinterlassend.
    »Du solltest deine Wohnung wechseln und untertauchen«, stöhnte Nuhr, »das Projekt ist der reine Wahnsinn.« Er hatte Mühe, gegen den Motorenlärm des Lastwagens anzukommen.
    Der Kellner bediente den Mann am Nachbartisch, servierte eine kleine Flasche Bier. Verena Litsche verfolgte das Geschehen, trommelte nervös auf den Tisch.
    »Du bist dir sicher, dass du die Sache in der Redaktion durchbringst?«
    »Absolut«, äußerte Nuhr. »Wir kennen uns gut genug. Dein Projekt ist irre wichtig. Es muss an die Öffentlichkeit. Unbedingt. Die tageszeitung ist genau das richtige Medium dafür. Wir veröffentlichen jede Woche den neuesten Stand. Woche für Woche. Das wird einschlagen wie eine Bombe. Garantiert.«
    Litsche starrte auf die Straße, betrachtete misstrauisch einen kräftigen jungen Mann, der breitbeinig an der Brunneneinfassung lehnte und zu ihnen herüber starrte. Er trug ausgewaschene hellblaue Jeans und eine kurze dunkle Lederjacke.
    »Du weißt genau, dass dir zehn Tage genügen?«, fragte Harry Nuhr. »Du darfst nicht übertreiben. Lieber eine Woche später …«
    »Es wird klappen«, betonte sie, »ich benötige nur noch die Ergebnisse aus drei Kreisen, vorausgesetzt, ich komme an das Material. Die Schwierigkeiten kennst du.«
    Nuhr nickte zustimmend.
    »Eingearbeitet ist es schnell. Das Programm steht. Eine Sache von wenigen Minuten.«
    »Prima. Dann werde ich die Texte für die erste Veröffentlichung vorbereiten. Wir sollten eine Wochenend-Ausgabe anpeilen. Heute ist Mittwoch. Vielleicht übernächsten Samstag?«
    »Du musst vorsichtig sein«, wandte sie ein, »sobald sie davon erfahren, werden sie alles unternehmen, euch fertig zu machen. Die haben die besten Anwälte. Sie warten nur auf den kleinsten Fehler.«
    »Wir haben genügend Erfahrung mit diesen Typen. Kein anderes Presseorgan wurde in den letzten Jahren so oft von der Industrie oder von Rechts und Links bedroht wie die tageszeitung. Das dürfte dir zur Genüge bekannt sein.«
    Verena Litsche nickte. »Ich hoffe, du hältst Wort«, erklärte sie, »es ist sehr wichtig für mich.«
    Der Mann am Nachbartisch träumte uninteressiert vor sich hin. Sie betrachtete ihn trotzdem misstrauisch.
    »Es wird klappen, ganz bestimmt. Dein Projekt ist mein letzter großer Beitrag für die tageszeitung.«
    Nuhr drehte den Kopf zur Seite, um einer
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