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Schwaben-Filz

Schwaben-Filz

Titel: Schwaben-Filz
Autoren: Klaus Wanninger
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Sie etwas früher kommen sollen.«
    »Wieso?«, fragte Braig überrascht.
    »Sie kennen sie wohl nicht gut«, erwiderte sie.
    »Was ist mit ihr?«
    »Sie hatte wieder einen Anfall. Heute Morgen war die Ärztin da und ließ sie abholen.«
    »Sie hat gesundheitliche Probleme?«
    »Das ist ihre private Angelegenheit. Warum wollen Sie das überhaupt wissen?«
    Braig zog seinen Ausweis vor, zeigte ihn ihr. »Wir sind von der Polizei.«
    Das Verhalten der Frau änderte sich binnen einer Sekunde. Sie trat, ihr rechtes Bein schwerfällig nachziehend einen Schritt von ihnen weg, musterte sie mit versteinerter Miene. »Fragen Sie die Ärztin.« Sie schob sich schwer atmend an ihnen vorbei, nahm die nächste Treppe in Angriff.
    Braig wunderte sich über ihre Reaktion, war sie doch außergewöhnlich in Anbetracht des Alters der Frau. Gab er sich als Polizeibeamter zu erkennen, stieß er beim Kontakt mit älteren Menschen fast ausnahmslos auf Zustimmung. Reagierten jüngere Leute, vor allem Männer, oft eher ablehnend, ja sogar aggressiv auf sein Erscheinen, verwandelte sich das Verhalten der Leute in fortgeschrittenem Alter eher ins Gegenteil. Je älter die Person, desto größer die offen gezeigte Sympathie. In diesem Fall allerdings …
    »Wie heißt Frau Börrischs Ärztin?«, hörte er Neundorfs Stimme.
    »Dr. Kleemann«, kam es von oben.
    »Dr. Kleemann?«, fragte Neundorf überrascht. »Dr. Meike Kleemann?«
    Die Frau blieb mitten auf der Treppe stehen, starrte nach unten. »Um Gottes willen, was rede ich da? Die arme Frau wurde …«
    »Dr. Welser«, sagte die Kommissarin, »richtig?«
    Die Frau nickte bestätigend, verschwand dann im nächsten Stockwerk.
    War das ein Zufall?
    »Was hat eine Frau, die angeblich mit einer Knarre unterwegs ist, mit einer Ärztin zu tun, die von dem Verbrecher ermordet wurde, der inzwischen selbst …« Neundorf schaute fragend zu ihrem Kollegen. »Ist das wirklich nur Zufall?«

39. Kapitel
    Das Wartezimmer Dr. Welsers war gut besetzt. Neundorf unterhielt sich mit der Sprechstundenhilfe, die sie von der Stimme her kannte, bat um ein kurzes Gespräch mit der Ärztin.
    »Wenn es nicht lange dauert.«
    »Versprochen. Ich sehe selbst, wie viel Arbeit auf sie wartet.«
    Dr. Welsers Miene zeigte deutliches Erstaunen, als sie die Kommissarin vor sich sah. Neundorf stellte ihren Kollegen vor, erläuterte kurz ihr Anliegen.
    »Herr Hellner war hier«, berichtete die Ärztin, kaum dass sie in einem ihrer Behandlungsräume Platz genommen hatten, »gestern Morgen. Er wollte sich entschuldigen für sein Benehmen damals, Sie wissen schon.«
    Neundorf nickte zustimmend.
    »Und sein Beileid aussprechen wegen Meike.« Dr. Welser fiel es sichtbar schwer, weiterzusprechen. »Er war völlig schockiert, als er am frühen Morgen nach Hause kam und Meike, also den toten Menschen, er hatte sie in dem Moment ja nicht erkannt, vor seinem Haus liegen sah.«
    »Er war unterwegs in dieser Nacht?«, hatte Neundorf überrascht gefragt.
    »Prospekte verteilen. Aber das wissen Sie ja. Weshalb möchten Sie mit mir sprechen?«
    »Klara Börrisch«, erklärte die Kommissarin. »Sie ist Ihre Patientin?« Sie beobachtete ihr Gegenüber, nahm das bestätigende Nicken der Ärztin aufmerksam wahr.
    »Eigentlich ist sie Meikes Patientin. Aber solange wir noch nicht wissen …«
    »Wie gut kennen Sie sie?«
    »Sie kommt schon ein paar Jahre zu uns, glaube ich. Genau kann ich es nicht sagen, da müsste ich in unserer Kartei nachschauen. Weshalb fragen Sie?«
    »Sie kennen sie nicht näher?«
    Dr. Welser schien über die Frage ehrlich überrascht. »Nein. Frau Börrisch war Meikes Patientin, ich erwähnte es bereits. Ich kenne sie nur vom Sehen, wenn sie in unserer Sprechstunde saß. Und von heute Morgen, da musste ich zu ihr. Ein Notfall. Ich musste Frau Börrisch sofort in die Klinik einliefern lassen, leider.«
    »Sie leidet unter Anfällen?«
    »Unter Anfällen? Nein, so kann man das nicht nennen. Aber, Verzeihung, eigentlich …«
    »Ihre ärztliche Schweigepflicht, ich weiß.« Neundorf gab ihr mit einer beruhigenden Geste zu verstehen, dass sie die Zwickmühle, in der sie sich befand, durchaus kannte. »Ich sage es Ihnen ganz offen: Wir haben ein Problem. Wir suchen nach einem Mann, der entführt wurde und in großer Gefahr ist. Wir hoffen, ihn noch lebend finden zu können. In dem Zusammenhang tauchte plötzlich Frau Börrischs Name auf. Vielleicht völlig zu Unrecht, mag sein. Aber wir sind auf jede Information, die wir über
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