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Schwaben-Filz

Schwaben-Filz

Titel: Schwaben-Filz
Autoren: Klaus Wanninger
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Drecksau!«
    »Ihr habt den Herrn erkannt?«, fragte Herb.
    »Henfle«, antwortete Braig, »ja?«
    Der Kollege nickte.
    »Und die Frau?«
    »Laut Flugschein eine Angelina Breiter. Wir haben sie noch nicht überprüft. Wahrscheinlich seine Geliebte.«
    »Wo flog er hin?«
    »Dominikanische Republik. Mehr wissen wir noch nicht.«
    »Er macht Urlaub ohne seine Familie?«
    »Urlaub?« Herb schüttelte den Kopf. »Urlaub würde ich das nicht nennen. Der ist abgehauen, in letzter Sekunde.«
    »Vor Klara Börrisch, meinst du. Er hatte bemerkt, dass sie ihn verfolgt.«
    »Klara Börrisch?« Herb lachte leise. »Die Frau dürfte sein kleinstes Problem sein. Wir suchen ihn. Wegen insgesamt …« Er winkte mit der Hand ab. »Was weiß ich. Mehrere Millionen auf jeden Fall. Euro. Die hat er in den vergangenen Monaten aus seinen Autohäusern abgezogen. Hat einfach die gelieferten Fahrzeuge nicht mehr bezahlt, aber die Erlöse einkassiert und weggeschafft. Vielleicht in Banken in der Karibik. Dorthin, wo wir keinen Zugriff haben. Der sitzt irgendwo an einem tropischen Strand und lässt es sich mitsamt seiner Freundin gut gehen. Von dem werden wir so schnell nichts mehr hören. Nicht dass ihr noch die ganze Umgebung nach seiner Leiche absucht.«

42. Kapitel
    Napoleons demütigendste Niederlage. Nein, ich spreche nicht von Waterloo. Ich spreche von einer seiner Jagden. Sämtliche Adelige, alles, was Rang und Namen hatte, war versammelt, als der Despot mit seinem Gewehr um sich zu ballern begann. Groß und stark wollte er sich wieder zeigen, als Herr über Leben und Tod von allem, was existierte. Doch dann geschah etwas, mit dem er nicht gerechnet hatte. Sein engster Mitarbeiter hatte Hunderte von Kaninchen und Hasen, allesamt gezähmt, kaufen und im Revier verteilen lassen, um seinem Herrn und Meister Erfolg bei der Jagd zu garantieren. Und was machte der Großteil der gezähmten Tiere? Anstatt davonzujagen und sich von dem Despoten abschießen zu lassen, sprangen sie auf den Kaiser zu, erhofften sich wohl Futter von dem Herrn. Und Napoleon? Bedrängt von Hunderten zahmer Kaninchen rannte er vor den Tieren davon – beobachtet und verlacht von all seinen Gästen, blamiert wie nie zuvor. Wäre das nicht ein Vorbild für den Umgang mit den Despoten unserer Zeit?«
    Braig, Neundorf und Theresa Sommer waren den Worten Dr. Genkingers amüsiert gefolgt.
    »Sie versuchen uns aufzumuntern, wie?«, meinte Neundorf.
    Der Tierarzt ließ ein verschmitztes Lächeln sehen. »Die zahmen Kaninchen und der vor ihnen davonspringende Despot – das ist Balsam für die Seele. Ganz im Gegensatz zu den Existenzen, mit denen Sie sich in den letzten Wochen beschäftigt haben.«
    Sie waren nach der Teilnahme an der 104. Montagsdemonstration in der Heslacher
Zur Traube
eingekehrt, saßen bei einem Glas Wein zusammen. Weit über 10.000 Menschen hatten sich an diesem Abend wieder vor dem Stuttgarter Hauptbahnhof getroffen.
    »Ich bedanke mich für den Balsam«, erklärte Neundorf. »Obwohl mir schon die Gesellschaft all dieser vielen Menschen heute Abend wieder neuen Mut verliehen hat. Woche für Woche so viel selbstloses Engagement zu erleben, hilft mir ein Stück weit über den Morast hinweg, in dem dieses Land zu versinken droht.«
    »Auch wenn Ihre Mörderin vorerst vor der Strafverfolgung verschont bleibt?«
    »Frau Börrisch wird die psychiatrische Klinik so schnell wohl nicht verlassen.« Braig dachte an sein Gespräch mit dem Arzt zurück, den er vor wenigen Tagen aufgesucht hatte. Der Mann hatte ihm erklärt, er sei darüber informiert, was Frau Börrisch vorgeworfen wurde, und das sei natürlich niemals zu rechtfertigen. Er wisse aber auch, was diese Verbrecher ihr und ihrer Tochter angetan hätten. Frau Börrisch benötige Ruhe, und die würde sie bekommen. Sie sei manisch depressiv und stünde unter seiner Obhut.
    »Und was ist mit dem übelsten Halunken Ihrer Ermittlungen?«, erkundigte sich Dr. Genkinger. »Er ist entkommen, ja?«
    Braig nickte. Henfles Spuren verloren sich irgendwo in der Karibik. Vieles deutete darauf hin, dass sich der Mann mit seiner Begleiterin nach Haiti davongemacht hatte, um sich im Chaos dieses teilweise immer noch zerstörten Landes neue Identitäten zu beschaffen. »Das Geld ist auf unbekannte Konten verschwunden«, hatten sie von Herb erfahren, »macht euch keine Hoffnung, der ist weg.«
    »Er hat Silke Börrisch vergewaltigt«, meinte Neundorf, »oder?«
    Braig nickte. »Ich zweifle nicht an Ruppichs Aussage. Die
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