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Schumacher, Jens - Deep

Schumacher, Jens - Deep

Titel: Schumacher, Jens - Deep
Autoren: Jens Schumacher
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Wasseroberfläche entgegen.
    Die Hebebühne unter der Schleusenkammer war abgelassen wie zum Zeitpunkt seines Ausstiegs. Henry betrat sie und wollte gerade eine Funkverbindung herstellen und darum bitten, hereingeholt zu werden, als ihn lähmende Furcht überfiel.
    Er hatte seit etlichen Minuten nichts aus dem Habitat gehört. Was mochte sich in der Zwischenzeit dort abgespielt haben? Waren sein Vater und Becca noch immer in der Gewalt von Hauschildts Leuten? Würde der Deutsche ihn überhaupt hineinlassen? Oder hatten die Schäden des Habitats im Innern möglicherweise eine verhängnisvolle Kettenreaktion ausgelöst?
    Was, wenn dort längst niemand mehr am Leben war?
    Während Henry sich immer neue Schreckensszenarien ausmalte, erwachte die Hebebühne unter ihm ohne Vorwarnung zum Leben. Surrend und stotternd hievte sie ihn zur Schleusenkammer hinauf, wo sie mit einem Ruck zum Stehen kam.
    Henry musste sich zusammenreißen, um vor Erleichterung nicht in Tränen auszubrechen, als der Wasserspiegel in der Kammer plötzlich zu sinken begann. Augenblicke später meldete sich jemand über den Helmfunk, eine Stimme, die Henry trotz aller Verzerrung sofort erkannte.
    »Willkommen an Bord, mein Junge!«
    Jetzt konnte Henry seine Tränen nicht länger zurückhalten.

42
     
    UNTERWASSERHABITAT NEUSCHWABENLAND,
    28. SEPTEMBER 2013
     
    Im Innern des Habitats erwarteten Henry gleich mehrere Überraschungen.
    Die erste betraf den Techniker, der ihm aus dem Hartanzug half, nachdem die Schleuse leer gepumpt war. Der Mann war hilfsbereit und freundlich – alle Feindseligkeit, die kaum eine Stunde zuvor von seinen Kollegen und ihm ausgegangen war, schien vergessen. Allerdings wirkte er blass und irgendwie verstört, weshalb Henry davon absah, ihm all die Fragen zu stellen, die ihm auf der Zunge brannten. Nachdem er im Nachbarraum seine Kleidung wiedergefunden und angelegt hatte, folgte er dem Techniker hinaus.
    Auf dem Korridor stellte er fest, dass der Boden merklich Schlagseite aufwies. Das war nicht weiter problematisch, unangenehmer war dagegen, dass es im Innern des Habitats plötzlich auffallend kühl war. Obwohl Henry seine Mokele Oceanics-Sweatjacke trug, fror er. Ihm fiel auf, dass sein Führer mehrere Pullover sowie eine Winterjacke mit dickem Innenfutter trug.
    Entgegen seiner Erwartung machte der Mann keine Anstalten, ihn hinauf zum Kontrollraum zu bringen. Stattdessen führte er ihn einen langen, geraden Gang entlang, der vor einer hohen Stahltür endete.
    Dahinter lag der größte Raum, den Henry auf Neuschwabenland bisher gesehen hatte. Auf den ersten Blick ähnelte er einer Fabrikhalle, bei genauerer Betrachtung schien es sich aber eher um eine riesige Werkstatt zu handeln. Ketten hydraulischer Flaschenzüge baumelten von der Decke, auf stählernen Rollbühnen standen die Ki’tenge sowie die Walküre aufgebockt. Männer in Schwarz drängten sich darum, emsig bemüht, die Schäden zu beheben, die bei der Kollision der beiden Tauchboote entstanden waren. Etwas abseits erkannte Henry einen weiteren, unbeschädigten Unterwasserscooter, der der Walküre zum Verwechseln ähnlich sah. Auf dem Rumpf prangte die Aufschrift Wave Spear.
    »Henry – wir hatten solche Angst um dich!«
    Bevor er die Werkstatt richtig betreten konnte, stürzte Becca auf ihn zu und drückte ihn so fest an sich, dass ihm für einen Moment die Luft wegblieb. Verdutzt erwiderte er ihre Umarmung, ließ das Mädchen aber einen Augenblick darauf wieder los, als sein Vater neben ihnen auftauchte, eingehüllt in einen dicken schwarzen Parka.
    »Dad!« Erneut musste Henry Tränen der Freude und Erleichterung zurückhalten. »Ich dachte, ich sehe euch nie wieder.«
    »So etwas Ähnliches haben wir auch befürchtet, mein Junge«, gestand Dr. Wilkins und schloss ihn in die Arme. »Zum Glück haben wir uns getäuscht.«
    »Was ist passiert?« Henry sah sich verwundert um. »Wo sind Hauschildt und Kroll?«
    »Eins nach dem anderen.« Sein Vater führte ihn zu einem Arbeitstisch, auf dem mehrere Pumpthermoskannen aufgebaut waren. Er zapfte etwas ab und drückte Henry einen dampfenden Plastikbecher in die Hand. »Trink, mein Junge. Nach der Tortur dort draußen musst du doch am Ende deiner Kräfte sein.«
    Henry nahm den Becher dankend entgegen und nippte daran. Der Kaffee war heiß und stark, und schon nach wenigen Schlucken spürte Henry, wie seine Lebensgeister zurückkehrten. Im Hintergrund rollten Techniker die Wave Spear auf ihrem fahrbaren Untersatz aus
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