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Schulaufgaben

Schulaufgaben

Titel: Schulaufgaben
Autoren: Jutta Allmendinger
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Kinder bekommen, beziehen seit dem 1. Januar 2011 gar kein Elterngeld: Da sie ja zuvor kein Arbeitseinkommen hatten, kann es auch keine Entgeltersatzleistung geben. Ihr Unterhalt wird durch das pauschalierte Arbeitslosengeld II (ALG II) abgegolten.
    Wie passt diese Entwicklung in der Familienpolitik zu den Erkenntnissen, wonach Kinder unter der Armut ihrer Eltern ganz besonders leiden? Müssten nicht gerade Kinder aus sozial schwachen Familien und von Alleinerziehenden zielgenau unterstützt werden? Dies ist nicht der Fall. Heute wird mit über 4 Milliarden Euro für das Elterngeld mehr ausgegeben als für das Erziehungsgeld, das mit 2,9 Milliarden
Euro budgetiert war. Von diesen 4 Milliarden Euro wird nur ein Drittel für Sozialleistungen aufgewendet, also für Eltern, deren Einkommen so gering ist, dass sie unter dem Sockelbetrag von 300 Euro bleiben würden. Merkwürdig ist auch, dass das Elterngeld aus Steuern erstattet wird. Einkommensabhängige Leistungen werden in der Systematik des deutschen Sozialstaats sonst über Beiträge finanziert. In dieser Hinsicht erscheint die Konstruktion des beitragsfinanzierten Arbeitslosengelds I und des steuerfinanzierten, pauschalierten Arbeitslosengelds II weit fairer.
    Wie ist diese Wende in der Familienpolitik zu verstehen? Die Antwort ist einfach. Man setzte nicht auf Armutsprävention, sondern auf eine »qualitative Bevölkerungspolitik«, möchte also insbesondere Gutverdienenden Anreize für die Familienbildung bieten. 3 Kinder zu haben soll nicht mit Einschnitten in den Lebensstandard verbunden sein. Sie sollen nicht zu langen Erwerbsunterbrechungen führen oder einseitig zu Lasten weiblicher Erwerbsbiografien gehen. Vätern werden Anreize gegeben, sich mehr für ihre Kinder zu engagieren. All das sind wichtige und richtige Ziele.
    Bezieht man diese Leistungen aber auf die Lebensverläufe von Eltern aus unterschiedlichen Schichten, erkennt man leicht, dass die neue Familienpolitik die armen Familien vergisst. Frauen ohne Einkommen erhalten Hartz IV und sonst nichts. Sie verlieren damit 300 Euro im Monat, da das frühere Erziehungsgeld zusätzlich zu Hartz IV gewährt wurde. Bei Frauen mit niedrigem Einkommen ändert sich nichts an der Höhe der monatlichen Transfers. Deren Dauer ist aber auf ein Jahr beschränkt worden und legt damit eine wesentlich frühere Rückkehr in den Arbeitsmarkt nahe. Frauen mit mittlerem bis höherem Einkommen gewinnen Geld und Zeit. Hatten sie vor 2007 keine Ansprüche, so beziehen sie jetzt bis zu 1800 Euro im Monat für ein ganzes Jahr. Da beide Eltern das Elterngeld auch gleichzeitig bekommen können, eröffnen sich
damit gemeinsame Korridore an Zeit und Geld: Bis zu sieben Monate bei bis zu 3600 Euro können die Eltern gemeinsam in Elternzeit gehen. Das ist viel Geld. Mit einer vorbeugenden Familienpolitik für alle verträgt sich das (noch) nicht. Es muss nachgebessert werden.
    Wie steht es um das dritte Element der Familienpolitik, die Infrastruktur? In der Systematik familienpolitischer Maßnahmen ist der Ausbau einer guten Infrastruktur für Kinder sicherlich das bedeutsamste und teuerste Projekt. Das Kinderförderungsgesetz wurde 2008 vom Bundestag und vom Bundesrat, also der Länderkammer, verabschiedet. Hiernach soll das Betreuungsangebot für Kleinkinder bis August 2013 so weit ausgebaut werden, dass für jedes dritte Kind im Alter zwischen einem und drei Jahren ein Platz bei einer Tagesmutter oder in einer Kindertagesstätte bereitsteht. Damit gilt ein Rechtsanspruch für Kinderbetreuung bereits vom ersten Geburtstag des Kindes an. Die damalige Familienministerin Ursula von der Leyen hat also ein ehrgeiziges Ziel festgeschrieben und die Vorgabe ihrer Vorgängerin Renate Schmidt nochmals deutlich erhöht. Zwischen 2008 und 2013 soll sich die Zahl der Betreuungsplätze für kleine Kinder auf insgesamt 750 000 verdreifachen. Das neue Gesetz kostet nicht weniger als 12 Milliarden Euro, also das Dreifache des Elterngeldes, und wird von Bund, Ländern und Gemeinden zu je einem Drittel getragen. Darüber hinaus beteiligt sich der Bund ab 2014 an den Betriebskosten mit jährlich 770 Millionen Euro. 4
    Von Anfang an wurde das Gesetz hochgelobt und gleichermaßen kritisiert. Für mich, wie für viele andere, ist es die passende Ergänzung und zugleich ein Korrektiv zum Elterngeld. Denn es sieht vor, dass jedes Kind einen Platz in einer Kindertagesstätte haben soll, ganz gleich aus welchem Elternhaus es stammt. In vielen Bundesländern
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