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Schulaufgaben

Schulaufgaben

Titel: Schulaufgaben
Autoren: Jutta Allmendinger
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Teilnahme und Teilhabe. Doch selbst wenn man es wirtschaftlich durchrechnet, Aufwand und Ertrag gegenüberstellt, zahlt sich diese Investition mehr als aus. Im weiteren Lebensverlauf der Kinder zeigt sich: Sie schließen eher eine Ausbildung ab, und sie arbeiten damit eher in einem sozialversicherungspflichtigen Job; sie zahlen eher Steuern und Sozialabgaben, sie beziehen seltener durch Arbeitslosigkeit bedingte Transferleistungen.
    Die Frage, wie man hier politisch handeln soll, ist schwer zu beantworten. Aus Forschung und eigener Erfahrung wissen wir, dass Anreize besser als Strafen wirken. Eine Krippenpflicht würden wohl viele als Strafe empfinden, als Zwang und Korsett. Damit wäre also niemandem gedient.
    Eine Möglichkeit bleibt offen: Wir belohnen Eltern mit geringen Einkommen und Eltern, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, wenn sie ihre Kinder außerhäuslich betreuen lassen. Es geht um passgenaue Anreize, nicht um ein Gießkannenprinzip. Warum diskutieren wir noch über ein Betreuungsgeld
und nicht längst über ein Kindergartengeld? Zusätzlich brauchen Eltern Informationen, Transparenz und ein herzliches Willkommen.
    Geld und Infrastruktur: Stehen Eltern, die Krippen nicht nutzen, Ersatzleistungen zu?
    Mit dem Rechtsanspruch auf Betreuung von Kindern im Alter zwischen ein und drei Jahren wurde auch verstärkt über das Betreuungsgeld diskutiert. Im Koalitionsvertrag von November 2009 steht, es dürfe keine einseitigen Anreize auf außerhäusliche Betreuung geben. Eine Wahlfreiheit sei nur dann vorhanden, wenn auch die Betreuung der kleinen Kinder zu Hause finanziell unterstützt würde. Nach zwölf bis vierzehn Monaten Elternzeit, die als Lohnersatzleistung ausgestaltet sind, stünden den Eltern damit für weitere zwei Jahre pauschal 150 Euro im Monat zu. 21
    Das Betreuungsgeld ist in der Anlage paradox. Unterstützt und motiviert man mit dem Elterngeld die Betreuung von Kindern zu Hause und die Unterbrechung der Erwerbsarbeit für ein Jahr, so setzt das Betreuungsgeld nun Prämien auf eine längere Unterbrechung. Eine passgenaue und nachhaltige Familienpolitik ist das nicht. Irritierend ist auch, dass man mit einer Leistung (Geld) belohnt wird, wenn man eine andere Leistung (Infrastruktur) nicht beansprucht. Es ist, als baute der Staat Schwimmbäder für alle und prämiert gleichzeitig die, die sie nicht nutzen. Ebenso wenig nachvollziehbar ist, dass es diese Leistung nun für alle gibt – außer für die Ärmsten. Das frühere Erziehungsgeld wurde nur bei Bedürftigkeit und auch an ALG II-Bezieher gezahlt. Diese sollen nun aber keinen Anspruch auf Betreuungsgeld haben. 22
    Hier werden die falschen Signale gegeben. Das Betreuungsgeld zieht erhebliche Mittel ab, die für den Ausbau der
Kinderkrippen dringend gebraucht werden. Das Betreuungsgeld motiviert eine längere Erwerbsunterbrechung gerade für solche Mütter, die auf ihre Erwerbsarbeit finanziell am meisten angewiesen sind. Für diese Familien sind 150 Euro viel Geld. Für andere Mütter ist es nur ein nettes Taschengeld. Sie nehmen es gerne mit. Am schlimmsten aber ist: Bei der Erziehung unserer Kinder werden so die falschen Anreize bei den Startbedingungen gesetzt. Vorenthalten werden ihnen dadurch Netzwerke, Sprache, Kontakte und Reize. Gebraucht wird ein Head-Start-Programm im Geiste des großen Lernprogramms, das seit Mitte der 1960er Jahre Millionen amerikanischen Kindern Chancen eröffnet. Ein solches Programm kann Kinder aus allen Schichten und Milieus mitnehmen und Möglichkeiten eröffnen für gemeinsame Bildungs- und Lebenswege. Wenn wir jetzt nicht handeln, werden wir dies bitter bereuen und teuer dafür bezahlen.
     
    Kehren wir zurück zu Alex, Erkan, Laura und Jenny. Hätten die Neuregelungen ihre Leben in andere Bahnen gelenkt? Zunächst zum Elterngeld. Bei Alex wissen wir es nicht. Vielleicht hätten seine Eltern bei einer Lohnersatzleistung von 1800 Euro tatsächlich ihre Erwerbstätigkeit unterbrochen. Ob Susanne dann noch zwei Kinder bekommen und ihre Fachausbildung gemacht hätte, bleibt offen. Bei Erkan hätte die Neuregelung keinen Unterschied gemacht. Seine Mutter war nicht erwerbstätig, seine Familie nicht arm, der Haushalt hatte früher kein Erziehungsgeld und hätte heute kein Elterngeld bekommen. Die Mutter von Jenny hätte Geld verloren. Sie hat Erziehungsgeld bezogen, heute stünde ihr kein Elterngeld zu. Nur Lauras Mutter hätte für einen Augenblick profitiert. Sie hat kein Erziehungsgeld bezogen, heute würde
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