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Schuhwechsel: Als Hausfrau auf dem Jakobsweg

Schuhwechsel: Als Hausfrau auf dem Jakobsweg

Titel: Schuhwechsel: Als Hausfrau auf dem Jakobsweg
Autoren: Rosa Villas
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Länder dieser Welt nachgedacht und eine Jakobsmuschel in meiner
Jackentasche als ich wieder nach Hause komme. Immer noch die innere Freude bei
gleichzeitiger Gelassenheit, aber keine Idee wohin.
    Meine Schwester hat mir eine Email geschickt. Sie kann und
sie kommt und ihre Kinder freuen sich sehr. Ich bin platt. Zwei Jahre lang
konnte sie nicht und jetzt plötzlich geht es? Das ist ja fast schon unheimlich.
    Meine schlaue Freundin Ina hat ebenfalls geantwortet:
    Liebste Rosa,
    ich beneide dich nicht wirklich - aber irgendwie doch!!!
Ich bin total genervt und zeitweise völlig überfordert und dann will ich
Geschäftsführerin werden?!? Ich bin mir echt nicht sicher. Vielleicht sollte
ich doch lieber einen gemütlichen 20 Stunden Job machen und erst einmal mein
Leben auf die Reihe bekommen.
    Ansonsten hoffe ich auf eine schnelle Scheidung, auf einen
erfolgreichen Workshop am Dienstag und Mittwoch in der Firma und danach vier –
in Worten VIER freie Tage mit Michael – ohne Kinder.
    Bis bald mal, meine Liebe, ich drück dich
    Ina
    An diesem Abend kann ich nicht einschlafen. Ich liege in
meinem Bett und zappe durch alle Kanäle. Es kommt mal wieder nur Schrott in der
Kiste. Was nützen die ganzen Flachbildschirme und HDTV, wenn eh nur Mist
ausgestrahlt wird? Irgendwann hab ich 3Sat erreicht. Das ist ein Sender der bei
mir eine dreistellige Nummer hat und den ich so gut wie nie erreiche. Dort
bleibe ich hängen, denn gerade berichtet Paolo Coelho über den spanischen
Jakobsweg.
    Natürlich habe ich sein Buch über den Jakobsweg gelesen, wie
ich alle seine Bücher gelesen habe, ich verehre diesen Mann und natürlich kenne
ich das Hörbuch von Hape Kerkeling als er mal eben „weg“ war. Schnabbel und
Bock sind der Renner meiner Kinder auf langen Autofahrten. Ina hat mir das
Hörbuch vor zwei Jahren zum Geburtstag geschenkt und selbstverständlich wollte
ich schon immer mal dahin… auf den Jakobsweg nach Spanien.
    Wenn man eh nicht schlafen kann, kann man genauso gut wieder
aufstehen und im Internet Bücher über das Pilgern auf dem Jakobsweg bestellen.
Ich entscheide mich für zwei kleine Taschenbücher, trinke dazu ein Glas Rotwein
und schlafe endlich ein.

Tag: minus Fünf
    Noch nie habe ich Bücher so sehnsüchtig erwartet wie diese
Beiden.

Tag: minus Vier
    Gerade sind die Bücher angekommen und schon sind sie ausgepackt
und gelesen. Mal alles was wichtig ist. Santiago de Compostela hat einen
Flughafen und der wird von Ryanair angeflogen? Sehr interessant! Das gab es zu
Hapes Zeiten noch nicht, denke ich und stürze mich ins Netz. Tatsächlich! Ab
Frankfurt Hahn kann ich für 120 Lappen nach Santiago und wieder zurück bei
bevorzugtem Einsteigen. Es sind nur noch 3 Plätze frei und jetzt muss ich
schneller nachdenken. Ein ganz großes Problem gibt es nämlich schon noch: Bei
meiner ganzen perfekten Organisation mit dem ganzen Drumherum sollte mein
Geliebter damit einverstanden sein, dass ich zwei Wochen ohne ihn und ohne
überhaupt jemanden, mal eben weg bin.
    Vorsichtshalber sollte ich buchen. Wenn es nichts wird, ist
nicht viel hin. Viel ärgerlicher wäre es, wenn ich nicht buchen würde, mein
Geliebter nichts dagegen hätte, aber keine Flüge mehr frei sind. Ich habe ja
nur zwei Wochen Zeit.
    Ich buche. Und hier ist das vorläufige Ende der Geschichte
erreicht. Weil es nur noch wenige Tage bis zum Abflug sind, kann ich nicht per
Bankeinzug bezahlen, sondern nur per Kreditkarte und meine Amex wollen sie
nicht. Ich rufe umgehend bei meiner Bank an und möchte bitte s o f o r t eine
visa-card. „tut mir Leid, so schnell geht das nicht… blabla… Formulare und
Unterschriften… blablubb...“, man kennt das ja. Für jeden Furz und Feuerstein
Gebühren abbuchen sind die sauschnell, aber mal eben für eine Stammkundin eine
Kreditkartennummer rausrücken, das geht selbst mit schnellem Skype, Fax und
Internet nicht… und „tut uns schrecklich Leid…“
    Wenn die soviel Energie in Lösungen investieren würden, wie
in ihre formvollendeten Entschuldigungen, hätte unser Bundesfinanzhaushalt
vielleicht auch weniger Probleme.
    Ich brauche ‘ne Kreditkartennummer von Visa. Auf keinen Fall
kann ich meinen Geliebten anrufen und ihn darum bitten. Den muss ich erst
einmal vorsichtig auf meine Idee vorbereiten und das mach ich am Besten Morgen,
wenn wir uns sehen.
    Während ich den Jakobsweg innerlich loslasse und mich mit
meinen verregneten B-Plänen anfreunde, geh ich mit dem Hund spazieren.
    In meiner Hosentasche
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