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Schürzenjäger

Schürzenjäger

Titel: Schürzenjäger
Autoren: Alison Kent
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keinen Unterschied gemacht, Geld zu haben. Immer wieder neu anfangen zu müssen war eine emotionale Last, keine finanzielle. Andererseits hatten die permanenten Umzüge bewirkt, dass sie sich perfekt darauf verstand, sich anzupassen.
    Sie hatte Cowboystiefel und Jeans gegen weit ausgestellte Röcke und flache Ballerinas eingetauscht, wilde Locken gegen einen Pagenkopf, später den Gothic-Look gegen Sweaters und Poloshirts, je nachdem, was dort, wohin sie kam, angesagt war.
    Aus der Suche nach dem richtigen Image hatte sie einen Beruf gemacht. Der Nachteil war, dass sie niemals Zeit gehabt hatte, sich selbst zu finden. Selbst jetzt kleidete sie sich den Erwartungen ihrer Kunden gemäß, statt mit ihrem Outfit schlicht ihrer Persönlichkeit Ausdruck zu verleihen.
    Sie fuhr ihren Camry in die Garage und fragte sich, ob Randy schon zu Hause war. Sie hatte ihr Büro früher als gewöhnlich verlassen, da sie gleich am nächsten Morgen ihr erstes Meeting mit den Partnern der Flatbacker-Foundation hatte und ihren Schlaf brauchte.
    Auf dem Weg durch ihr Wohnzimmer kickte sie ihre Schuhe fort, zog ihre Strumpfhose aus und warf Handtasche und Aktenkoffer aufs Sofa. Dann lachte sie. Diese Gewohnheit beschrieb ziemlich gut, wer sie wirklich war.
    Sie überlegte, wie glaubwürdig ihre Imageberatung wohl noch wäre, wenn ihre Kunden wüssten, wie schlampig sie sein konnte. Dann ging sie die Treppe hinauf in ihr Schlafzimmer, von wo aus sie auf den Balkon hinaustrat, um sich den Weihnachtsbaum anzusehen. Sie erschrak, als sie Randy entdeckte, der sehr entspannt auf einem der schmiedeeisernen Stühle saß.
    Sobald sie sich wieder gefasst hatte, sagte sie: “Zwei Tage, und ich habe zwei wichtige Dinge über dich herausgefunden.”
    Er grinste. “Und die wären?”
    “Du beantwortest nicht gern Fragen.” Sie hob erst den einen, dann den anderen Finger. “Und du verstehst dich ein bisschen zu gut aufs Einbrechen.”
    “Ich kenne mich mit Zahlen besser aus als mit Worten.” Er machte eine Pause, ehe er hinzufügte: “Und noch besser mit dem Aufbrechen von Türschlössern.”
    Sie stellte sich in die gegenüberliegende Ecke des Balkons und lehnte sich mit dem Rücken an die Backsteinmauer, sodass sie Randy zu ihrer Rechten und den Innenhof zu ihrer Linken sehen konnte.
    Der eine Ausblick beruhigte sie, der andere machte diese beruhigende Wirkung wieder zunichte. Mit einem unsicheren Lächeln sagte sie: “Ein Mann mit nützlichen Fähigkeiten.”
    Er lachte. “Ich gestehe, dass ich Wirtschaftsprüfer bin. Ich bin mir nicht sicher, ob ich mit meiner Vergangenheit als jugendlicher Straftäter das Vertrauen meiner Arbeitgeber gewinnen würde.”
    Als Imageberaterin ohne eigenes Image konnte sie das nachvollziehen. Sie schaute auf Randys miteinander verschränkte Finger, die auf seiner Taille lagen, und schluckte hart. “Geld macht dich also glücklich, weil du mit Zahlen umgehen kannst?”
    Er zuckte mit den Schultern. “Ein paar Jahre lang war ich Daytrader – Aktienspekulant. Ich habe aufgehört, bevor es ungesund wurde.”
    “Jemand machte dir ein Angebot, das du nicht ablehnen konntest?”
    “Mein Onkel.” Er veränderte seine Position und streckte seine Beine aus. “Er und seine Partner waren dabei, ihr Unternehmen sehr konservativ in den Bankrott zu treiben.”
    “Autsch”, sagte sie. Bei seinen Worten klingelte es leise. “Ich bin sicher, dein Glaube an den allmächtigen Dollar hat sich für sie am Ende bezahlt gemacht.”
    “Was ist mit dir?”, wollte er wissen und schien es sich noch bequemer zu machen.
    Sie dagegen versteifte sich immer mehr, als stünde ihr eine Wurzelbehandlung beim Zahnarzt bevor. “Was soll mit mir sein?”
    “Ein Leben in Armut oder das einer Geliebten?”
    Oh,
das.
Sie sah auf den Weihnachtsbaum, um sich zu sammeln, bevor sie sich wieder an Randy wandte. “Ich werde antworten, aber du sollst wissen, dass die Frage nicht fair ist.”
    Er hob eine Braue. “War 'fair' Bestandteil unserer Abmachung?”
    “Nein, aber Fragen wie diese erfordern eine ausführliche Antwort.”
    “Ich will nicht viele Worte von dir hören.”
    “Warum nicht?” Da er nicht antwortete, fuhr sie trotz ihrer Verärgerung fort: “Verrate mir wenigstens, warum du keine Erklärung willst.”
    “Weil ich keine brauche. Die Erklärung liegt schon in der Antwort.”
    “Unsinn”, widersprach sie. “Es ist komplizierter.”
    Er nickte, und sie vermochte nicht zu sagen, ob es verständnisvoll oder herablassend
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