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SchrottT (German Edition)

SchrottT (German Edition)

Titel: SchrottT (German Edition)
Autoren: Uwe Post
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Feuchtigkeit, Türen werden geöffnet und hinter ihm geschlossen. Als Colin in einem Raum mit gepolsterten Wänden auf eine eiskalte, stählerne Liege gehievt wird, hängt seine Unterhose an seinem rechten Fußknöchel.
    »Nee, also ich zieh ihm die nich wieder hoch, auch nich mit Handschuhen.«
    Herr Ralfs murmelt einen Dank, dann klingt es so, als würde er sich auf einen Drehstuhl setzen.
    Die Uniformierten schnallen Colin mit dünnen Stahlbändern auf der Liege fest.
    »Ich stelle für das Protokoll fest, dass sich der Informationsträger im Konferenzraum eingefunden hat«, sagt Ralfs außerhalb von Colins Blickfeld. Der kann derzeit nur die Zimmerdecke betrachten, deren langweilig weiße Farbgebung nur von metallischen Gittern unterbrochen wird.
    »Soweit ich sehe, ist der Informationsträger körperlich unversehrt.«
    Das stimmt im Großen und Ganzen, findet Colin, denn ihm fehlen weder Arme noch Beine. Er wagt dennoch Widerspruch. »Ich friere.«
    »Das liegt an der Kaltluft«, erklärt Herr Ralfs. »Wir wollen uns hier ja nicht zu wohl fühlen, nicht wahr?«
    »Spammen Sie nicht rum, fangen Sie lieber an. In einer halben Stunde ist Kaffeepause.« Einer der Uniformierten hat das gesagt, er steht neben Colins Kopf.
    »Das genügt für Schritt eins des Prozesses, nehme ich an«, sagt Ralfs. »Lassen Sie uns beginnen.«
    »Ich nehm auch einen Kaffee«, sagt Colin. Eine Faust donnert in sein Gesicht, stumpfer Schock, Geschmack von Blut.
    »Humor ist hier verboten, klärchen?«, fragt der Uniformierte.
    Colin fängt an, vor Kälte zu zittern – oder vor Schmerz, er weiß es nicht genau.
    Ralfs räuspert sich. »Start der Aufzeichnung. Leiter der Befragung ist Herr Albert Ralfs, identifiziert durch Sub-ID. Informationsträger der Befragung ist Herr Colin Weinland, Identifikation folgt. Ich beginne jetzt Prozessschritt eins, Formular eins Punkt eins, Frage eins. Herr Weinland, wie lautet Ihr Name?«
    »Free«, sagt Colins Stimme. »Colin Free.« Sofort donnert ihm die Faust ins Auge, Dunkelheit, Sterne, Feuchtigkeit. Blut tropft auf die stählerne Liege. Pling, pling.
    »Kein Humor, check? Sprech ich Haussa?«
    »Herr, äh …« Ralfs verharrt. »Ich glaube, dass Herr Weinlands Künstlername tatsächlich im System hinterlegt ist.«
    »Ja dann: Sorry.«
    In Colins Mundhöhle hat sich Blut gesammelt, er schiebt es mit der Zunge hinaus. Es fließt den Mundwinkel hinunter bis in den Nacken, bevor es auf die Liege tropft.
    »Gut, weiter. Prozessschritt eins, Formular eins Punkt eins, Frage zwei. Herr Weinland, wann wurden Sie geboren?«
    »Sorry, Herr Ralfs«, unterbricht der Uniformierte. »Ich weiß, Sie machen das noch nicht lange, okay? Wenn Sie möchten, gebe ich Ihnen aus meiner langjährigen Joberfahrung mal so ein paar Tipps, okay?«
    »Wenn Sie es für angemessen halten …«
    »Na, Sie müssen nicht bei jeder Frage die komplette Systemnummer aufsagen. Der Computer kann das auch so zuordnen, und hinterher freuen Sie sich über die gesparte Zeit, kann ich Ihnen garantieren. Der Info hält ja nicht ewig durch, okay?«
    »Der … Info?«
    Der Uniformierte seufzt. »Informationsträger.«
    »Ach so, natürlich. Gut, wie Sie meinen. Also, noch mal, Herr Weinland …«
    »Sie dürfen eine Frage nicht wiederholen«, sagt der Uniformierte. »Sorry, wenn ich nerve.«
    »Nein, keineswegs. Ich lerne gerne.«
    Colin will noch mal nach etwas zu trinken fragen, aber er traut sich nicht, außerdem zittert er zu sehr, seine Zähne klappern, sein Auge pocht, seine Unterlippe ist angeschwollen. Er will sich etwas anders hinlegen, weil eines der Stahlbänder in seinen Oberschenkel schneidet und sein linkes Bein schon kribbelt.
    »Ja also, dann erklär ich noch mal, der Prozess ist so definiert: Sie stellen eine Frage, okay?«
    »Selbstverständlich, und weiter?«
    »Dann kommt so ein … Verzweigungspunkt. Sie kennen doch das Flussdiagramm?«
    »Auswendig.«
    »Wenn der Info, also der Informationsträger, antwortet, geht’s weiter zum nächsten Schritt. Wenn nicht, erfolgt eine Sofortmaßnahme, dann wird die Frage erneut gestellt. Okay so weit?«
    Colin überlegt, ob er die Antwort einfach in den Raum brüllen soll.
    Aber er hat Angst vor der Faust, und sein Bein kribbelt unerträglich, weil die Durchblutung abgeschnitten ist.
    »Sicher«, antwortet Ralfs ruhig.
    »Sie können die Frage also nicht noch mal stellen, ohne dass vorher eine Sofortmaßnahme durchgeführt wurde.« Der Uniformierte klingt, als wäre er am liebsten
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