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Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern

Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern

Titel: Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern
Autoren: Hagen Seidel
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will Zalando zudem stärker als Modeevent im Netz
und weniger als schlichten Onlinehändler positionieren, was weiteres Wachstum
in höhere Renditeregionen schaffen könnte. Einen ähnlichen Effekt könnte die
stärkere Hinwendung zu männlichen Kunden haben: Denn die Jungs produzieren
weniger Retouren und damit Kosten als die Mädels. Die verstärkte Einrichtung
von Marktplätzen dürfte ebenfalls zu einem besseren Ergebnis beitragen: Dabei
können andere Anbieter Warengruppen, bei denen Zalando bisher nicht besser als
durchschnittlich ist, über die Zalando-Seite präsentieren. Den Umsatz erzielt
das Fremdunternehmen, Zalando kassiert für jede Bestellung eine Provision und
vervollständigt nach außen ohne große Kosten sein Sortiment. Amazon, ebay und
andere machen es nicht anders.
    Eine andere Geldquelle allerdings hat sich Zalando selber
verschlossen: die Beteiligung der Kundschaft an den Retouren- und
Versandkosten. Vom ersten Tag an hatten Gentz und Schneider festgelegt, dass es
so etwas bei Zalando nicht geben solle, um sich positiv von den Konkurrenten
abzuheben. Das hat ja auch gut funktioniert, wenn man die Zahl der Bestellungen
als Grundlage nimmt. Aber das Unternehmen verzichtet damit auf Einnahmen, die
nach Ansicht von Praktikern genau den Unterschied zwischen roten und schwarzen
Zahlen im Onlinegeschäft ausmachen können. Doch das Unternehmen kann nicht mehr
zurück: »Wenn Zalando eine Versandkostenpauschale einführen würde, wären sie
teurer als der stationäre Handel. Und dann würde die Zahl der Zalando-Kunden
von einem Tag auf den anderen deutlich zurückgehen. So sexy das Geschäftsmodell
jetzt auch wirken mag, so schnell wäre es dann vorbei mit ihm. Die Kunden kämen
wieder in die Läden, wo sie auch Beratung erhalten«, ist sich Christian Händle
sicher, der mit seiner Hamm-RenoGroup solch klassische Läden betreibt.
    Der Mann hat seine Erfahrungen gemacht: Reno war Mitte der
Achtzigerjahre des zwanzigsten Jahrhunderts im Versandhandel mit Schuhen gut
vertreten. Zwischen 350 und 400 Millionen DM lag der Umsatz, sagt Händle. »Aber
wir hatten wahnsinnig hohe Retouren und fuhren ab Mitte der neunziger Jahre
Verluste ein, so dass der Versandhandel mit Schuhen nach 1997 eingestellt
wurde.«
    Und noch etwas könnte das weitere Wachstum bedrohen: Der
jugendliche Problemlösungs-Optimismus, der das Unternehmen groß gemacht hat,
droht selber zum Problem zu werden: »Es besteht die Gefahr, dass Zalando zu
viel gleichzeitig anpackt«, sagt Berater Hafner. »Ich frage mich, ob sieben
neue Länder, Emeza und Eigenmarken nicht zu viel sind. Dann besteht die Gefahr,
dass sie sich überfordern. Es würde mich wundern, wenn Zalando für all diese
Projekte ausreichend Managementkapazitäten hätte. Auch Zalando braucht für all
das einen soliden Unterbau. Auf einer Woge der Euphorie zu reiten, ist auf
mittlere Sicht zu wenig.«
    Die Managementkapazitäten sind angesichts der Vielzahl von
Entscheidungen tatsächlich sehr knapp. Das ist ein Risiko, insbesondere für den
Fall, dass Unvorhergesehenes passiert. Und man sieht an Beispielen wie den
Anlaufschwierigkeiten im Lager Erfurt und der damit verbundenen zeitweiligen
Lieferverzögerungen, dass auch der Zalando-Spirit keine Berge versetzt. Vor
allem nicht mehrere gleichzeitig.
    Unter dem Strich jedoch dürfte es nur eine Frage der Zeit sein,
wann Zalando in seinen Kernmärkten Deutschland, Österreich, Schweiz und dann
auch mit dem gesamten Unternehmen in die schwarzen Zahlen kommt. Viel
spannender wird allerdings die Frage, welche Gewinnmargen das Unternehmen
erzielen kann und ob die ausreichen, um weiterhin dauerhaft für genügend
Investoren attraktiv zu sein. Für Investor Haub ist die Sache klar: »Dass man
Online kein Geld verdienen kann, stimmt nicht. Auch dass man mit Zalando nur
fünf Prozent Rendite erzielen kann, ist überhaupt nicht ausgemacht. Warum kann
es nicht mehr sein?« Auch der Optimismus von Ritter ist nach oben hin offen:
»Wir können allen Zweiflern beweisen, dass es doch geht. Und dass Zalando ein
Unternehmen ist, auf das man stolz sein kann. Wir sind sicher, dass die Ergebnisse
der kommenden Jahre für sich sprechen werden. Zalando ist wahrscheinlich die
erste Idee in Deutschland, mit der man zeigen kann, dass wir auch hier eine
internationale Erfolgsstory erreichen können. In den USA ist man da schon viel
weiter. »Langfristig« und »nachhaltig« sei die Entwicklung von Zalando
angelegt, sagen die Gründer gerne gegen die
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