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Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern

Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern

Titel: Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern
Autoren: Hagen Seidel
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immerhin Investor Haub kalt, jedenfalls nach außen: »In der
Internet-Community bringt es Ruhm und Ehre, eine ganz neue Erfindung zu
bringen. Etwas, das es noch nie zuvor gegeben hat. Das ist Zalando zweifellos
nicht, da gab es andere zuvor. Aber die Verbesserung einer Geschäftsidee, die
Skalierung eines Konzeptes auf dieser Basis zählt bei manchen in der
Start-up-Szene noch immer nicht viel. Doch genau das – dieser entschlossene
Ausrollen – ist die große Leistung von Zalando.«
    Und da kommt noch einiges, kündigt Gründer Schneider an: »Was
Zalando bis 2013 gemacht hat, war erst der Anfang. Wenn man das Potenzial
sieht, dass sich bei Schuhen und Mode in unseren Kernmärkten noch bietet,
welche Chancen in neuen Märkten und unseren eigenen Marken noch schlummern,
weiß man, wo es hingehen wird«. Umsatz- oder Gewinnziele allerdings nennt er
nach Art des Hauses auch jetzt nicht.
    »Die Zahlen der vergangenen drei Jahre beweisen, dass wir mit
steigendem Umsatz unsere Produktivität steigern konnten und nicht umgekehrt«,
sagt Finanzchef Jan Kemper, einst Investmentbanker bei Morgan Stanley. »Es ist
immer noch ein Minus, aber die Tendenz ist eindeutig. Das dauert halt, da sind
wir ganz locker, das macht uns nicht nervös.«
    Und dann erklärt Rubin Ritter, mit welchen Stellhebeln er aus
Zalando in den kommenden Jahren einen Goldesel machen will:
    Stellhebel Logistik: »Da mussten wir am Anfang dem
Dienstleister pro Paket einen Betrag zahlen. Diese Kosten wären proportional
zum Umsatz gestiegen. Deshalb haben wir uns sehr bald dazu entschlossen, die
Logistik selbst zu machen. Und da gibt es die festen Paket-Preise nicht mehr,
da können wir von Effizienzverbesserungen sofort profitieren.« Heißt:
Steigender Umsatz bedeutet überproportional bessere Ergebnisse.
    Stellhebel Marketingkosten: »Am Anfang mussten wir praktisch
neue Kunden ›kaufen‹ – durch Werbung, Gutscheinaktionen und so weiter auf uns
aufmerksam machen. Inzwischen haben wir einen so großen Anteil an
Wiederbestellern, dass die Marketingkosten deutlich sinken könnten. Wir haben
in Deutschland, Österreich und der Schweiz (»DACH«) bereits deutlich mehr
Stammkunden als Neukunden. Das ist eine Erklärung dafür, dass wir dort in
dreistelligen Millionenbeträgen gewachsen sind und den Umsatz verdoppelt haben
und gleichzeitig unsere Ergebnisse so weit verbessert haben, dass wir erstmals
schwarze Zahlen in DACH geschrieben haben. Und das trotz der Investitionen.«
Heißt: immer mehr Bestandskunden machen immer weniger Marketing- und
Werbe-Aufwendungen erforderlich.
    Stellhebel sonstige Fixkosten: Etwa für das Personal im Lager.
»Die müssen wir erst mal aufbauen und vorhalten. Zum Beispiel die IT und deren
Kosten wachsen längst nicht proportional mit dem Umsatz mit, wenn wir etwa in
neue Länder gehen. Das muss man bei einer Umsatzverdoppelung zwar aufstocken,
muss aber nicht annähernd verdoppeln.« Heißt: Je größer das Geschäft wird,
desto günstiger wird für Zalando jede einzelne Bestellung. Wenn Zalando es
zudem noch schafft, die Retourenquote zu senken, wirkt sich auch das positiv
auf das Ergebnis aus.
    Der heimliche Stellhebel: Ein Werkzeug erwähnt Ritter
selbstverständlich nicht, das mit wachsender Marktmacht Zalandos immer
wirkungsvoller wird: Zalando könnte seine Rendite verbessern, indem es die in
der Branche üblichen Folterinstrumente auspackt. Dabei verlangt der Händler von
seinen Lieferanten ziemlich freundlich, aber bestimmt günstigere
Einkaufskonditionen, also Rabatte. Und welche Marke, die hohe – gar
zweistellige – Prozentanteile ihres Umsatzes über Zalando erzielt, könnte sich
einer solchen »Bitte« gegenüber unbeeindruckt zeigen? Die Waffen sind bei
diesem Kampf ungleich verteilt: Zalando würde es im Zweifelsfall nicht allzu
wehtun, eine oder zwei bei den Preisverhandlungen allzu störrische Marken
einfach von der Seite zu werfen und nicht mehr anzubieten. Der Hersteller
allerdings, dem dadurch praktisch über Nacht einer seiner größten Kunden
abhandenkommen würde, hätte ein richtiges Problem. Unzählige Male ist dieses
Spielchen in der Konsumbranche schon durchexerziert worden – meistens hat am
Ende der Händler bekommen, was er wollte. Nämlich günstigere Einkaufspreise,
die sich positiv auf das Ergebnis niederschlagen würden. Es wäre erstaunlich,
wenn Zalando auf Dauer auf diese nicht sehr elegante, aber wirkungsvolle
Methode zur Verbesserung der Rendite verzichten würde.
    Das Management
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