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Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern

Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern

Titel: Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern
Autoren: Hagen Seidel
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senken würden, wären wir sofort in den
schwarzen Zahlen. Aber das machen wir zu diesem Zeitpunkt nicht, das
widerspräche unserem Ziel des nachhaltigen Wachstums in allen unseren Märkten
und Produktkategorien«, erklärt Gentz. Dass Zalando immer besser werde, zeige
ja eindeutig die Entwicklung der – unverändert negativen – Rendite. 2012 lag
der Ebit-Marge (Gewinn vor Steuern und Zinsen) bei minus sieben Prozent, nach
minus zwölf Prozent im Vorjahr. 2010 hatte die negative Ebit-Marge noch bei
rund 15 Prozent gelegen. Der Trend nach oben ist also eindeutig.
    Nur ist von außen nun mal nicht zu erkennen, ob – theoretisch
oder pro forma – die Gewinnmarge in positive und für Investoren attraktive
Regionen steigen würde, wenn Zalando seine Investitionen zurückfahren würde.
Genau das würde nämlich passieren, behaupten die Zalando-Geschäftsführer. Aber
weniger Ausgaben für das Marketing, die Logistik oder die Eigenmarken in 2013
oder 2014 würde, so die Argumentation, die mittelfristigen Wachstumschancen
begrenzen. Und tatsächlich macht es das Urmeter des Onlinehandels, Amazon, in
dieser Hinsicht kaum anders: Der US-Konzern ist zwar profitabel, begnügt sich
aber mit winzigen Gewinnmargen, um weiter vor allem in die Logistik zu
investieren und damit seine Claims auf den attraktiven Zukunftsmärkten der Welt
abstecken zu können.
    Nur: Man muss daran glauben, dass diese mittel- bis
langfristige Rechnung aufgeht und sich die Investitionen in absehbarer Zeit
tatsächlich rechnen. Europäer, insbesondere viele Deutsche, haben ein Problem
mit diesem eher amerikanischen Ansatz, zunächst einmal, sozusagen auf Pump, mit
Vollgas gleich in mehreren Märkten gleichzeitig zu expandieren, um Positionen
in einer sehr frühen Phase der Marktentwicklung zu besetzen und Konkurrenten
klein zu halten. Die Gewinne kommen nach dieser Denkweise dann nach ein paar
Jahren schon automatisch.
    Insbesondere deutsche Unternehmer oder Investoren dagegen
bevorzugen traditionell die Strategie, vorsichtig einen Markt nach dem anderen
für sich zu entwickeln und erst dann in das nächste Land weiterexpandieren,
wenn sich die »älteren« neuen Märkte zumindest der Gewinnschwelle deutlich
nähern. So macht es üblicherweise seit über 140 Jahren auch die Familie Haub,
Eigentümerin der Tengelmann-Gruppe und früher Zalando-Investor – zumeist mit
Erfolg. Diese konservative Vorgehensweise war über Jahrzehnte zumeist die
richtige Kombination aus Risiko und Vorsicht. Doch ist diese Strategie dem
enormen Wachstumstempo und den relativ geringen Marktzugangskriterien der
Onlinewirtschaft nicht gewachsen: Ein Onlineshop lässt sich halt viel schneller
und mit deutlich weniger Finanzaufwand aufbauen als eine traditionelle
Ladenkette mit vielen teuer zu mietenden Geschäften. Die Konkurrenz ist Online
somit potenziell deutlich größer als in der herkömmlichen Ladenwelt. Folglich
liegt im Tempo bei der Besetzung neuer Märkte ein Erfolgskriterium für die
Onlinehändler: Wer schon da ist und seine Marke bei der Kundschaft bekannt
gemacht hat, kann sich – wenn er seine Arbeit gut macht – einigermaßen sicher
vor neuer Konkurrenz sein, kann seinen Vorsprung verteidigen und ausbauen und
als klare Nummer eins dann irgendwann richtig viel Geld zu verdienen. Nach dem
bereits erläuterten Motto »The winner takes it all«. Oder: Wer zu spät kommt,
den bestraft der Markt.
    Allerdings haben sich die Zeiten für die
Unternehmens-Finanzierung verändert: Erst das Auftreten der Risikokapitalgeber
macht es den Markteroberern heutiger Zeiten überhaupt möglich, mehrere Schritte
auf einmal zu machen. Jedenfalls dann, wenn sie wie Zalando entsprechende
Finanziers finden. Frühere Gründer-Generationen dagegen mussten erst in ihren
bestehenden Märkten so viel Geld verdienen, dass sie sich den Schritt in ein
neues Land leisten konnten. So dauerte es bei ihnen Jahrzehnte, was die Web
2.0-Händler wie Zalando in wenigen Jahren schaffen
    Deshalb auch erscheinen den Älteren die Jüngeren mit ihren
extrem ehrgeizigen Vorstellungen vom richtigen Wachstumstempo auch bisweilen
wie Größenwahnsinnige – und entsprechend fallen auch die Einschätzungen der
Alteingesessenen zu den Gewinnchancen der halbwüchsigen Umsatzriesen aus.
    Die Alten aber haben zunächst einmal die Fakten auf ihrer
Seite: Umsatz ist nicht Gewinn und noch hat Zalando keinen Cent verdient. Dass
ihnen das immer wieder vorgehalten wird, ärgert Gentz, Schneider und Rubin
Ritter. »Es
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