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Schrei in der Nacht

Titel: Schrei in der Nacht
Autoren: Mary Higgins Clark
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Ich möchte Ihnen sagen, daß Sie keinen neuen Platz für die Kinder suchen müssen. Ich denke, wir müssen uns nur ein bißchen besser kennenlernen und ihnen die Chance geben, sich einzugewöhnen. Stimmt’s Mädels?«
    Er rief sie in der Galerie an. »Ich bin eben in Minneapolis gelandet. Ist der Wagen gekommen?«
    »Erich, es war unfaßbar. Was für einen Unterschied es macht, nicht mit den beiden hetzen zu müssen! Und was haben Sie bloß zu Mrs. Curtis gesagt? Sie war zuckersüß, wie umgewandelt.«
    »Kann ich mir vorstellen. Übrigens, wo möchten Sie Freitagabend essen?«
    »Oh, das spielt keine Rolle.«
    »Suchen Sie ein Restaurant aus, wo Sie schon immer mal hingehen wollten — eins, wo Sie noch nie waren.«
    »Erich, es gibt Tausende von Restaurants in New York. Ich mag vor allem die in der Second Avenue und in Greenwich Village.«
    »Sind Sie schon mal im Lutece gewesen?«
    »Großer Gott, nein.«
    »Sehr gut. Dann essen wir dort.«
    Jenny fühlte sich den ganzen Tag über wie benommen.
    Hartleys wiederholte Bemerkungen über Erich halfen auch nicht gerade: »Liebe auf den ersten Blick, meine Beste. Den hat es wirklich erwischt.«
    Fran, die Stewardeß, die in Apartment 4 E wohnte, kam am Abend vorbei. Sie verzehrte sich vor Neugier.
    »Ich hab’ gestern abend diesen umwerfenden Typ im Eingang gesehen. Ich nahm an, er wollte zu dir. Und du bist Freitag mit ihm verabredet. Sagenhaft!«
    Sie bot Jenny an, auf die Mädchen aufzupassen. »Ich würde ihn wahnsinnig gern kennenlernen. Vielleicht hat er einen Bruder oder einen Cousin oder meinetwegen einen alten Kumpel vom College!«
    Jenny lachte. »Fran, er überlegt es sich wahrscheinlich noch mal und ruft dann an, ich soll’s vergessen.«
    »Nein, bestimmt nicht.« Fran schüttelte ihren üppig gelockten Kopf. »Ich hab’ da so ein Gefühl.«
    Die Woche zog sich endlos dahin. Mittwoch, Donnerstag. Und dann war es wie durch ein Wunder endlich Freitag.

    Erich holte sie um halb acht ab. Sie hatte sich für das langärmelige Kleid entschieden, das sie bei einem Schlußverkauf gekauft hatte. Das goldene Medaillon paßte gut zum ovalen Ausschnitt, und der Diamant in der Mitte hob sich blitzend von der schwarzen Seide ab. Sie hatte das Haar im Nacken zu einem losen Knoten geflochten.
    »Sie sehen wunderhübsch aus, Jenny.« Er wirkte sehr gepflegt im blauen Anzug mit dezenten Nadelstreifen, blauem Kaschmirmantel und weißem Seidenschal.
    Sie rief Fran an und bat sie herunterzukommen, und Fran bejahte so laut und begeistert, daß er es hörte und unwillkürlich lächelte.
    Tina und Beth waren schon ganz verliebt in die Puppen, die er ihnen mitgebracht hatte. Jenny betrachtete die hübsch gemalten kleinen Gesichter, die Schlafaugen, die winzigen Händchen, das lockige Haar und verglich sie mit den schäbigen Geschenken, die Kevin zu Weihnachten gekauft hatte.
    Sie bemerkte Erichs leichtes Stirnrunzeln, als sie ihm ihren vielgetragenen Steppmantel reichte, und wünschte, sie wäre doch auf Frans Angebot eingegangen, sich die Pelzjacke zu leihen.
    Erich hatte für den Abend eine Limousine mit Chauffeur genommen. Jenny lehnte sich behaglich zurück, und er griff nach ihrer Hand. »Sie haben mir gefehlt, Jenny. Es waren die längsten vier Tage meines Lebens.«
    »Sie haben mir auch gefehlt.« Es war die reine Wahrheit, aber sie wünschte, sie hätte es nicht ganz so nachdrücklich gesagt.
    In dem Restaurant blickte sie sich um und entdeckte ein paar prominente Gesichter an den anderen Tischen.

    »Warum lächeln Sie?« fragte Erich.
    »Kulturschock. Aufprall verschiedener Lebensstile.
    Unter den Menschen hier hat bestimmt noch niemand etwas von Mrs. Curtis’ Kindertagesstätte gehört.«
    »Hoffentlich.« Seine Augen blicken halb amüsiert, halb zärtlich.
    Der Kellner schenkte Champagner ein. »Sie haben das Medaillon neulich auch getragen, Jenny. Ist es ein Geschenk von Kevin?«
    »Nein. Es hat Nana gehört.«
    Er beugte sich über den Tisch, und seine schlanken, wie gemeißelten Finger legten sich um ihre. »Ich bin froh darüber. Sonst hätte es mich den ganzen Abend gestört.
    Jetzt kann ich es an Ihnen bewundern.«
    In ausgezeichnetem Französisch sprach er mit dem Oberkellner über die Karte. Sie fragte ihn, wo er die Sprache gelernt habe.
    »In Frankreich. Ich bin ziemlich viel gereist. Dann habe ich gemerkt, daß ich am glücklichsten war und mich am wenigsten einsam fühlte, wenn ich auf der Farm war und malte. Aber die letzten Tage waren ziemlich
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