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Schrei der Nachtigall

Schrei der Nachtigall

Titel: Schrei der Nachtigall
Autoren: Andreas Franz
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einen Corsa nur anzustoßen, schon fliegt er von der Straße. Und er hat gelacht und immer wieder nur gelacht und gemeint, jetzt wüsste ich’s, aber was könne ich schon damit anfangen, es gebe keine Beweise. Ich habe die perfekten Verbrechen begangen, hat er gesagt und wieder nur gelacht.« Sie schüttelte den Kopf und fuhr fort: »Ich konnte nicht mehr, das war alles zu viel für mich. Ich habe dieses Monster nicht mehr ertragen und habe dann einfach einen langen Holzstiel genommen und ihm damit so fest ich konnte auf den Kopf gehauen, als er mit dem Rücken zu mir stand. Das war ungefähr dasselbe, was er mit Inge und Johannes gemacht hat. Die haben ihn auch nicht von hinten kommen sehen … Aber glauben Sie mir, ich wollte ihn nicht töten, ich wollte ihm nur eine Lektion erteilen, doch er hat das Gleichgewicht verloren und ist runtergestürzt.Und wissen Sie was, ich habe nicht die geringste Trauer verspürt. Ich habe oben gestanden und ihn da unten liegen sehen und nur gedacht: Du bist selbst schuld … Und jetzt können Sie mich festnehmen und für den Rest meines Lebens einsperren.«
    »Niemand wird Sie für den Rest Ihres Lebens einsperren. Vermutlich werden Sie sogar mit einer Bewährungsstrafe davonkommen. Ich würde vor der Staatsanwältin und vor Gericht nur nicht unbedingt sagen, dass es Ihnen nicht leid tut. Ist dieser Stoßfänger noch hier auf dem Hof?«
    »Kommen Sie, ich bringe Sie hin.«
    Sie gingen über den Hof in einen Geräteraum, in dem auch diverse Ersatzteile für Maschinen lagerten.
    »Hier«, sagte sie und deutete auf das Teil, »da sind auch noch Lackreste von Johannes’Auto dran. Ob Sie etwas damit anfangen können, weiß ich nicht, aber …«
    »Natürlich können unsere Kriminaltechniker etwas damit anfangen. Bitte lassen Sie alles so, wie es jetzt ist, ich werde meine Kollegen verständigen, damit sie diesen Stoßfänger abholen und zur Untersuchung ins Labor bringen.« Brandt sah Liane Wrotzeck an und meinte: »Warum haben Sie nicht von Anfang an die Wahrheit gesagt? Es wäre doch ganz einfach gewesen.«
    Sie zuckte mit den Schultern und antwortete: »Der Arzt hat einen Unfalltod attestiert, Kurt wurde beerdigt, und damit war für mich das Kapitel Kurt Wrotzeck beendet. Dass Sie dann auftauchen würden, damit konnte ich nicht rechnen. Ich hatte Angst, Ihnen zu sagen, dass ich meinen Mann getötet habe, weil ich dachte, Sie würden mir sowieso nicht glauben.«
    »Weiß Ihr Sohn davon?«
    »Nein.«
    »Und Herr Caffarelli?«
    Ihr Blick drückte mehr aus, als tausend Worte es vermocht hätten. »Er ist neben Pfarrer Lehnert der einzige, mit dem ich darüber gesprochen habe. Er war in all den Jahren der einzige, mit dem ich reden konnte.«
    »Verstehe. Würden Sie mir einen Gefallen tun?«
    »Ja.«
    »Rufen Sie Herrn Köhler an und bitten Sie ihn, herzukommen. Sagen Sie ihm, es sei sehr dringend und Sie würden seine Hilfe und seinen Rat brauchen.«
    »Warum machen Sie das nicht selbst?«
    »Weil er mich gestern rausgeschmissen hat. Er hat Ihrem Mann alles zugetraut, aber nicht, dass er der Mörder seiner Familie ist. Und ich habe wohl auch ein wenig zu tief in alten Wunden gerührt.«
    »Hatten Sie gestern schon die Vermutung, dass mein Mann diese Unfälle herbeigeführt hat?«
    »Hatte ich, nur hatte ich keine Beweise. Rufen Sie ihn an, Sie kommen doch gut mit ihm zurecht, wenn ich Sie letztens richtig verstanden habe.«
    »Gehen wir wieder ins Haus«, sagte Liane Wrotzeck. Sie griff zum Telefon und wählte Köhlers Nummer. Er versprach, in fünf Minuten bei ihr zu sein.
    Während sie warteten, sagte Liane: »Was geschieht jetzt mit mir?«
    »Wir fahren ins Präsidium, wo ich Ihre Aussage zu Protokoll nehme. Alles Weitere entscheiden die Staatsanwältin und der Richter. Aber ich denke, Sie werden wiedernach Hause dürfen, schließlich haben Sie sich um Ihre Tochter zu kümmern.«
    »Meinen Sie wirklich, dass man mich so einfach wird laufen lassen?«
    »Ich bin seit sechsundzwanzig Jahren bei der Polizei, vertrauen Sie mir einfach. Es war ein Unfall, nichts als ein tragischer Unfall. Sie hatten doch nicht vor, ihn umzubringen, das haben Sie selbst gesagt. Und wenn das Gericht die Vorgeschichte hört … Ich kenne jedenfalls keinen Richter, der kein Verständnis für Ihr Verhalten aufbringen würde.«
    »Ich hatte wirklich nicht vor, ihn umzubringen. Er hat wohl auch nur das Gleichgewicht verloren, weil er wieder mal zu viel getrunken hatte. Unter andern Umständen hätte er sich
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