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Schrei der Nachtigall

Schrei der Nachtigall

Titel: Schrei der Nachtigall
Autoren: Andreas Franz
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Polizei, und wenn die Polizei kommt, gibt es immer einen Grund«, sagte er lächelnd.
    »Sie möchten wissen, ob ich mich an den Abend erinnere, als der Unfall passiert ist.« Allegra schloss für einen Moment die Augen, bevor sie sie wieder öffnete und Brandt ansah.
    »Ja, das würde ich gerne wissen.«
    »Johannes und ich waren bei Freunden und sind dann nach Hause gefahren. Wir haben eine CD gehört, und dann hat es einen Schlag gegeben, und dann war alles nur noch dunkel.«
    »Was für einen Schlag?«
    »Ich weiß es nicht, ein Schlag eben. Johannes konnte überhaupt nichts mehr machen.«
    »Ein Schlag von vorn, von der Seite oder von hinten? Wissen Sie das vielleicht?«
    »Nein, daran kann ich mich nicht erinnern.«
    »Das reicht schon. Kann ich irgendetwas für Sie tun?«
    Sie war erschöpft und lächelte doch beinahe verklärt. »Nein, danke. Haben Sie Kinder?«
    »Zwei Töchter, etwas jünger als Sie.«
    »Sie sind bestimmt ein guter Vater.«
    »Das habe ich auch mal gedacht, bis gestern die ersten Zweifel in mir hochkamen. Doch das erzähle ich Ihnen ein andermal. Wir sehen uns nämlich heute bestimmt nicht zum letzten Mal. Ich will Sie jetzt aber nicht länger stören, ich möchte mich noch ein bisschen mit Ihrer Mutter unterhalten. Machen Sie’s gut, und erholen Sie sich. Es gibt eine Menge Leute, die darauf warten, Sie wieder singen zu hören.«
    »Sie stören mich nicht. Und woher wissen Sie, wie gut ich singen kann?«
    »Herr Caffarelli hat es mir gesagt. Und ich verspreche Ihnen, bei Ihrem nächsten Konzert werde ich da sein.«
    »Das würde mich freuen. Ich hoffe, ich kann noch singen. Und wenn nicht, dann ist es auch nicht schlimm. Ich weiß jetzt, wie wertvoll das Leben ist.«
    »Das ist es. Bis bald.«
    Allegra schenkte ihm zum Abschied ein weiteres zauberhaftes Lächeln, und Brandt wusste spätestens jetzt, warum alle von dieser jungen Frau so schwärmten. Sie war etwas Besonderes und würde es immer sein. Kein Wunder, bei dem Vater, dachte er, als er wieder auf den Flur ging, wo Matteo Caffarelli und Liane Wrotzeck warteten.
    »Frau Wrotzeck, ich würde gerne mit Ihnen sprechen. Allein. Am liebsten wäre es mir, wenn wir das bei Ihnen zu Hause tun könnten. Wann würde es Ihnen heute passen?«
    Sie sah Caffarelli an, der nur vielsagend nickte.
    »Ich verabschiede mich nur schnell von Allegra, ich bin schon seit sieben hier. Ich kann ja nachher noch mal herfahren.«
    »Was war das eben für ein Zeichen, das Sie Frau Wrotzeck gegeben haben?«
    »Nichts weiter. Ist es nicht schön, welche Fortschritte Allegra macht? Sie wird schon bald wieder die Alte sein. Ich freue mich so sehr für sie, auch wenn ich traurig bin, dass Johannes das nicht miterleben kann. Allegra, einen passenderen Namen hätte man für sie nicht aussuchen können. Er bedeutet so viel wie lebhaft, heiter, fröhlich. Genau das ist sie. Über vier Monate hat sie nicht gesungen, sondern nur stumm geschrien, unsere kleine Nachtigall. Aber bald wird sie wieder singen. Und glauben Sie mir, es war Ihr erster Besuch, der sie zurückgeholt hat aus ihrer Traumwelt.«
    »Herr Caffarelli, was oder wer immer es war, wichtig ist doch, dass sie wieder da ist. Haben Sie mit Ihrem Sohn gesprochen?«, fragte Brandt.
    »Er ist traurig und enttäuscht. Aber das wird sich legen, dazu kenne ich Luca zu gut. Er ist nicht nachtragend.«
    Liane Wrotzeck kam heraus, sagte tschüs zu Caffarelli und fuhr mit Brandt nach unten. Nur zehn Minuten später kamen sie auf dem Hof an.

Sonntag, 14.25 Uhr
    Sie wissen also Bescheid«, sagte sie, kaum dass sie im Haus waren. »Und was bringt Ihnen das jetzt?«
    »Ganz ehrlich? Es ist mir egal, was in der Vergangenheit war. Aber ich habe eine Vermutung, was den Tod Ihres Mannes angeht, denn allmählich wird das Bild vollständig. Wollen wir uns nicht setzen?«
    »Bitte schön«, sagte sie und nahm Brandt gegenüber Platz. »Und wie sieht dieses Bild aus?«
    »Nicht sehr schön, und ich denke, Sie kennen dieses Bild ebenfalls. Hab ich recht?«
    »Möglich.«
    »Ich werde Ihnen sagen, was passiert ist. Korrigieren Sie mich, wenn ich etwas Falsches sage. Ihr Mann hat sowohl Inge Köhler als auch Johannes und beinahe sogar Allegra auf dem Gewissen. Ich habe Informationen, dass er genau an den Freitagen, an denen die Unfälle geschahen, gar nicht oder nur kurz mit Dr. Müller in einem dieser Clubs war. Sein Hass begann, als Herr Köhler ihm seine große Liebe ausspannte. Die neun Meter waren nur ein Vorwand, um es Köhler
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