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Schrei der Nachtigall

Schrei der Nachtigall

Titel: Schrei der Nachtigall
Autoren: Andreas Franz
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nicht dorthin zu fahren, wenn ich dir alles sage?«
    »Versprochen.«
    »Ich hab zwei Cola-Rum getrunken und einen Joint geraucht, weil Celeste das auch gemacht hat. Und dann ist mir so schwindlig geworden, und mir war auch so schlecht. Und da kam dann dieser Typ, den ich gar nicht kenne, und hat …« Sie presste die Lippen aufeinander und konnte vor Schluchzen nicht mehr weitersprechen.
    »Er ist ihr an die Wäsche gegangen«, sagte Andrea. »Aber Sarah konnte sich losreißen und ist aus dem Haus geflüchtet. Zwei von den Jungs und diese Celeste sind ihr jedoch nachgelaufen und haben sie wieder zurückgeholt. Aber davor konnte sie mich noch schnell anrufen. Sie hat panische Angst gehabt, und ich muss ganz ehrlich sagen, ich kann das sehr gut verstehen, ich hatte nämlich selber ein ziemlich mulmiges Gefühl. Erst als ich denen klargemacht hatte, dass du bei der Polizei bist, haben sie uns in Ruhe gelassen.«
    »Und wo?«
    »Heusenstamm, beste Wohngegend. Sarah kannte sich dort ja nicht aus, deswegen haben die sie so schnell eingeholt.«
    »Ich werde mir die Eltern des Bürschchens vorknöpfen und ihnen klarmachen, was dort in deren Abwesenheit so alles getrieben wird. Und du«, sagte er zu Sarah, »du lügst mich in Zukunft bitte nicht mehr an. Ich mach mir große Sorgen, denn ich habe schon zu viele Jugendliche auf diese Weise versacken sehen. Das hast du doch nicht nötig, es gibt doch bestimmt auch andere, mit denen du Partys feiern kannst, ohne dass du in Gefahr bist. Stell dir nur vor, du hättest nicht die Gelegenheit gehabt, Andrea anzurufen, was dann passiert wäre.«
    »Ist gut, sie weiß es schon. Und sie wird so was auch nicht mehr machen, das hat sie mir versprochen«, meinte Andrea.
    »Hoffentlich. Ich hätte Angst, dich zu verlieren«, sagte Brandt, der sich wieder einigermaßen beruhigt hatte. »Du machst keine solchen Dummheiten mehr, okay?«
    Sarah schüttelte den Kopf. »Kann ich jetzt ins Bett?«
    »Schlaf dich aus. Und bitte, keinen Alkohol mehr und vor allem keine Drogen. Ich hab leider schon viel zu oft damit zu tun gehabt. Ich hab dich viel zu lieb, als dass ich dich an so einen Dreck verlieren möchte. So, und jetzt komm her.«
    Brandt hielt seine Tochter lange umarmt, bis sie sich löste und ihm ein verschämtes Lächeln zuwarf. Er wartete, bis sie in ihrem Zimmer war, und unterhielt sich noch fast zwei Stunden mit Andrea über das, was Sarah erlebt hatte. Er war froh, dass es so glimpflich ausgegangen war, aber er hatte auch schon die anderen Seiten kennengelernt, jene, wo Jugendliche in einen Sog geraten waren, aus dem sie sich nicht mehr befreien konnten. Hoffentlich hat Sarah ihre Lektion gelernt, hoffentlich, dachte er, bevor auch er mit Andrea zu Bett ging.

Sonntag, 13.00 Uhr
    Brandt hatte mit Andrea gefrühstückt, während Sarah bis zum Mittag im Bett geblieben war und sich auf Zehenspitzen ins Bad begab. Der vergangene Abend war fürs erste tabu, aber irgendwann in den nächsten Tagen, das hatte er sich vorgenommen, würde er mit Sarah noch einmal ein ernstes Gespräch unter vier Augen führen. Von Vater zu Tochter.
    Er machte sich auf den Weg nach Hanau, um Allegra zu besuchen, und hoffte, dass sie wach war, wenn er kam. Matteo Caffarelli und Liane Wrotzeck waren dort und unterhielten sich mit Allegra, die ausgesprochen munter wirkte. Sie lag nicht mehr so steif und bewegungslos im Bett, auch wenn ihre physischen Kräfte erst in ein paar Wochen, womöglich auch erst in einigen Monaten wieder vollständig hergestellt sein würden. Brandt begrüßte Caffarelli und Liane Wrotzeck, die sich sehr distanziert zeigte.
    Caffarelli bat ihn nach draußen und meinte: »Allegra ist seit dem Morgen wach. Ich habe Ihnen ja gleich gesagt, dass sie sehr bald wieder zu Hause sein wird. Sie wird auch keine aufwendige Therapie benötigen. Aber ichmöchte Sie nicht langweilen. Ich glaube, sie hat Ihnen was zu sagen. Gehen Sie rein, ich werde mit Frau Wrotzeck hier draußen warten.«
    Caffarelli gab Liane Wrotzeck ein Zeichen, woraufhin sie wortlos an Brandt vorbeiging. Er machte die Tür hinter sich zu und setzte sich zu Allegra ans Bett. Ihre grünen Augen waren weit geöffnet, irgend jemand hatte sie dezent geschminkt, doch ihre Haut war dennoch sehr blass nach vier Monaten in einem geschlossenen Raum.
    »Hallo, da bin ich«, sagte er. »Sie erinnern sich an mich?«
    »Natürlich«, antwortete sie mit noch schwacher Stimme. »Sie wollen mich etwas fragen?«
    »Ja. Sie wissen ja, ich bin bei der
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