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Schrei Aus Der Ferne

Schrei Aus Der Ferne

Titel: Schrei Aus Der Ferne
Autoren: John Harvey
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dass man es kaum bemerkte   – trug die Aufschrift
Bernard Walters, Architekt.
    Obwohl sie nichts erwartete, läutete Ellie hoffnungsvoll.
    Die Stimme, die nach ihrem Anliegen fragte, kam aus einem Lautsprecher, den sie nicht sehen konnte.
    »Detective Constable Chapin, Polizei von Cambridgeshire.«
    »Ich komme nach unten.«
    Die Tür öffnete sich und da stand ein Mann, der ein weißes Hemd, helle Baumwollhosen mit Tunnelzug und Ledermokassins an den Füßen trug. Vierzig? Fünfundvierzig? Blaugraue Augen.
    »Bernard Walters?«
    »Ja.«
    »Besitzen Sie einen grünen Vauxhall Corsa?«
    »Ja, warum? Gibt es ein Problem?«
    »Nicht unbedingt.«
    »Kommen Sie doch herein, bitte.« Er nickte in Richtung des Nachbarhauses. »Dann gibt es für die neugierigen Augen hinter dem Vorhang neuen Stoff für Spekulationen. Eine attraktive junge Frau, die am helllichten Tag zu Besuch kommt.« Er grinste. »Ein Fest für verwirrte Gemüter.«
    Ellie folgte ihm über einen schmalen Flur und eine Wendeltreppe in einen Raum hinauf, der das ganze Stockwerk einnahm und teilweise Wohnraum, teilweise Atelier war: Architekturmodelle auf zwei langen Tischen, Entwürfe an den Wänden, Computer, Grünpflanzen, ordentliche Stapel von Zeitschriften, Stühle aus Leder und Chrom. Chorgesang kam aus zwei Lautsprechern, die an der Wand hingen.
    »Kaffee?«
    »Nein, danke.«
    »Ist genauso leicht, zwei zu machen wie einen.«
    »Also dann. Danke.«
    Während sie wartete, sah Ellie eines der Modelle an, ein großes Gebäude mit mehreren Ebenen, kleinere Gebäude darum herum, alles umgeben von Grünflächen und Alleenmit kleinen Bäumen, zwischen denen winzige Figuren umherspazierten.
    »Was ist das?«
    »Eine neue Schule.«
    »Und wo soll die stehen?«
    »In den Niederlanden. Ich bin gerade erst zurückgekommen. Eine weitere Serie von Beratungen. Prüfungen von geeigneten Grundstücken. Geld natürlich, das ist das Problem, obwohl es nicht so groß ist, wie es hier bei uns wäre.«
    Er brachte den Kaffee in winzigen Espressotassen aus weißem Porzellan mit Goldrand.
    »Und die Musik?«, fragte Ellie, als sie sich setzte.
    »Pergolesi. Mögen Sie sie?«
    Ellie lächelte. »Nicht besonders.«
    »›Stabat Mater‹. Eigentlich höre ich es jeden Morgen als Erstes. Schön laut. Bläst die Spinnweben weg.«
    »Und jetzt?«
    »Nur als Hintergrund. Hilft mir beim Denken.« Er griff nach einer kleinen Fernbedienung auf dem Tisch. »Ich schalte es ab.«
    »Das ist nicht nötig.«
    »Ist okay.« Die Stimmen erstarben. »Also, was ist mit meiner alten Klapperkiste? Ich habe gerade noch mal einiges reparieren lassen. Steuer und Versicherung sind bezahlt. Keine Unfälle, soweit ich weiß, nicht in letzter Zeit, obwohl ich das nicht so sagen kann.«
    »Wie kommt das?«
    »Hm?«
    »Wie kommt es, dass Sie es nicht genau sagen können?«
    »Ach, ich habe den Wagen an einen Freund verliehen. Nur für ein paar Tage, während ich fort war. An meinen Buchhalter, um genau zu sein. Er hatte Ärger mit seinem eigenen Wagen, und da er am Ende der Welt wohnt, ist er ohne Autoaufgeschmissen. Ich habe ihm die Ersatzschlüssel gegeben. Und ihn gebeten, als Gegenleistung die Pflanzen zu gießen.«
    »Dieser Freund   …«
    »Simon.«
    »Simon Pierce?«
    »Sie kennen ihn?«
    »Wie lange   …« Ellie merkte, dass ihr Mund trocken wurde. »Wie lange kennen Sie ihn schon?«
    »Ach, nicht sehr lange. Der Buchhalter, den ich vorher hatte, hat alles hingeschmissen. Ist weggegangen und Buddhist geworden. Irgendwo in Nepal. Simon kommt mehr oder weniger aus der Gegend. Scheint ein anständiger Kerl zu sein, macht seine Arbeit gut. Sehr gut. Ist vielleicht ein bisschen merkwürdig. Grenzwertig. Manchmal möchte ich ihm zu drei ordentlichen Mahlzeiten pro Tag und einem guten Psychotherapeuten raten, aber dann, Sie wissen schon   … das Leben anderer Leute. Solange er seine Arbeit gut macht, soll mir das egal sein.«
    Ellie hatte sich vorgebeugt und ihren Espresso kaum angerührt. »Können Sie mir die genauen Daten geben, wann er das Auto geliehen hat?«
    »Ja. Es betrifft die Zeit meiner Abwesenheit. Von Montag letzter Woche bis zu meiner Rückkehr. Das war vorgestern. Etwas über eine Woche. Während dieser Zeit kann er den Wagen jederzeit gefahren haben. Ich weiß nur, dass er hier stand, als ich zurückkam.«
    »Und er hat ihn benutzt? Sind Sie sich da sicher?«
    »Ja, ich denke schon. Er war woanders geparkt, und ganz offensichtlich war jemand im Haus gewesen.« Er lächelte.
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