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Schottische Engel: Roman (German Edition)

Schottische Engel: Roman (German Edition)

Titel: Schottische Engel: Roman (German Edition)
Autoren: Christa Canetta
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Maria Stuart bei dem Florentiner Holzschnitzer Titurenius für die private Kapelle im Holyrood Palace bestellt, hatte lange Zeit als verschollen gegolten. Dann waren zwei der Engel aufgetaucht und dem Edinburgher ›Museum of Art History‹ überstellt worden. Das war vor einhundertfünfzig Jahren gewesen. Seitdem suchte das Museum den dritten Engel. Mary wusste, wie wichtig die Ersteigerung für das Museum war, sie wusste aber auch, wie es um die finanziellen Mittel des Hauses stand und dass sie verhandeln musste. Und da sie eine verlässliche Mitarbeiterin war, hatte man ihr nach langem Hin und Her die Verhandlung anvertraut. Und nun die Katastrophe mit dem Unfall. Verzweifelt schloss sie die Augen und schlief dann doch noch einmal ein.
    Strahlend und heiter hatte der Morgen die Gewitterwolken der Nacht verdrängt. Die tief hängenden Wolken, die die Berge und Täler, die Wälder und Wiesen verhüllt hatten, waren verschwunden. Auf dem Rasen versuchten die regennassen Frühlingsprimeln die Köpfchen zu heben.
    Mary wurde wieder wach, als Hanna eine Tasse Tee auf den Nachttisch stellte. »Ich dachte, so ein süßer Muntermacher hilft vielleicht, die dunklen Stunden von gestern zu verdrängen. Wie geht es Ihnen heute, Madam?«
    Mary bewegte vorsichtig den Kopf. »Besser, etwas besser. Das Bett steht still und dreht sich nicht mehr, und die Übelkeit ist auch verschwunden.« Sie richtete sich vorsichtig auf. »Danke für den Tee, er duftet nach Jasmin und Frühling. Ist das Gewitter abgezogen?«
    »Ja, gegen Morgen. Jetzt sieht der Himmel aus wie neu gestrichen und die Erde wie frisch gewaschen. Soll ich Ihnen ins Bad helfen?«
    »Ich werde es erst einmal selbst versuchen.« Mary stand vorsichtig auf, hielt sich am Bettrand fest und machte die ersten Schritte. »Es geht. Danke, dann komme ich jetzt allein zurecht.«
    »Gut«, nickte Hanna. »Ich bleibe aber hier und beziehe Ihr Bett. Wenn Sie Hilfe brauchen, rufen Sie einfach.«
    »Vielleicht brauche ich das Bett gar nicht mehr.«
    »Oh doch. Doktor Grantino hat gesagt, Sie müssen liegen. Er kommt nachher vorbei, dann können Sie ihn selbst fragen.«
    »Doktor Grantino heißt er? Ist er Italiener? Er sieht etwas südländisch aus.«
    »Er kommt aus Brasilien. Er hat in Edinburgh eine medizinische Zusatzausbildung gemacht, und dann hat es ihm hier so gut gefallen, dass er nicht nach Brasilien zurückgekehrt ist.« Hanna lächelte verschmitzt. »Ich glaube, ein paar Frauen sind da aber auch im Spiel, nicht nur die Highlands.«
    Mary wagte noch nicht zu duschen. Sobald sie die Augen schloss, wankte der Boden unter ihren Füßen, und der Verband um ihren Kopf sollte vielleicht auch nicht nass werden. So putzte sie sich nur die Zähne und wusch den Körper mit einem der Handtücher ab. Dann zog sie den frischen, bereitgelegten Pyjama an. Als sie zurück in ihr Zimmer kam, hatte Hanna die Fenster weit geöffnet, und der kühle Strom frischer Bergluft durchzog den Raum. Für einen Augenblick sah Mary aus dem Fenster, dann wandte sie sich ab und schlüpfte unter die Bettdecke. Hanna nickte bedächtig. »Ich sehe schon, es geht Ihnen besser. Soll ich jetzt das Mädchen mit dem Frühstück schicken?«
    »Bitte nur eine Tasse Tee und eine trockene Scheibe Toastbrot. Ich weiß noch nicht, wie mein Magen reagiert.«
    »Mach ich, und schön liegen bleiben.«
    »Versprochen. Darf ich noch etwas fragen?«
    »Selbstverständlich.«
    »Wo bin ich hier eigentlich und bei wem? Ein Mister McClay hat sich zwar gestern vorgestellt, aber viel verraten hat er nicht.«
    »Das hier ist ›Lone House‹, und Mister McClay ist seine Lordschaft David McClay of the Border Hills.«
    »Danke, Hanna. Sind Sie die Dame des Hauses?«
    Jetzt lachte die ältere Frau. »Aber nein, ich bin so etwas wie ein Mädchen für alles. Die Haushälterin, wenn Sie so wollen. Eine Dame des Hauses gibt es hier nicht.«
    Mary nickte leicht verlegen. »Na ja, ich wollte ja nur wissen, wer hier das Zepter in der Hand hält, damit ich mich entsprechend bedanken kann. Also tu' ich das bei Ihnen.«
    »Das ist nicht nötig. Ich denke mal, seine Lordschaft hat ein mulmiges Gefühl wegen des Unfalls gestern, da helfe ich ihm gern, das schlechte Gewissen zu beruhigen.«
    Mary hätte gern weitergefragt und mehr gewusst über den Herrn und sein Haus, unterließ es aber. Sie wollte nicht als neugierig erscheinen, und bei den Dienstboten wäre so eine Fragerei auch nicht besonders gut aufgenommen worden.
    Gegen zehn Uhr kam der
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