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Schöpfung außer Kontrolle: Wie die Technik uns benutzt

Schöpfung außer Kontrolle: Wie die Technik uns benutzt

Titel: Schöpfung außer Kontrolle: Wie die Technik uns benutzt
Autoren: Karl Olsberg
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der Zeit immer besser lösen können. Obwohl diese Technik noch in den Kinderschuhen steckt, wird ihr zukünftig in einer immer komplexeren Umwelt wohl eine wachsende Bedeutung zukommen. Heutige Anwendungen findet man beispielsweise in Computerspielen, bei denen sich die Gegner im Laufe der

    Zeit immer besser auf den Spieler einstellen, aber auch in technischen Systemen.

    Der Effekt all dieser Technik ist, dass ein Programmierer nur noch ungefähr weiß, wie das Programm, das er entwickelt hat, funktioniert. Niemand versteht mehr die Komplexität eines typischen Computerprogramms, wie etwa der Textverarbeitungssoftware, mit der ich diese Zeilen schreibe, in allen Details. Niemand kennt alle Einzelheiten seiner Arbeitsweise.

    Es klingt vielleicht im ersten Moment ein bisschen seltsam, dass Menschen ein funktionierendes Softwareprogramm entwickeln können, ohne dass sie genau wissen, wie es im Detail arbeitet. Aber das ist ein Grundprinzip moderner Arbeitsteilung: Niemand versteht alles. Ärzte können eine Leber transplantieren, ohne zu verstehen, wie sie auf zellularer Ebene aufgebaut ist. Heizungsmonteure können Rohre auswechseln, ohne zu wissen, wie diese hergestellt werden oder welche Technik sich genau in der Brennkammer der Heizungsanlage verbirgt. Der Konstrukteur der Bremsanlage eines Autos muss nicht im Detail verstehen, wie ein Motor funktioniert oder wie die Materialien, die er verwendet, hergestellt werden. Gentechniker verändern Genome, ohne genau zu verstehen, welche Auswirkungen dies auf den Entstehungsprozess eines Lebewesens haben wird. Spezialisierung, ein wesentliches Merkmal unserer modernen Wirtschaft, führt dazu, dass der Überblick über das Ganze verlorengeht. Trotzdem funktioniert am Ende alles.

    Jedenfalls meistens.

    Ein wesentliches Problem der Komplexität ist aber, dass sich Fehler einschleichen. Je komplexer, desto mehr Fehler. Es ist leicht vorstellbar, dass ein 50 Millionen Zeilen langes Programm nicht ein Dutzend Fehler enthält, sondern viele

    Tausend. Natürlich findet auch die Fehlersuche längst mit Softwareunterstützung statt. Trotzdem ist es vollkommen unmöglich, ein so komplexes System völlig fehlerfrei zu machen.

    Die Konsequenz erleben wir alle täglich, wenn wir mit dem Computer arbeiten: Kleine graue Fenster öffnen sich und fragen, ob man einen Fehlerbericht an den Hersteller senden möchte. Wir haben uns angewöhnt, unsere Arbeit häufig zwischenzuspeichern, weil wir jederzeit mit einem »Absturz« unserer Software rechnen müssen, der unter Umständen alles vernichtet, was wir seit dem letzten Speichern fabriziert haben. Alle Versuche, dieses Problem in den Griff zu bekommen, sind bisher gescheitert - im Gegenteil hat man das Gefühl, dass die Fehler eher zu- als abnehmen. Das ist auch daran zu erkennen, dass immer häufiger »Updates« - verbesserte Programmversionen -aus dem Internet heruntergeladen werden. Oft sogar, ohne dass wir das überhaupt bemerken.

    Jemand hat einmal geschrieben: »Wenn Baumeister Häuser so bauen würden, wie Programmierer Programme schreiben, dann würde der erste Specht, der vorbeikommt, die Zivilisation zerstören.« Das ist ein bisschen unfair: Es ist viel leichter, ein Haus zu bauen, das nicht einstürzt, als ein Programm, das niemals versagt - eben weil Programme mit Hunderttausenden von Zeilen viel komplizierter sind als Architektenpläne.

    Bisher haben wir über Computer auf unseren Schreibtischen gesprochen und über Programme, die wir bewusst verwenden. Doch Computer breiten sich, oft unbemerkt, immer mehr in unserem Leben aus. Ein ganz gewöhnliches Auto enthält heute bereits wesentlich kompliziertere Computertechnik, als sie die Apollo-11-Astronauten brauchten, um auf dem Mond zu landen. Computer sind nahezu überall zu finden - in Telefonen, Waschmaschinen, Radioweckern, Spielzeug. Und immer mehr von ihnen werden miteinander verbunden, über lokale Netzwerke oder über das Internet.

    Ende 2008 entstand beispielsweise ein neuer Trend auf dem Strommarkt: Sogenannte »Smart Meter« messen den Stromverbrauch digital und übermitteln ihn via Internet direkt an den Stromlieferanten. Vorbei die Zeiten, da man in den Keller ging, um den Stromzähler abzulesen. Diese Geräte können aber nicht nur den Verbrauch automatisch übermitteln, sie können auch erkennen, welche Geräte besondere Energiefresser sind, und so beim Stromsparen helfen. In Zeiten steigender Energiepreise sicher eine nützliche Angelegenheit.

    Augenblick
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