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Schneetreiben

Schneetreiben

Titel: Schneetreiben
Autoren: Sandra Gladow
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Tannengirlanden, und auch die vielen kleinen Lichter auf den Buchsbaumsträuchern im rückseitigen Garten trugen nach Einbruch der Dunkelheit zur Wohnlichkeit des Hauses bei. Nichts in dem gemütlichen kleinen Haus erinnerte mehr an den Dreck und das Chaos der vergangenen zwei Monate. Hinter Anna, wo noch vor vier Wochen die Wand zwischen der alten Küche und dem Wohnzimmer gestanden hatte, fand sich jetzt eine moderne cremeweiße Küche im Apothekerstil, deren offener Kochtresen an das mit Holzdielen versehene kombinierte Ess- und Wohnzimmer angrenzte. Anna war hochzufrieden mit dem Ergebnis des Umbaus, der trotz der damit verbundenen Unannehmlichkeiten und der höher als gedacht ausgefallenen Kosten alle Mühe wert gewesen war. Jetzt war sie allerdings dankbar, sich in Zukunft neben ihrer Halbtagsstelle bei der Staatsanwaltschaft in der Hauptsache wieder voll auf ihre kleine Tochter Emily konzentrieren zu können.
    Die Dreijährige kniete mit einigen Puppen und ihremBuggy neben dem Sofa und schien ganz vertieft in ihr Spiel, nachdem sie Anna zuvor beim Kuchenbacken unterstützt und sich dabei in erster Linie hingebungsvoll dem rückstandlosen Auslöffeln der Rührschüssel gewidmet hatte. Während Anna den Tisch deckte, beobachtete sie ihre Tochter aus dem Augenwinkel und amüsierte sich über die von dem Mädchen mit ihren Puppen geführte rege Unterhaltung. Das Lächeln verging Anna allerdings in dem Moment, als ihr Freund ins Zimmer trat. Denn Bendt streifte gerade seine Daunenjacke über, hatte sich außerdem bereits einen dicken Schal um den Hals geschlungen, und aus seiner Jackentasche lugten seine braunen Lederhandschuhe hervor. Sie blickte zur Uhr.
    »Es ist nicht dein Ernst, dass du jetzt noch einmal wegwillst. Meine Eltern kommen in spätestens einer halben Stunde.«
    »Ich muss!«, entschuldigte sich Bendt, dem deutlich anzusehen war, dass er sich besser jetzt als gleich aus dem Staub machen wollte. Er zog den Reißverschluss seiner Jacke zu. »Ich muss zum Dienst.«
    »Das glaub ich jetzt nicht.« Anna war so verärgert und enttäuscht, dass sie sich zusammenreißen musste, um nicht aus der Haut zu fahren. »Ich habe sogar gebacken.«
    Anstatt Anna anzusehen, heftete Bendt seinen Blick an die Keksschale, angelte sich einen Zimtstern heraus und schob ihn in den Mund. »Und die schmecken auch echt lecker«, lobte er kauend.
    Anna holte einmal tief Luft und stemmte ihre Hände in die Hüften.
    »Der Keks war von Aldi«, fauchte sie wütend.
    »Oh, die sind aber trotzdem sehr lecker.« Bendt lächelteetwas schief, wie er es immer tat, wenn er ein schlechtes Gewissen hatte, und langte ein weiteres Mal ins Gebäck, um diesmal ein paar Schokokekse herauszunehmen. »Teddy holt mich jeden Moment ab. Ich versuche aber, so schnell, wie es irgend geht, wieder hier zu sein.«
    »Ich wusste gar nicht, dass du heute Bereitschaft hast. Wir haben den Termin mit meinen Eltern doch schon vor Wochen verabredet.«
    »Oh«, sagte Bendt, kratzte sich am Kopf und setzte dazu einen überrascht wirkenden Gesichtsausdruck auf, der Anna an ein schlechtes Laienschauspiel erinnerte und sie verächtlich auflachen ließ. »Ich dachte, du wüsstest, dass ich vielleicht zum Dienst muss. Wir haben eine Leiche in der Innenstadt.«
    »Du brauchst gar nicht so unschuldig zu tun«, schimpfte Anna. »Das hättest du mir doch früher sagen können oder nicht? Dann hätte sich ein anderes Wochenende für ein Kaffeetrinken mit meinen Eltern gefunden. Jetzt muss ich wieder erklären, weshalb du dich nicht blicken lässt.« Bendt wusste offenbar nichts zu entgegnen, zuckte mit den Schultern und blickte drein wie ein begossener Pudel.
    »Da schmilzt übrigens gerade ein Schokokeks«, bemerkte Anna dann und deutete auf seine rechte Hand.
    »Ach Mist!« Bendt eilte zur Spüle, legte die Kekse ab und riss ein Stück Haushaltspapier von dem dort abgestellten Chromständer ab, bevor er begann, umständlich seine Hand abzuwischen.
    »Du nutzt jede auch nur erdenkliche Ausrede, um meinen Eltern aus dem Weg zu gehen, was ich ehrlich gesagt nicht mehr witzig finde«, motzte Anna weiter, während sie nach ihrem Kuchenmesser suchte. Dabei schloss sie die jeweilsgeöffneten Schubladen demonstrativ etwas schwungvoller als nötig.
    »Das ist ein Notfall, ehrlich. Ich musste ganz spontan für einen Kollegen einspringen, der krank geworden ist.«
    »Hattest du nicht eben noch gesagt, du hättest mir das mit dem Dienst schon gesagt?« Anna hatte das Messer
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