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Schneesturm und Mandelduft

Schneesturm und Mandelduft

Titel: Schneesturm und Mandelduft
Autoren: Camilla Läckberg
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also packen und gleich zum Steg runtergehen.«
    Martin sah Vivi an. »Ja, wir sind fertig.«
    Sie nickte und stand auf. »Dann gehe ich packen. Es ist ein Segen, von hier wegzukommen.«
    »Ja, das kann man wohl sagen.« Martin ließ ihr den Vortritt und ging dann hinauf in Lisettes und sein Zimmer, um seine Sachen zu holen. Sie war bereits da und packte ihre Reisetasche. Ihre Augen waren rot vom Weinen.
    »Wie geht es dir?«, fragte er und legte den Arm um sie. Einen Moment lang entspannte sie sich und drückte sich an ihn. Dann löste sie sich aus seinen Armen und sagte:
    »Ich nehme an, dies ist ein Abschied. Ja?« Sie blickte ihm ruhig in die Augen, und Martin konnte nur antworten:
    »Ja, da hast du recht. So ist es.«
    Sie nahm sein Gesicht zwischen die Hände und küsste ihn auf die Wange.
    »Entschuldige mein dummes Verhalten.«
    »Ach, die Umstände waren ja auch … stressig. Das haben wir alle auf die eine oder andere Weise zu spüren bekommen.«
    »Du bist ein netter Kerl, Martin.« Sie gab ihm noch einen Kuss auf die Wange, dann nahm sie ihre Tasche und verließ das Zimmer, ohne sich umzusehen. Martin blieb zurück. Er spürte in erster Linie Erleichterung, aber auch einen winzigen Anflug von Trauer. Erneut war eine Beziehung den Bach runtergegangen, und er hatte langsam genug. Gab es wirklich niemanden, der zu ihm passte?
    Mit einem Seufzer warf er seine Sachen in seine Tasche und hängte sie sich über die Schulter. Bernards Handy und das Sherlock-Holmes-Buch hatte er in zwei Papiertüten gesteckt, die er vorsichtig jeweils in einen Pullover gewickelt und ganz oben in die Tasche gelegt hatte. Sogar das Glas vom Vorabend befand sich sicher verpackt in seiner Sporttasche. Er wagte nicht, es zurückzulassen.
    Bevor er den anderen folgte, ging er noch einmal zu Mattes Zimmer und stellte sich in die Türöffnung. Er betrachtete lange den Raum, als bitte er ihn zu erzählen, was sich hier abgespielt hatte. Als Martin sich ein wenig nach links drehte, sah er die Kugel, die noch in der Tür steckte. Der Schaden an der Kamineinfassung ging ihm nicht aus dem Kopf. Er war überzeugt, dass der wichtig war. Aber er kam um alles in der Welt nicht darauf, in welcher Hinsicht.
    Zehn Minuten später stapften sie zusammen durch den Schnee in Richtung Steg. Es war mühsam, das Gepäck durch die Schneemassen zu schleppen. Börje war vorausgegangen, und den Geräuschen nach zu urteilen, hatte er den Motor des Bootes ohne Schwierigkeiten angeworfen. Bald würden sie wieder auf dem Festland sein.
    Nach einer raschen Beratung hatten sie beschlossen, zuerst das gesamte Gepäck nach unten zu tragen, dann würden die Männer ins Haus zurückgehen und die Leichname aus dem Kühlraum holen. Jeder fand das qualvoll, und Martin war klar, dass er, rein professionell gesehen, anordnen müsste, sie hierzulassen. Aber er sah immer wieder Brittens Blick vor seinem inneren Auge, als sie fragte, ob sie Matte mitnehmen würden. Er hatte es ihr versprochen, also hielt er sich daran.
    Auf dem Weg zum Haus hoch wirbelten die Gedanken in seinem Kopf umher. Die Pistole, das Buch, die Gespräche mit den Mitgliedern der Familie Liljecrona, das Essen am ersten Abend, als die versteckten Andeutungen und Anspielungen wie spitze Pfeile über den Tisch gesaust waren. Alles vermischte sich zu einem einzigen Brei in seinem Kopf.
    Matte und Ruben. Großvater und Enkel. Standen sich näher als alle anderen in der Familie. Trafen sich jeden Freitag, um sich zu unterhalten, sich auszutauschen, ein Alter, ein Junger. Der eine körperlich krank, der andere seelisch. Die Leidenschaft für Sherlock Holmes.
    Martin kannte nur die Filme und konnte nicht recht nachvollziehen, weshalb man solch eine Begeisterung für … Er dachte nicht weiter. Plötzlich kam ihm etwas ins Bewusstsein.
    Er blieb wie angewurzelt im tiefen Schnee stehen. Bernard prallte von hinten auf ihn.
    »Was zum Teufel …?«
    »Oh, Verzeihung«, sagte Martin geistesabwesend und stapfte weiter. Sie waren fast an der Haustür angelangt. Er schüttelte den Kopf, als könne er so einen Gedanken herbeizwingen, der sich ihm entzog. Irgendetwas war aufgetaucht, als er an Sherlock Holmes und die Verfilmungen gedacht hatte … Richtig! Da war es! Er spürte, wie sich die Erkenntnis in ihm ausbreitete, zugleich auch das Gefühl des Triumphs, und er stürzte ins Haus.
    »Mensch, was ist denn los?«, rief Bernard ihm nach, aber Martin ignorierte ihn. Er machte sich nicht die Mühe, seine schneebedeckten
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