Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schneesturm und Mandelduft

Schneesturm und Mandelduft

Titel: Schneesturm und Mandelduft
Autoren: Camilla Läckberg
Vom Netzwerk:
unnötig! Ihr seid doch Brüder. Und denk an deinen Blutdruck …« Aber ihr Mann ignorierte ihre Appelle.
    »Ja, ich habe jedenfalls keine Gelder unterschlagen …«, fauchte Harald. Er drehte sich zu Martin um. »Das wussten Sie nicht. Dass mein lieber Bruder über ein Jahr lang Geld vom Firmenkonto abgezweigt hat. Mehr als fünf Millionen fehlen. Die Buchhaltung ist ihm vor kurzem auf die Schliche gekommen, und das meinte unser Vater sicherlich beim Abendessen. Wenn Sie ein Motiv brauchen, hier haben Sie es. Fünf Millionen, um es genauer zu sagen.« Harald zeigte triumphierend auf seinen Bruder. Gustav wurde so bleich, dass er fast durchsichtig aussah.
    »Ha! Jetzt hat es dir die Sprache verschlagen!« Harald schüttelte Brittens Hand ab und verschränkte die Arme. Er sah aus wie eine Katze, die einen richtig fetten Kanarienvogel gefressen hatte.
    »Das … Das war nur geliehen …«, stammelte Gustav. »Ich hatte vor, das Geld zurückzuzahlen. Mein Ehrenwort. Jeden Öre. Ich habe es nur geliehen, um … Ich habe nur …« Er stotterte und drehte sich zu Vivi um, die wie Britten bei dem Wortwechsel hinter ihrem Mann gestanden hatte. Sie war ebenso blass im Gesicht wie er und starrte ihn mit aufgerissenen Augen an.
    »Gustav?« Wieder die Hand, die zum Hals griff. »Was … was meint Harald? Fünf Millionen? Gustav …?«
    Gustav streckte mit verzweifelter Miene eine Hand nach seiner Frau aus, die hastig einen Schritt zurücktrat, um seiner Berührung auszuweichen.
    »Liebes … ich …« Er blickte zum Fenster hinaus, als suche er nach einem Fluchtweg, aber der Sturm heulte noch immer mit derselben Kraft wie vorher und schnitt alle Rückzugsmöglichkeiten ab. Gustav sank in einen Sessel und vergrub das Gesicht in den Händen.
    Es war totenstill, als alle anderen ihn ansahen.
    Vivi ungläubig, Harald triumphierend, Bernard mit offenkundigem Vergnügen und Britten auch mit etwas Mitleid.
    »Was hast du mit dem Geld gemacht?« Vivi brach als Erste das Schweigen. Ihre Stimme bebte merklich. Sie bekam keine Antwort von Gustav und wiederholte ihre Frage: »Gustav. Was hast du mit dem Geld gemacht?«
    Erst ein tiefer Seufzer aus dem Sessel, dann folgte die Antwort in kleinen Stößen.
    »Ich habe … es verspielt.«
    Vivi schnappte hörbar nach Luft. Bernard lachte auf, und Martin sah, wie Miranda ihm einen spitzen Ellbogen in die Seite rammte und zischte: »Reiß dich zusammen!«
    »Du hast … das Geld verspielt …« Vivi schüttelte langsam den Kopf und schien kaum glauben zu können, was sie hörte. »Bei was denn?«
    Das Gesicht noch immer in den Händen vergraben, murmelte Gustav: »Pferderennen, Netzpoker und so fort. Alles, was mir diesen Kick geben konnte. Und anfangs habe ich gewonnen. Aber dann fing ich an zu verlieren. Ich dachte, dass ich alles zurückgewinnen würde, wenn ich nur ein wenig weitermachte. Dann hätte ich der Firma das Geld zurückerstatten können.«
    »Du verdammter Loser«, sagte Harald mit tiefer Verachtung.
    Gustav riss den Kopf hoch und starrte seinen Bruder hasserfüllt an.
    »Sei nicht so verdammt selbstgerecht! Du bist total unfähig als Generaldirektor, und Vater stand kurz davor, dich rauszuwerfen! Das weißt du! Und was hättest du dann getan, hm? Kein Chefposten, kein Geld von Vater, nichts. Du hast dein ganzes Leben lang von Vater profitiert und wärst niemals allein zurechtgekommen. Auch du hattest ein gutes Motiv!« Das Letzte sagte Gustav an Martin gewandt. Dann stand er auf und stürmte aus der Bibliothek.
    Eine Weile herrschte Totenstille. Dann sagte Bernard munter:
    »Das Unterhaltungsprogramm scheint zu Ende zu sein. Wie wäre es jetzt mit ein bisschen Kaffee?«
    Er war immer wieder erstaunt, wie selbstzerstörerisch sie waren. Und dass sein Alter so viel Initiative besaß, um fünf Millionen zu unterschlagen – und sie zu verzocken! Das hätte Bernard nie gedacht. Er lachte in sich hinein und nahm eine Zimtschnecke. Eigentlich sollte ihm der Kerl leidtun, aber dieses Mitleidgetue hatte ihm noch nie gelegen. Er wunderte sich noch immer ab und an, wie ein so entschlusskräftiger und starker Mensch wie er von so jämmerlichen Erzeugern stammen konnte. Das sagte einiges über die Theorie von Vererbung und Milieu aus. Er setzte sich zu seiner Schwester an den Tisch. Sie rührte apathisch in ihrer Kaffeetasse.
    »Willst du irgendwas?«, fragte er und deutete auf die Schüssel hinter sich, die bis zum Rand voll mit Gebäck war.
    »Nein, ich bin auf Diät«, sagte sie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher