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Schneegeflüster

Titel: Schneegeflüster
Autoren: Hera Lind , Rebecca Fischer , Steffi von Wolff , Andrea Vanoni
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dazu, sich zu melden. »Gut, dass ich dich erreiche«, rief ihr Sabine aufgeregt ins Ohr. Gar kein gutes Zeichen, denn die Innenrequisiteurin war nach knapp zwanzig Jahren am Set normalerweise kaum aus der Ruhe zu bringen. »Komm bitte ganz schnell her, die sind mal wieder munter am Umstellen! Ich hab’s nur nebenbei mitgekriegt, es hört sich aber aufwändig an.« Auch das noch! Immer wenn sie sich bei einem Dreh gut vorbereitet fühlte, geschah garantiert noch etwas Unerwartetes. Hoffentlich ist es wenigstens nicht allzu schlimm, dachte Inka und verließ eilig das Büro.
    Auf dem Rückweg zur Villa überlegte sie, was sie jetzt wohl erwarten würde. Gut die Hälfte des Weihnachtsfernsehfilms »Wintertraum« war ohnehin im Kasten. Idyllischromantische Abende am Kaminfeuer, Glühweintrinken auf dem von der Ausstattungsabteilung hübsch gestalteten
Christkindlmarkt und einige Szenen in einer üppigen Barockkirche hatte das Team bereits gedreht. Bis auf eine einsame Skihütte in den Bergen waren die wichtigsten Motive demnach schon erledigt. Und falls die Szenen in der Skihütte vorgezogen werden sollten, gab es vermutlich keine Probleme, da das urige Holzhäuschen jetzt im Sommer sowieso nicht benutzt wurde. Der Raum war schon seit einer Woche fertig eingerichtet, die Schneemacher vom Special-Effect mussten nur noch ihre weiße Pracht nach oben schaffen. Die Ausstattung konnte demnach in Kürze drehfertig sein.
    Innerlich derart gewappnet kam Inka etwa zwei Stunden, nachdem sie ihn verlassen hatte, wieder zurück zum Drehort. Die Jungs vor den Wohnzimmerfenstern ließen gerade wieder ihre Flöckchen fallen, die Aufnahme war also in vollem Gange. Als kurz darauf von drinnen das »Aus« des Regisseurs zu hören war, betrat sie die Villa und sah schon vom Foyer aus, dass ein paar Leute um den Produktionsleiter und den Regisseur herumstanden und die Köpfe zusammensteckten. Sabine hatte recht, das ließ auf weitreichende Änderungen schließen. Fast hätte man eine Verschwörung vermuten können.
    »Gut, dass du kommst«, rief ihr Miriam, die Ausstatterin, entgegen, »wir haben ein kleines Problem! Die haben ein bisschen was geändert.« - »Dann mal raus mit der Sprache!« Inka wollte lieber früher als später wissen, was ihr in den nächsten Tagen an zusätzlicher Arbeit bevorstand. Henning, der Produktionsleiter, fasste sie mit beiden Händen an den Schultern und blickte ihr fest in die Augen: »Wir brauchen für unsere Fernsehfamilie Windstetter bis morgen einen richtig romantischen Heiligabend mit allem Drum und Dran.« Inka sah alle vier Augenpaare erwartungsvoll auf
sich gerichtet und war sich nach einer kurzen Schrecksekunde sicher, dass es sich nur um einen üblen Scherz handeln konnte. Das war bis morgen unmöglich zu schaffen. »Sehr witzig«, konterte sie daher und grinste, »und was ist jetzt wirklich das Problem?«
    »Tut uns leid, etwas Einfacheres haben wir nicht zu bieten«, erklärte Regisseur Dieter ohne ein Lächeln, »die Redaktion möchte die Versöhnung der Familie nun doch ganz klassisch unterm Christbaum haben. Macht ja auch wirklich mehr her.« - »Pfffh, das sagt sich so leicht. Wie soll das denn bis morgen gehen? Könnt ihr den Heiligabend nicht wenigstens ans Ende der Drehzeit legen? Die Villa bekommen wir da sicher noch einmal für ein oder zwei Tage.« Inka begriff allmählich, dass diese Hiobsbotschaft absoluter Ernst war. Trotzdem wollte sie noch nicht glauben, dass es keine andere Möglichkeit gab, als den Weihnachtsabend »mit allem Drum und Dran« schon am kommenden Tag zu drehen. Doch Henning zerstörte ihre letzten Hoffnungen. »Geht leider nicht«, sagte er, »nach den neuesten Textänderungen brauchen wir für die Szene mindestens zwei Drehtage, und die Oma ist ab nächste Woche gesperrt. Ein Nachdreh kommt auch nicht infrage, dafür ist keine Zeit mehr. Wir müssen unbedingt rechtzeitig in den Schnitt, wenn wir bis Weihnachten fertig sein wollen. Der zweiundzwanzigste Dezember ist Sendetermin.«
    »Es hilft nichts, da musst du jetzt durch«, sagte Miriam in besänftigendem Tonfall. »Du hast gut reden«, erwiderte Inka aufgebracht, »du bist ja schon wieder beim nächsten Film. Mit dir ist vermutlich nicht zu rechnen, oder?« - »Leider nein, aber falls du ein paar Nummern oder Adressen brauchst, kannst du dich jederzeit melden. Ich muss
jetzt leider auch los.« Und damit war die Ausstatterin verschwunden.
    Inka ging zu Sabine und flüsterte ihr genervt zu: »Die Mittagspause ist
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