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Schnappschuss

Schnappschuss

Titel: Schnappschuss
Autoren: Garry Disher
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hat sie erschießen lassen, aber doch nicht deswegen .«
    »Wegen was denn dann?«, fragte Challis. »Spucken Sie schon aus, verdammt.«
    Lottie wurde rot. Sie betrachtete missmutig ihre knochigen Hände. »Die beiden wussten etwas«, murmelte sie, »oder Charlie dachte, sie würden etwas wissen.« Sie schaute auf. »Verstehen Sie nicht? Ich bin zu Janine McQuarrie gegangen, um über meine Gefühle zu sprechen, Charlie glaubte, ich würde mit ihr über Fakten sprechen. Deshalb hat er sie umbringen lassen. Und Tessa Kane.«
    »Welche Fakten?«
    Lottie Mead war wieder mit ihren Händen zugange. »Tut nichts zur Sache.«
    »Ich denke schon«, widersprach ihr Ellen schroff. »Wir werden mit Ihrem Mann reden müssen ,aber wir haben auch mit anderen Männern gesprochen, die von Mrs. McQuarrie zur Rede gestellt wurden. Was ist denn an Ihrem Mann so Besonderes?«
    Lottie Mead blieb störrisch und wortkarg, und Challis, der sie genau beobachtete, fiel auf, dass sie eher berechnend wirkte, nicht verwirrt oder ängstlich, so als habe sie etwas zu verbergen. Plötzlich ergab die Ermordung von Tessa Kane einen Sinn. Challis erinnerte sich an ihre Unterlagen zu den Meads – da hatte es viele Lücken und Fragezeichen gegeben. Hatte Tessa etwas Neues ausgegraben?
    »Tessa Kane schrieb an einer Story über Sie und Ihren Mann«, sagte er. »Gibt es etwas, was Sie uns bisher verschwiegen haben?«
    Lottie Mead blieb stumm. Challis und Ellen warteten und beobachteten sie. Der kleine Minibar-Kühlschrank sprang an und brummte leise. Das Zimmer wirkte auf einmal bedrückend eng. »Das war vor langer Zeit in Südafrika.«
    Die beiden sahen sie regungslos an. »Während der Apartheid«, sagte Lottie schließlich.
    »Und?«
    »Charlie und ich haben für die Regierung gearbeitet.«
    Dann fuhr sie zögernd fort. Es handelte sich um eine Geschichte über Verhör, Folter und Hinrichtung von schwarzen Führern, worin ihr Mann gewisse Fähigkeiten bewiesen hatte. Während der Anhörungen der Wahrheitskommission wäre er beinahe enttarnt worden, doch Freunde hatten ihn gedeckt. »Das alles ist schon lange her, alle haben sich geändert, und er wollte nicht, dass das an die Öffentlichkeit gelangte.«
    »Welche Rolle spielten Sie damals?«
    »Ich saß in einem anderen Ministerium«, sagte Lottie Mead ausweichend.
    »Haben Sie Janine McQuarrie von der Vergangenheit Ihres Mannes erzählt?«
    »Das weiß ich nicht mehr.«
    Challis war ihre Ausflüchte leid. »Haben Sie Tessa Kane davon erzählt?«
    »Nein, ich wollte sie nicht ins Haus lassen.«
    »Hat Tessa Kane Ihren Mann damit konfrontiert?«
    »Vielleicht. Er erzählt mir ja nichts«, antwortete Lottie und verstummte wieder. »Werden Sie ihn verhaften?«
    »Wir werden mit ihm reden«, entgegnete Challis.
    »Er wird damit durchkommen, wie immer.«
    »Wir wissen, wer die Täter waren. Sagen Ihnen die Namen Trevor Vyner und Nathan Gent irgendetwas?«
    »Ich habe noch nie von ihnen gehört, aber vor dem Job hier war Charlie Gefängnisdirektor. Da hat er alle möglichen Typen kennen gelernt, auch Auftragskiller.«
    »Das werden wir überprüfen«, sagte Challis. Dann reichte er ihr Fotos von Vyner und Gent. »Vielleicht sagen Ihnen die Namen nichts, aber kennen Sie die Gesichter?«
    Lottie Mead erstarrte beim Anblick von Vyners Foto. »Der da war heute Nachmittag bei uns und hat nach Charlie gefragt!« Ihre Augen tanzten aufgeregt und alarmiert hin und her. »Er sah wütend aus.«
    »Was haben Sie zu ihm gesagt?«
    Lottie Mead schlug sich vor lauter Entsetzen über sich selbst die Hand vor den Mund. »Ich habe zu ihm gesagt, er soll um 18 Uhr wiederkommen!«

63
    Vyner war wie verabredet gegen 16 Uhr dort eingetroffen, ein wenig neugierig, ein wenig argwöhnisch, aber auch aufgeregt. Er freute sich schon auf den nächsten Job und seine fünfzehntausend Dollar. Neugierig, weil Lottie normalerweise übervorsichtig war und jeden direkten Kontakt vermied, argwöhnisch, weil sie verrückt und gefährlich war und er nicht mit ihr aneinander geraten wollte.
    Ein riesiges baumumstandenes Haus, breite Hecken und geschotterte Zufahrt. Die Reifen seines gestohlenen Magna knirschten und machten ein Geräusch, das nach Einfluss, Einsamkeit und Erfolg klang. Das Haus in Brisbane, in dem sie gewohnt hatte, als er ihre Rosen geschnitten hatte – er hatte Freigang aus dem Knast ihres Mannes, Rehabilitation durch Gartenarbeit –, war erheblich bescheidener gewesen. Ja, die alte Lottie war ehrgeizig. Charlie Mead wäre
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