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Schnappschuss

Schnappschuss

Titel: Schnappschuss
Autoren: Garry Disher
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Gesicht an und konnte nur raten, dass es sich um Vyner handelte. »Zwei Kugeln. Eine im Rücken, eine in den Unterkiefer.«
    Ellen streckte die Hand aus und berührte Vyner am Hals. »Ich spüre einen Puls.«
    »Gib es durch.«
    Dann gingen sie ins Haus, hielten sich zu beiden Seiten der offenen Haustür, gingen gemeinsam hinein und huschten schnell und leise durch alle Räume. Challis kam sich dabei ein wenig lächerlich vor, so als würde er sich selbst in einem Ausbildungsvideo beobachten. Keine Menschenseele im Haus, nur Blutspuren im Flur, die bis zum Haupteingang reichten, eine blutige Pfütze auf dem Wohnzimmerteppich und eine Leiche. Charlie Mead, ein Schuss in die Brust. Aber Mead hatte wohl selbst ein paarmal abdrücken können, hatte dabei offenbar Vyner getroffen und eine Wand im Wohnzimmer. Neben seiner Hand lag eine kleinkalibrige Pistole.
    Mit hämmernden Herzen standen Challis und Ellen eine Weile da und zwangen sich zur Ruhe. Ganz unbewusst rückten sie näher zueinander. Schließlich murmelte Ellen: »Wozu wollte Vyner den Mann erschießen, der ihn angeheuert hat?«
    Mit den Knöcheln seiner die Waffe umklammernden Hand streifte er Ellen am Oberschenkel. Er steckte die Waffe in das Holster, blieb aber in Ellens Nähe.
    »Rache, Angst vor Entdeckung, Geld, das Übliche«, sagte er.
    Draußen wollte Vyner hinterm Steuer des Wagens, den er am Nachmittag in Southbank gestohlen hatte, dass die Frau mit der sanften Stimme zurückkam, die Frau, die ihre kühle Hand an seinen Hals gelegt und den Puls gespürt hatte. Er wollte sich dafür entschuldigen, dass er auf dem Boardwalk so in Panik geraten war und sie beinahe erschossen hatte. Er kam sich in diesem Augenblick nicht vor wie ein felsiges Riff, wie ein Schicksalsbote, ein Hüter des Kriegercodes oder sonst etwas Tolles. Er kam sich vor wie ein einfacher Sterblicher, wie ein ziemlich dummer noch dazu.
    Aber Lottie war allen anderen schon immer ein paar Züge voraus gewesen, ermahnte er sich im Sterben.
    Aber er, Vyner, hatte noch ein paar eigene Züge in petto. Letzte Züge. Er war kaum in der Lage gewesen, die Tasten seines Handys zu betätigen, war kaum in der Lage gewesen, der Polizistin mit den sanften Händen alles zu erklären, weil seine Hände doch von seinem letzten Blut so glitschig waren.
    Aber er hatte es geschafft.

Garry Disher
    Garry Disher, 1949 geboren, wuchs im ländlichen Südaustralien auf und lebt heute direkt an der Südküste in der Nähe von Melbourne. Er schreibt Romane, Kurzgeschichten und besonders erfolgreich Kriminalromane und Kinderbücher. Sein Roman »The Sunken Road« wurde für den Booker-Preis vorgeschlagen, »Drachenmann« war auf der Auswahlliste für den wichtigsten australischen Krimipreis, den Ned Kelly Award Disher gewann zudem zweimal den Deutschen Krimi Preis.

Bibliografie
    Steal Away (1987); The Stencil Man (1988); The Sunken Road (1996); Past the Headlands (2001; dt. Hinter den Inseln ,2003).
     
    Inspector-Challis-Romane; The Dragon Man (1999; dt. Drachenmann ,2001); Kittyhawk Down (2003; dt. Flugrausch ,2005); Snapshot (2005; dt. Schnappschuss ,2006).
     
    Wyatt-Romane: Kickback (1991;dt. Gier ,1999); Paydirt (1922 , dt . Dreck ,2000); Deathdeal (1993; dt. Hinterhalt ,2001 ); Crosskill (1994; dt. Willkür ,2002); Port Vila Blues ( 1996; dt. Port Vila Blues ,2006); The Fallout ( 1997).
     
    Garry Disher hat außerdem mehrere Kinderbücher und Erzählbände veröffentlicht sowie Schulbücher zur australischen Geschichte.

Garry Disher: Übers Schreiben
    Garry Disher ist einer der interessantesten zeitgenössischen Schriftsteller Australiens. Den Stoff für seine gut recherchierten und detailgetreuen Romane sammelt er unter anderem auf Reisen durch Europa, Israel und Afrika. Bereits 1978 beginnt Disher zu schreiben. Er soll für eine Anthologie eine Kurzgeschichte über ein berühmtes australisches Gemälde verfassen. Aus der Kurzgeschichte wird unter der Hand eine Kriminalgeschichte. Danach entsteht der erste Gangster-Roman mit Wyatt als Hauptfigur.
    In den Achtzigerjahren lehrt Disher an der Stanford University in Kalifornien kreatives Schreiben. Mittlerweile ruht Dishers Dozententätigkeit und er ist vollberuflich als Schriftsteller tätig. Mehr als vierzig Werke wurden bislang veröffentlicht, für die er verschiedene Preise erhalten hat, darunter auch den Deutschen Krimi Preis 2002 für den in der metro -Reihe im Unionsverlag erschienenen Roman Drachenmann .
     
    Disher schreibt in einem Arbeitszimmer,
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