Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schnappschuss

Schnappschuss

Titel: Schnappschuss
Autoren: Garry Disher
Vom Netzwerk:
Privatschnüffler.«
    Vyner nickte, damit sie weiterredete.
    »Er wollte mich warnen. Tessa Kane hatte ihn engagiert, um in meiner Vergangenheit herumzuschnüffeln, in meiner und Charlies Vergangenheit. Das konnte ich nicht zulassen.«
    Na, in deiner Vergangenheit gibt es ja auch jede Menge dunkler Flecken, dachte Vyner und sah Lottie an. »Um noch mal auf Charlie zurückzukommen: Wie wärs mit der Hälfte der fünfzehn Riesen, die du mir schuldest, als Anzahlung?«
    »Ich glaube nicht«, sagte Lottie, und auf einmal hatte sie eine kleine Automatik in der Hand, kaum größer als eine .25er, schön leise, die Nachbarn würden nichts hören bei den dicken Wänden und den Bäumen draußen. Sie schoss ihm ins Gesicht.
    Vyner torkelte, hielt sich den zerschossenen Unterkiefer, Blut schäumte heraus. Dann schoss sie wieder auf ihn, und er spürte einen Schlag zwischen die Schulterblätter. Er sank dankbar zu Boden und rollte sich auf dem Teppich zusammen, der erst kürzlich gereinigt worden war, wenn ihn seine Sinne nicht täuschten. Dann schoss sie noch einmal in die Wand.
    Die Zeit verging, er blutete, Herz und Lunge mühten sich. Er bekam noch mit, wie jemand – Lottie wohl – in seinem Parka herumwühlte und seine neue Waffe erwischte, für die er hinter einem Pub in Collingwood sechshundertfünfzig Dollar bezahlt hatte.
    Später, als er langsam ausblutete, hörte er Stimmen. Er erkannte Charlie Meads Stimme, er stritt sich mit Lottie, die sich völlig durchgeknallt anhörte. Wer erschoss wen? Es gab mehr als nur einen Schuss. Vyner delirierte. Als er das Bewusstsein wiedererlangte und sich auf Händen und Knien wiederfand, hielt er die Waffe in der rechten Hand. Wie war das zustande gekommen? Er drehte seinen armen Kopf und sah Charlie Mead auf dem Rücken liegen, einen Finger am Abzug von Lotties kleiner Pistole. Von Lottie keine Spur.
    Vyner kroch hinaus zu seinem Wagen, gab aus seinem zerstörten Mund furchterregende Geräusche von sich und dachte an Schmauchspuren.

64
    Challis und Ellen waren nicht die Ersten am Tatort. Die beiden uniformierten Constables aus Rosebud, die Challis angefordert hatte, waren ihnen zuvorgekommen. Als sie dort eintrafen, sahen sie die beiden Polizisten, wie sie mit gezückten Waffen hinter ihrem Streifenwagen kauerten.
    Challis erkannte schnell, warum: Am anderen Ende der von dichten Hecken gesäumten Zufahrt der Meads bot sich ihnen eine Szene, die nichts Gutes verhieß. Auf dem geschotterten Wendeplatz stand ein gelber Magna mit laufendem Motor und offener Fahrertür, eine Gestalt hinter dem Steuer. Die Eingangstür zur Villa stand offen, helle Sicherheitsscheinwerfer tauchten alles in ein grelles Licht.
    »Gehen Sie hinten herum«, sagte Challis zu einem der beiden Polizisten, »über den Nachbargarten. Kontrollieren Sie alles, melden Sie sich über Funk und bleiben Sie dort. Verhaften Sie jeden, der abhauen will.«
    »Ja, Sir«
    Challis und Ellen warteten. Ein paar Minuten später krächzte das Funkgerät. »Die Tür ist versperrt. Es brennt kein Licht. Ich kann niemanden sehen oder hören.«
    Challis bedankte sich bei ihm. In diesem Augenblick schüttelte es den Wagen vor der Eingangstür, der Motor stotterte, lief unrund und ging aus. »Schlecht eingestellt oder Sprit alle«, sagte der DC aus Rosebud. Der Gestank von schlecht verbrannten Auspuffgasen drang zu ihnen hinüber.
    »Haben Sie das Nummernschild durchgegeben?«, fragte Ellen.
    »Wurde heute Nachmittag in Southbank gestohlen.«
    »Vyner«, sagte Challis.
    Eine Minute verging. »Sir, der Kerl hockt einfach nur da.«
    »Vielleicht ist er verletzt oder tot«, sagte Challis, »oder er wartet darauf, dass wir uns zeigen.«
    Die Gestalt schien sich zu bewegen, der Umriss sank nach vorn, und plötzlich blökte die Hupe los und hörte nicht mehr auf.
    »Ellen, kommen Sie mit. Constable, Sie bleiben hier. Lassen Sie niemanden rein oder raus.«
    »Sir.«
    Sie rannten geduckt zu dem stehenden Wagen hinüber. Der Mann auf dem Fahrersitz war über dem Lenkrad zusammengesunken, Blut auf dem Boden, an der Tür, auf dem Sitz, an Rücken und Hals des Mannes. Challis zögerte, am Tatort etwas zu verändern, aber die Hupe hörte nicht auf und ging allen auf die Nerven. Außerdem lebte der Mann ja vielleicht noch. Challis packte ihn am Kragen und zog. Der infernalische Lärm hörte Gott sei Dank sofort auf, und ein blutiges Handy fiel in den Fußraum des Wagens. Auf dem Beifahrersitz lag eine Pistole. Challis starrte das zerstörte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher