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Schmierfinken - Politiker ueber Journalisten

Schmierfinken - Politiker ueber Journalisten

Titel: Schmierfinken - Politiker ueber Journalisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maybrit Illner , Hajo Schumacher
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als tausend Worte: ein Bein jugendlich-lässig über die Stuhllehne geworfen, erinnert Tissy Bruns an die eitlen Gockel von Politikern, die »als Gesprächspartner, etwa als Tischnachbar, unendlich langweilig sein können. Sie reden selbst am meisten, hören sich selten eine Frage zu Ende an und antworten stereotyp.« Für viele Journalisten gilt dasselbe. Für Tissy Bruns allerdings nicht.
     
     
    DER AUTOR
    Jens Spahn (geb. 1980 in Ahaus) ist seit 2002 Mitglied des Deutschen Bundestages und Obmann der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Ausschuss für Gesundheit. Der Bankkaufmann studiert Politikund Rechtswissenschaften.

KAI GEHRING
    Das Gesicht hinter den Tickermeldungen - Karl-Heinz Reith
    In den neunziger Jahren galt Bildung als weiches Thema und spielte nur eine untergeordnete Rolle in deutschen Zeitungen. Mit dem PISA-Schock stieg Bildung zum harten Thema auf - und mit ihm der Bekanntheitsgrad der Bildungsjournalisten. Der Name eines der wichtigsten Vertreter bleibt den Zeitungslesern verborgen: Karl-Heinz Reith. So ist das Los eines Agenturjournalisten. Mir, dem jugendund hochschulpolitischen Sprecher der grünen Bundestagsfraktion, gab der alte Hase dezente Hinweise zum geschickten Bespielen des mitunter glatten Hauptstadtparketts.
    »Bildungspapst der Deutschen Presse-Agentur«, so wurde er mir vorgestellt. Das war 2005, auf meiner ersten Jahresmitgliederversammlung des Deutschen Studentenwerks in Berlin. Eine Mitarbeiterin nahm mich, den frisch gewählten Bundestagsabgeordneten, an die Hand: »Da steht Karl-Heinz Reith, den solltest du kennenlernen. Ein echtes Urgestein«, raunte sie leise und ließ mich allein stehen bei dem Mann mit den kurzen dunkelblonden Stoppelhaaren.
     
    Wenige Minuten später smalltalkte ich mit ihm über ungerechte Studiengebühren und fatalen Studienplatzmangel. Im Gegensatz zu manch anderen ersten Kontakten mit Koryphäen oder Schmierfinken der Hauptstadtjournalistenzunft
schlug mir weder Arroganz noch Desinteresse entgegen. Reith schnaubte mir kein verächtliches »Was will denn der Youngster?« und kein ungläubiges »Sie sind Bundestagsabgeordneter?« entgegen, sondern zeigte Neugierde und Respekt. Die Audienz beim Bildungspapst verlief positiv und vielversprechend - der Grundstein für eine Zusammenarbeit zwischen Fachjournalist und Fachabgeordnetem war gelegt.
     
    Zeitsprung: Ein nieseliger Novemberabend, gut drei Jahre nach dem ersten Treffen. Café Einstein, Unter den Linden. Ein beinahe endloser Schlauch, rechts mit einer langen schwarzen Theke, links dicht an dicht kleine viereckige Tische. Hier trifft man sich geschäftlich, nicht zu einem Rendezvous. Politische Gespräche führt man hier, wenn es andere mitbekommen sollen - das Theaterstück vom »Sehen-und-gesehen-Werden« im parlamentarischen Mikrokosmos der Hauptstadt wird im Einstein tagtäglich aufgeführt.
    Reith wartet schon aufrecht sitzend auf einem der lederbezogenen Stühle. Die Fraktionssitzung hat etwas länger gedauert. Aber sie war höchst erfolgreich. Die Fraktion hat meine Vorschläge, wie der Hochschulpakt zwischen Bund und Ländern fortgeführt werden kann, einstimmig verabschiedet. Hintergrund: Geburtenstarke Jahrgänge und die verkürzte Schulzeit zum Abitur können in den nächsten Jahren zu mehr als einer halben Million zusätzlichen Studierenden führen, die wir wegen des schon bestehenden Fachkräfte- und Akademikermangels auch mehr als dringend brauchen. Voraussetzung: Bund und Länder müssen erheblich mehr und besser ausgestattete Studienplätze schaffen - der bisherige Hochschulpakt läuft aber leider miserabel und verfehlt seine Ziele deutlich. Das interessiert
auch Reith. »Das liest sich sehr gut«, lobt er mein Konzept.
     
    Ich konnte noch nicht einmal laufen, als der gebürtige Dortmunder schon große Schritte als Journalist machte. Seit dreißig Jahren ist er Redakteur bei der dpa - erst in Düsseldorf, dann Bonn und Berlin. Ich dagegen bin dreißig Jahre jung. Auch wenn wir altersmäßig mindestens eine Generation auseinander liegen, verfolgen wir ein gemeinsames Herzblutthema: Die Chancenungleichheit und Undurchlässigkeit unseres Bildungswesen treibt uns beide um. Dass in Deutschland endlich öffentlich anerkannt ist, dass es einen engen Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungschancen gibt, kann sich Reith auch als sein Verdienst anrechnen. Ob BAföG-Reform, Studienkredite mit hohen Verschuldungsrisiken oder das Bewerbungs- und Zulassungschaos bei der Suche nach

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