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Schluss mit dem ewigen Aufschieben

Schluss mit dem ewigen Aufschieben

Titel: Schluss mit dem ewigen Aufschieben
Autoren: Hans-Werner Rückert
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sich an ihn gewöhnt. Dann haben
     Sie vielleicht noch Gewissensbisse, erwarten aber im Grunde nichts mehr von sich und haben de facto resigniert. Eine traurige
     Lösung, denn Sie wählten damit ein Stück Selbstaufgabe.
    Wenn Sie die Tatsache verleugnen, dass Sie Ihr Aufschieben nicht im Griff haben, werden Sie weiterhin Anläufe machen, sich
     mit Selbstkontrolle beizukommen, mit einem Vorgehen also, das sich schon hundertmal als unwirksam erwiesen hat. Wenn Sie sich
     und anderen versprechen, dass Sie das nächste Mal bestimmt durchhalten, sind Sie in Gefahr, nicht nur völlig unglaubwürdig
     zu werden, sondern zusätzlich als Phantast dazustehen, der sich weigert, die Realität anzuerkennen. Ihr Leben wird dann zur
     Lüge, mit eventuell düsteren Folgen, auf die schon Proust hinwies:
     
    »Wenn es sich ums Schreiben handelt, ist man gewissenhaft, man sieht sehr genau hin, man verwirft, was nicht Wahrheit ist.
     Solange es aber nur um das Leben geht, ruiniert man sich, macht sich krank oder begeht Selbstmord, und das um lauter Lügen.«
     (Proust, VII, S. 316f.)
     
    Sie können sich dann auf eines verlassen: Sie werden weiter aufschieben und als ein ewig uneingelöstes Versprechen aus dieser
     Welt gehen. Oder aber Ihre Unzufriedenheit und Ihre Selbstverachtung werden bis zu einer Schwelle gesteigert, ab der eine
     Veränderung möglich wird. Dann werden Sie zwei Dinge einsehen: dass es wirklich Ihr Aufschieben ist, das Ihnen so viel Leid
     verursacht; und dass Sie darüber tatsächlich keine Kontrolle haben.
    Sie sind dann bereit, die für Sie falsche Frontstellung »Ich gegen finstere innere Aufschiebemächte« aufzugeben. Sie erwerben
     damit |285| eine neue Beziehung zu sich und den anderen, die mit Anerkennung und Ergebung zu tun hat. Sie fügen sich der Einsicht, dass
     der abgespaltene innere Schweinehund Ihr Lebensgefährte ist, den Sie nicht besiegen, sondern mit dem Sie sich nur arrangieren
     können. Vielleicht kann Ihnen die Vorstellung helfen, dass es Probleme gibt, die mit der Strategie des »Mehr desselben« nicht
     gelöst werden können. Wenn Ihre Zimmerpflanze nicht gedeiht, geben Sie ihr mehr Dünger. Sieht sie immer noch nicht prächtig
     genug aus, kippen Sie Dünger nach. Lässt sie die Blätter hängen, geben Sie ihr Wasser. Wenn Sie nach einem Tag weiterhin welk
     aussieht, steigern Sie die Dosis und giessen noch einmal kräftig nach. Am Ende ist Ihre Pflanze eingegangen, überdüngt und
     ertränkt. Ihre Lösung war dem Problem nicht angemessen. Die Wachstumsprozesse einer Pflanze sind auch durch Einsatz des Willens
     nicht zu beeinflussen. Sie können sie anschreien, die Fäuste schütteln oder Prämien aussetzen: Sie wächst doch nicht schneller.
     Auch Sie brauchen Zeit, um eine früher nicht mögliche Entwicklung nachzuholen.
    Ihr süchtiges Aufschieben, das in Lebenslügen gipfelt und in dem Gefühl, dass Sie ein Schwindler seien, können Sie nur heilen,
     indem Sie akzeptieren, dass Sie nicht Herr sind im eigenen Haus. Wie die Anonymen Alkoholiker der Auffassung sind, dass der
     Alkohol als Ausweg diene aus der persönlichen Versklavung durch die falschen Ideale einer materialistischen Gesellschaft,
     so können Sie als Anonymer Aufschieber für sich in Anspruch nehmen, sich in einer Revolte zu befinden, die sich gegen die
     kaputten Voraussetzungen zur ungestörten Erledigung von Vorhaben und Aufgaben in Ihnen selbst richtet. Wenn Sie wirklich bereit
     sind zu akzeptieren, dass Sie Ihr Aufschieben nicht kontrollieren können, dann sind Sie vielleicht auch dazu bereit, innere
     Fähigkeiten, die Sie bisher nicht entwickeln konnten, mit fremder Hilfe aufzubauen. Dies kann durch eine Psychotherapie gelingen.
     In ihr wird es auch darum gehen, die kindlichen, übertriebenen und unangemessenen Aspekte Ihres Selbstkonzepts realistischer
     zu machen. Vor allem aber wird das Ziel sein, Ihr Selbstkonzept so zu verändern, dass Sie nicht länger innere Gegensätze aufbauen
     müssen: Sie gegen den Rest der Welt, Ihr Ich gegen die Trägheit, Stärke gegen Schwäche.
    |286| Reif für die Couch?
    Es gibt verschiedene Psychotherapieformen, die von den Krankenkassen bezahlt werden, wenn eine krankhafte Störung vorliegt.
     Aufschieben allein ist zwar keine Krankheit, kann aber – wie Sie gesehen haben – sehr wohl ein Symptom einer Störung sein
     oder mit behandlungsbedürftigen Erkrankungen einhergehen. Der Psychotherapeut wird herausfinden, ob Ihr Aufschieben beispielsweise
     durch das
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