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Schluss mit dem ewigen Aufschieben

Schluss mit dem ewigen Aufschieben

Titel: Schluss mit dem ewigen Aufschieben
Autoren: Hans-Werner Rückert
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Selbststeuerung als so außerordentlich wichtig
     angesehen wird.
    Süchtiges Aufschieben
    Nehmen wir einmal an, dass Sie bislang Ihr Aufschieben mit einem Mangel an Selbstkontrolle gleichgesetzt haben. Nun erwarten
     Sie sich die Lösung davon, sich mehr als bisher zu steuern. Sie haben sich deswegen dieses Buch gekauft, die empfohlenen Strategien
     eine Zeitlang angewendet, aber die Erfahrung gemacht, dass Sie damit Ihr Aufschieben nicht verändern können. Offenbar sind
     Sie dem Aufschieben gegenüber machtlos und können diesen Aspekt Ihres Lebens nicht beeinflussen. Eigentlich müssten Sie den
     Kontrollverlust als Regelfall einplanen und sich eingestehen, dass Sie ziemlich am Ende sind mit Ihrem Latein.
    |281| Möglicherweise kränkt Sie das bisher so sehr, dass Sie sich immer wieder vorgenommen haben, der Versuchung zu widerstehen,
     sich einen Plan zu machen, den einzuhalten, sich nicht abzulenken und so weiter. Sie träumen davon, dass Ihr Ich stark und
     dominierend über das siegt, was Sie für Schwäche und Faulheit halten. Tatsächlich aber führt dieser Weg – mit guten Vorsätzen
     gepflastert – zur Hölle.
    Natürlich gibt es Probleme, die mit dem Sieg des Ichs über den inneren Schweinehund gelöst werden können. Diese Lösung funktioniert
     wie die Heizung: Es ist kalt, Sie drehen die Heizung an. Es ist noch nicht warm genug, Sie drehen den Thermostaten höher.
     Mehr desselben, bis das Resultat zufriedenstellend ist. Falls es nicht wärmer wird, werden Sie annehmen, dass irgendetwas
     an der Heizung kaputt sei. Mit Ihrem Aufschieben können Sie es genauso halten: Sie schieben auf, Sie versuchen es mit Selbstkontrolle.
     Sie schieben weiterhin auf, Sie steigern die Selbstkontrolle. Wenn es nicht klappt, ist vielleicht irgendetwas in Ihnen nicht
     in Ordnung. Sie müssten einsehen, dass Selbstkontrolle bei Ihnen nicht funktioniert. Sie sind in derselben Lage wie ein Alkoholiker,
     der erkennen muss, dass er den Drang zur Flasche nicht beherrschen kann. Sie können das süchtige Ausweichen, den Drang zur
     unmittelbaren Spannungserleichterung auch nicht abstellen. Sie können zur Psychotherapie gehen und versuchen herauszufinden,
     was in Ihnen kaputt ist, um es dann wieder in Gang zu bringen.
    Leider aber gehört zu dieser Störung dazu, dass Sie in extremer Weise überzeugt davon sind, sich potentiell doch und jederzeit
     selbst steuern zu können. Obwohl Ihre Erfahrungen das Gegenteil beweisen, glauben Sie weiterhin, dass Sie der Steuermann am
     Ruder Ihres Schiffes sind. Wenn Sie sagen: »Ich werde gegen den Schlendrian ankämpfen«, dann bauen Sie nicht auf vergangene
     Erfolge, sondern setzen einzig und allein auf Ihren Stolz. Der beruht angesichts Ihrer Fehlschläge in der Vergangenheit nicht
     auf der rückblickenden Gewissheit: »Ich habe es schon so oft geschafft, mich zu beherrschen«, sondern auf der durch nichts
     begründeten illusionären Zuversicht: »Ich kann es schaffen, mich zu beherrschen«. Sie leben dann im Bann einer Fantasievorstellung,
     die Ihnen wichtiger ist als die Realität. Bald sind Sie der einzige, der daran glaubt, dass Sie das Aufschieben wirklich aufgeben
     können.
    Wenn Sie statt auf die Realität auf Ihren neurotischen Stolz setzen, dann lernen Sie nicht aus Ihrer immer wieder erlebten
     Machtlosigkeit, |282| sondern missdeuten sie als nicht hinnehmbare Unfähigkeit, was Ihre Aufschieberkarriere verlängert. Um nicht so unfähig zu
     sein, klammern Sie sich an einen Arbeitsplan. Haben Sie diesen Plan eine gewisse Zeit eingehalten, so stellt sich nicht etwa
     mehr Stolz auf Ihre reale Leistung, es geschafft zu haben, ein. Ihre Befriedigung kommt ja eben nicht aus der Erfahrung, dass
     Sie sich beherrscht haben, sondern aus dem Stolz darauf, dass Sie sich jederzeit wieder beherrschen können. Um sich das zu
     beweisen, müssen Sie wieder aufschieben, womit sich Ihre Machtlosigkeit erneut zeigt. Ihr neurotischer Stolz lässt jedoch
     weder Machtlosigkeit noch Unfähigkeit gelten. Sie spalten sich immer mehr in einen Teil, der bewusst den Schlendrian bezwingen
     will, und den Rest, der nicht pariert. Sie stimmen Freunden und Verwandten zu, die Sie dazu drängen, stark zu sein und den
     inneren Schweinehund zu überwinden. Wie ein Alkoholiker, der im nüchternen Zustand Stein und Bein schwört, der nächsten Versuchung
     zu widerstehen, geloben Sie, nie wieder aufzuschieben. Sie setzen die beiden Teile Ihres Selbst, das große starke Pferd, das
     immer wieder
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