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Schloss meiner Sehnsucht

Schloss meiner Sehnsucht

Titel: Schloss meiner Sehnsucht
Autoren: Nora Darius
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startklar machte. Aber niemand war zu sehen, auf dem Gut schienen noch alle zu schlafen.
    Das Boot war noch keine zwanzig Meter vom Ufer entfernt, als Sebastian Kurts in gestrecktem Galopp den schmalen Wiesenweg entlang geritten kam. Der Gutsverwalter machte jeden Morgen einen Kontrollritt über den Besitz, das war Vergnügen und Pflicht gleichermaßen.
    Jetzt kniff er die Augen zusammen, doch als er Graf Oliver erkannte, ritt er beruhigt weiter. Wenn sich jemand von der Familie eins der drei Boote nahm, war das in Ordnung.
    Auch Oliver hatte den Reiter bemerkt. „Verdammt, das war nicht nötig“, presste er zwischen den Zähnen hervor. Aber dann zuckte er nur mit den Schultern. Wer mochte es ihm verwehren, schon früh am Morgen eine kleine Ausfahrt zu machen?
    Sein Ziel war eine kleine Bucht auf der Insel Herrenchiemsee. Noch schien auch hier alles zu schlafen. Von den unzähligen Touristen, die Jahr für Jahr herkamen, um den Prachtbau Ludwig II. zu besichtigen, war noch niemand unterwegs, und auch die Angestellten, die dafür sorgten, dass es den zahlenden Gästen an nichts fehlte, war keiner zu sehen.
    Oliver lenkte das Boot zu der Bucht am östlichen Ufer und stellte den Motor ab. Angestrengt wartete er.
    Fast eine halbe Stunde verging. Kälte kroch ihm in die Knochen, daran vermochte auch die wattierte Jacke nichts zu ändern. Er verfluchte seinen Geschäftspartner, der mal wieder nicht pünktlich war.
    Endlich hörte er den Ruf eines Käuzchens – das vereinbarte Zeichen. Und schon wenig später kam ein kleines Segelboot heran.
    „Na endlich!“ Oliver nahm eine Papprolle aus dem Rucksack, der zu seinen Füßen lag.
    „Ich konnte nicht früher weg. Sorry.“
    „Schon gut. Hast du alles dabei?“
    „Du hoffentlich auch. Lass mal sehen.“
    „Nichts da. Erst krieg ich das Geld. Bar, wie ausgemacht. Zweihundertfünfzigtausend.“
    „Ja, sicher. Aber ich muss die Unterlagen prüfen.“
    Widerstrebend reichte ihm Oliver die Rolle. Der Mann, etwa vierzig, aber schon mit schlohweißem Haar, entnahm ihr einige Papiere und Zeichnungen. Akribisch schien er Zahlenreihen zu addieren und die Zeichnungen zu kontrollieren.
    Endlich rollte er alles wieder zusammen. „Scheint o.k. zu sein.“ Er nahm eine dunkelblaue Segeltuchtasche, warf sie ins Motorboot.
    „Nachzählen werd ich nicht“, meinte Oliver spöttisch grinsend. „Auf mich kann man sich verlassen, ich denke, auf dich auch.“
    „Meinen Auftraggebern ist daran gelegen, dass alles unter größter Geheimhaltung vonstatten geht. Natürlich ist die Summe komplett. Bis nächste Woche. Und bis dahin – keinerlei Kontakte.“
    „Schon gut.“ Oliver von Sternburg hob kurz die Hand, dann verstaute er die Tasche, ließ er den Motor an und fuhr auf einem Umweg zurück zum Bootshaus. Inzwischen hatte sich der Nebel gelichtet, die Sonne kam durch die Wolken und malte kleine goldene Punkte aufs Wasser.
    Ungesehen kam Oliver aufs Gut zurück, doch noch bevor er sich zu seinen Räumen begab, ging er in den Pferdestall. In einer Ecke, von alten Decken halb verborgen, stand eine ehemalige Futterkiste. Hierin versteckte er die Tasche, verschloss die Kiste – und schlenderte pfeifend zum Haus.
    Gräfin Nora saß schon im Wintergarten und frühstückte.
    „Hallo, schon wach?“ Überrascht sah sie ihren Schwager an. „Was möchtest du – Tee oder Kaffee?“
    „Gern Kaffee. Und Eier mit Speck, bitte.“ Er nickte dem Hausmädchen, das an der Tür stand, zu. Dann wandte er sich wieder an Nora. „Wo ist denn Joachim?“
    „Schon zum Flughafen gefahren. Er hat heute geschäftlich in Marseille zu tun.“
    „Immer beschäftigt, mein Bruder. Warum delegiert er nicht ein bisschen mehr? Er sollte sich schonen.“
    „Ach was, Joachim ist topfit. Und manchmal muss der Chef eben selbst nach dem Rechten sehen.” Sie verkniff sich die Bemerkung, dass nicht jeder so sorglos in den Tag hineinleben konnte wie Oliver. Er bekam jedes halbe Jahr seinen Gewinnanteil – und krümmte keinen Finger dafür. Aber das waren Streitpunkte innerhalb der Familie, an die Nora nicht mehr rühren mochte. Es führte ja doch zu nichts. Sie war froh, dass Oliver nicht allzu oft zum Gut heraus kam. Und wenn doch, dann war es nervschonender, sich auf keine Diskussion einzulassen.
    Entspannt frühstückten sie zusammen, dann fuhr Nora von Sternburg zu einer Bekannten, um mit ihr eine Benefizveranstaltung zu organisieren. Dass ihr Mann zur gleichen Zeit in Marseille vor Aufregung fast einen
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