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Schloss der Liebe

Titel: Schloss der Liebe
Autoren: Catherine Coulter
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nicht im Großen Saal willkommen heißen. Hastings sollte Euch eigentlich begrüßen, aber ich kann sie nirgends entdecken. Lasst uns essen, danach werde ich euch zu ihm führen.«
    »Ich möchte ihn sofort sehen. Ich will die Angelegenheit so schnell wie möglich hinter mich bringen.«
    »Ganz wie Ihr wünscht.« Hastings nickte Torric zu, dem Verwalter ihres Vaters, er war so spindeldürr, dass Hastings stets befürchtete, er könne eines schönen Tages von der nächstbesten Windböe davongetragen werden, die hier an der Küste häufig waren. Graelam bedeutete dem Graugekleideten, ihm auf der steinernen Wendeltreppe, die in die oberen Gemächer führte, vorauszugehen. »Danach«, sagte er zu dem Rücken des Mannes, »werdet Ihr sicher seine Tochter kennen lernen wollen.«
    »Mir wird wohl kaum etwas anderes übrig bleiben.«
    Als sie außer Sichtweite waren, zog Hastings scharf die Luft ein. Ihr künftiges Schicksal würde also am Bett ihres Vater besiegelt werden. Ihr Schicksal und das von Oxborough. Vielleicht würde der Mann ja auch ablehnen? Sie trat in den Großen Saal und rief den dreißig oder vierzig Leuten, die dort warteten, zu: »Dieser Mann ist gekommen, um Lord Fawke einen Besuch zu machen. Lasst uns das Abendessen vorbereiten!«
    Aber wer mag das sein?, hörte sie wieder und wieder.
    Die Leute flüsterten hinter vorgehaltener Hand, als fürchteten sie, er könne sie hören und zurückkommen, um sie zu bestrafen. Aus ihren Gesichtern blitzte Neugier, gepaart mit einer Spur von Angst. Dieser Mann gehörte zu jener Sorte Mensch, die eine ganze Stadt belagern und keine Gnade zeigen würde.
    Sie verkündete: »Es ist Severin von Langthorne, Baron Louges. Er, Lord Graelam und ihre Leute werden hier zu Abend essen. MacDear, geht nun bitte wieder in die Küche und begießt den Schweinebraten weiter mit der Minzsauce. Alice, sorg dafür, dass das Brot warm und knusprig bleibt. Allen, hol den süßen Wein, den Lord Graelam so gerne trinkt.« Sie verstummte. Alle Augen waren auf sie gerichtet, bestürmten sie mit stummen Fragen. Sie hob die Hände und hielt sie mit gespreizten Fingern vor sich. »Ich glaube«, sagte sie schließlich, »Lord Severin ist gekommen, um mich zur Frau zu nehmen.«
    Hastings achtete nicht auf das Gemurmel, das sich nun erhob. Sie war ehrlich überrascht, dass bis hin zu den Küchenmägden niemand auf der Burg geahnt hatte, wer er war und was ihn hierher geführt hatte. Ein gut gehütetes Geheimnis. Sie wusste, dass er erst vor kurzem aus Frankreich nach Hause zurückgekehrt war, wo er feststellen musste, dass man seinen Bruder ermordet hatte. Sein Besitz war hoffnungslos verwahrlost und seine Bauern hungerten, nachdem marodierende Vogelfreie nichts als verwüstete Felder hinterlassen hatten.
    Es stimmte, er war gekommen, um sich mit ihr, der Erbin von Oxborough, zu vermählen. Sie hatte es gehört, als ihr Vater Graelam danach befragt hatte, was er von diesem Mann wisse und ob er ihn für ehrbar und stark genug hielte. Daraufhin hatte Graelam seine Tugenden gepriesen und berichtet, wie König Edward darauf bestanden hatte, dass Severin zu seiner Rechten ritt, als sie im Heiligen Land die letzten Schlachten gegen die Sarazenen schlugen. Seite an Seite mit Edward war er auf den Festungswällen von Akkon gestanden.
    Sein Name sei Severin, hatte sie Graelam sagen hören, dann fügte er, seine schwieligen Hände aneinander reibend, hinzu: »Severin, der Graue Ritter.«
    »Severin ist gekommen, Fawke.«
    Fawke von Trent, Graf von Oxborough, wünschte sich, er könne den jungen Mann deutlicher erkennen, doch der Schleier, der sich über seine Augen gelegt hatte, war seit dem Morgen dichter geworden und trübte seinen Blick fast vollständig, so dass er kaum das Gesicht seiner Tochter erkennen konnte, was gut so war, denn sie ähnelte ihrer Mutter so sehr, dass ihr Anblick ihm bis ins Mark fuhr. Die Schmerzen waren unerträglich, und nun nahte der Tod. Er hasste den Gedanken, doch hatte er sich wohl oder übel damit abgefunden. In Augenblicken wie diesem sehnte er ihn sogar herbei, doch vorher musste er sich noch um diese eine letzte Angelegenheit kümmern.
    »Severin«, sagte er, wissend, dass seine Stimme schwach klang. Wie er sich dafür verachtete.
    Der junge Mann umfasste sein Handgelenk mit seiner festen, kräftigen Hand, doch er tat Fawke nicht weh. Sein Griff fühlte sich warm und stark an, wie ein Glied zwischen Vergangenheit und Zukunft, der Zukunft vieler künftiger Generationen,
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