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Schloss der Liebe

Titel: Schloss der Liebe
Autoren: Catherine Coulter
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helfen zu lassen, an dem Dame Agnes nähte, seit Hastings zwölf war.
    Nein, jetzt noch nicht. Sie saß auf Marella, ihrem
    Pferd mit dem weißen Stirnfleck. Es war eine graue Stute. Sie fragte sich, ob er wohl ihr Pferd nehmen würde, da dieser Mann ja offenbar so auf diese Farbe eingeschworen war. Sie ritt ohne Sattel und hatte Marella, die bereits unruhig mit dem Kopf auf und ab wippte, nur das Zaumzeug übergestreift und sie dann aus den Stallungen geführt, die sich an die dicke Zwischenwand des äußeren Burghofs anschlossen. Nachdem sie aufgesessen war, kam sie an Beamis vorbei, dem Soldatenführer ihres Vaters. Drei Ritter mitsamt ihren Knappen und fünfzig Soldaten waren ihm unterstellt. Sie lebten in Baracken rund um den äußeren Burghof. Der Burghof war riesengroß und mit seinem Apfelgarten im östlichen Winkel die einzige Fläche der Burg, die von Wiesengrün und Bäumen bedeckt war.
    Beamis winkte ihr, um sie zurückzuhalten. Doch Squibes, der Waffenmeister, rief ihm etwas zu und lenkte ihn ab. Hastings trieb ihr Pferd durch das bunte Durcheinander von Männern, Frauen, Kindern und Tieren, die sich im Hof tummelten. Sie stieß Marella leicht in die Hanken und ritt unter dem Fallgitter in der zweieinhalb Meter dicken Innenmauer hindurch und über die Ziehbrücke, die über den Graben führte, den ihr Urgroßvater im letzten Jahrhundert hatte ausheben lassen. Der Graben war von einer zweiten Mauer umringt, die allerdings nicht so massiv gebaut war wie die innere, die den äußeren Burghof einschloss.
    Zwei Meilen entfernt lag die Ortschaft Oxborough, die sich um die Mündung des Marksby schmiegte, ein schmaler Fluss, der hier seinen Weg in die Nordsee fand. Das kleine befestigte Handelsstädtchen stand seit weit über zweihundert Jahren unter dem Schutz der Herren von Oxborough und befand sich zum größten Teil im Besitz ihres Vaters. In weniger als zwei Stunden würde sie die Stadt Severin von Langthorne gehören.
    Die Mauern waren hier nicht sehr dick, aber sie umschlossen die gesamten Ländereien und das etwas unterhalb gelegene Oxborough. Jenseits der Mauer standen einige Baumreihen. Folgte man dem von den Jahren geglätteten Abhang, gelangte man hinunter ins Dorf. Die Luft hier draußen roch frisch und gut. Ihr war nicht danach zumute, einen ihrer Freunde aus dem Dorf zu begrüßen, aber es ließ sich nicht ganz vermeiden, als Ellen, die Tochter des Bäckers Thomas, ihr in der Nähe des Bogenschießplatzes heftig zuwinkte.
    »Wie kühl es heute ist«, sagte Ellen und strich über Marellas Nüstern. »Vater meint, heute Abend wird ein Sturm vom Meer her aufziehen.«
    »Ich wusste gar nicht, dass dein Vater seine Nase jemals weit genug aus dem Backofen bekommt, um nach dem Wetter zu sehen«, bemerkte Hastings, und Ellen lachte gutmütig.
    Sie war ein hübsches Mädchen von sechzehn Jahren, mit schönen Zähnen und zarter, blasser Haut. »Wenn er die Asche aus den Öfen gefegt hat, kommt er schon heraus - um zu niesen. Du wirst also heute heiraten?«
    »Ja«, war alles, was Hastings erwiderte. Noch vor einer Stunde hatte keiner eine Ahnung gehabt. Aber Ellen wusste es bereits, was bedeutete, dass das ganze Dorf Oxborough unterrichtet war.
    »Ich habe gehört, er sei ein wahres Bild von einem Mann - ist es wahr, dass er immer nur Grau trägt? Ist es einer dieser gut aussehenden stattlichen Männer, wie es starke Krieger oft sind?«
    Hastings lächelte nur, während sie die Frau des Goldschmieds dabei beobachtete, wie sie vom oberen Stockwerk aus einen Eimer Spülwasser auf die Straße kippte. Man hörte einen Mann laut fluchen. »Ich muss zurück. Die Zeit drängt.«
    »Viel Glück, Hastings«, sagte Ellen und trat einen Schritt von der Stute zurück.
    Hastings ritt an der langgestreckten Befestigungsmauer entlang, winkte den Wachen ihres Vaters zu, die dort oben auf Posten standen, und trieb ihr Pferd zum Strand hinunter. Das Wasser war dunkel und aufgewühlt, die Wellen warfen sich gegen die schwarzen Felsmassen zu Füßen von Burg Oxborough.
    Die schneidend kalte Luft nahm ihr fast den Atem. Sie fühlte, wie das Salz auf ihrer Haut brannte. Der Wind fuhr durch ihr Haar und rötete ihre Wangen. Am Strand wimmelte es von Stelzvögeln, die den zurückrollenden Wellen hinterherliefen, um sich gleich darauf, wenn sich die Brandung wieder am Festland brach, auf den trockenen Sand zu retten. Über ihrem Kopf segelten Austernfischer, Brachvögel und Rotschenkel und stießen schrille Schreie aus. Ihr fiel
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