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Schlecht aufgelegt (German Edition)

Schlecht aufgelegt (German Edition)

Titel: Schlecht aufgelegt (German Edition)
Autoren: Sven Stricker
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Reißverschluss. Keine Geldbündel, sondern ein riesiger, bedruckter Papierstapel quoll nach draußen.
    «Was ist das?», fragte Bettina fassungslos.
    «Gedichte sind das», sagte Kuli und seufzte. «Gedichte von Richard Schiefelbeck.»
    «Mir scheißegal, von wem die Gedichte sind», fauchte sie und zielte jetzt direkt auf Kulis Kopf. «Wo ist das Geld?»
    «Tja, wo ist das Geld?», echote Kuli und öffnete den Reißverschluss seines Kapuzenpullovers ein wenig.
    «Was soll das?», fragte Bettina.
    «Ich glaub, wir haben genug, oder, Herr Kommissar?», antwortete Kuli mit einer Gegenfrage und sprach dabei direkt auf sein Brustbein, was ziemlich seltsam aussah.
    «Was ist hier eigentlich los?» Bettina wirkte jetzt doch verunsichert. Die Waffe in ihrer Hand zitterte.
    «Guck mal hier», sagte Kuli und zog den Halsausschnitt seines T-Shirts ein wenig weiter nach unten. Auf seiner teilrasierten Brust klebte ein kleines Metallteil. «Das ist eine Wanze», erklärte er. «Wusste ich vorher gar nicht, wie das aussieht. Tut bestimmt weh, wenn man die hinterher wieder abreißt.»
    «Was?»
    «Ja, weißt du», begann Kuli, «das war so: Ich hab ein bisschen gelogen.»
    «Gelogen?»
    «Ja», nickte er. «Ich hab gestern schon mit dem Kommissar Bernauer gesprochen und ihm alles erzählt. Hab’s irgendwie nicht mehr ausgehalten. Und so richtig an den Bürger als Täter hat ja auch keiner von uns mehr geglaubt. Außerdem fand ich das so komisch, dass du mir irgendeinen Quatsch über diesen Hagen Junghans, den Exfreund von der Lisa, erzählt hast. Da bin ich erstmals auf dich gekommen.»
    «So?», hauchte Bettina und ließ die Waffe sinken.
    «Ja. So. Der Kommissar hat dann gesagt, dass wäre zwar ein Unding und wir hätten sie nicht alle, aber wir sollten diese Erpressernummer jetzt erst mal zu Ende bringen, ganz inoffiziell natürlich und nur für den Fall, dass du uns dabei beobachtest, wie wir das Geld holen. Und nur für den Fall, dass Bürger die Sache platzen lässt und die Tat doch noch gesteht. Haben wir also gemacht. Dem Paul habe ich das alles erst später erzählt. Da hat er sich aber gefreut, der Paul.»
    «Hat er?», fragte Bettina wie paralysiert.
    «Nein», erklärte Kuli ernst. «Aber es war okay für ihn. Wir sind dann also hin zu dem Kommissar, haben ihm das Geld übergeben. Und dann haben die mich verwanzt. Deinetwegen. Da drüben sitzen die übrigens. Kannst denen in die Kameralinse gucken und mal winken.»
    Kuli zeigte mit dem Finger zum Fenster. Bettina warf einen hektischen Blick in die genannte Richtung, dann einen zu Kuli. Sie überlegte. Dann hob sie die Waffe wieder.
    «Keiner kommt hier lebend raus», sagte sie atemlos.
    «Hervorragende Biographie über Jim Morrison», antwortete Kuli.
    «Was?»
    «Von den Doors. Gibt aber auch einen Film, der so heißt. Mit Forest Whitaker. Auch sehr gut», plauderte Kuli weiter.
    «Sag mal, spinnst du?», fragte Bettina entgeistert. Es klingelte an der Tür.
    «Ah, da ist der Kommissar. Ich mach mal auf, ja?»
    Kuli schlenderte langsam und entspannt in Richtung Eingang, der für ihn hoffentlich zum Ausgang werden würde.
    «Bleib stehen!», schrie Bettina. «Ich mein’s ernst.» Sie entsicherte ihre PT 111.
    Kuli blieb stehen und drehte sich um. «Bettina», sagte er. «Als du in deinem Laden noch mal kurz auf Toilette warst – was habe ich da gemacht?»
    Sie antwortete nicht; sie sah jetzt ziemlich irre aus, der Schweiß lief ihr über die Schläfen, sie schien sich auf den alles entscheidenden Schuss zu konzentrieren.
    «Ist mir scheißegal!», fauchte sie. Ihre Hand zitterte jetzt so, dass die Mündung mal hierhin, mal dorthin zeigte.
    «Ich habe deine Patronen herausgenommen», sagte Kuli ruhig.
    Aus Bettinas Mund kam ein wehleidiges Krächzen, sie ließ Waffe und Schultern sinken, am Ende sank sie zu Boden und fing hemmungslos an zu weinen. Kuli öffnete die Tür. Noch nie war er so froh gewesen, eine vertrocknete Selleriestange zu sehen.
    «Guten Tag, Frau Rudolph», sagte Kommissar Bernauer zur Begrüßung. Er sah aus wie immer, und er roch auch so. Kuli hätte ihn trotzdem küssen können.
    «Ich …», stammelte Bettina, dass sie Kuli fast schon wieder leidtat, so eingefallen und klein, wie sie da kauerte, auf Kulis Boden, in Kulis Wohnung, aus der er jetzt ausziehen musste, das war ihm vor ein paar Minuten klargeworden.
    «Frau Rudolph, ich mach’s kurz», sagte der Beamte, der irgendwie trotzdem verändert auf Kuli wirkte, straffer, würdevoller, so,
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