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Schlangenhaus - Thriller

Schlangenhaus - Thriller

Titel: Schlangenhaus - Thriller
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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die
Schlange untersucht, sie für vollkommen unversehrt befunden und dann freigelassen. Ich sah nach, wer das Tier gebracht hatte. Ein Mann aus meinem Dorf.
    In der Woche davor hatte ein Hundebesitzer eine Kreuzotter abgeliefert, die sein Hund während eines Spaziergangs gefangen und zerfleischt hatte. Die Schlange war tot gewesen. Ich überlegte, wie es wohl dem Hund ging. Jede Schlange wird sich wehren, wenn sie in die Enge getrieben wird. Der Hundebesitzer wohnte in meinem Dorf.
    Bei dem dritten Vorfall war kein Tier bei uns eingeliefert worden. Jemand hatte in heller Panik angerufen und gemeldet, in seiner Küche sei eine Kreuzotter. Craig war hingefahren, um nachzusehen, und hatte festgestellt, dass es sich um eine Schlingnatter handelte, äußerlich der Kreuzotter sehr ähnlich, aber völlig harmlos. Er hatte sie aus dem Haus gescheucht. In meinem Dorf.
    Das hatte nicht unbedingt etwas zu bedeuten. Letztes Jahr hatten wir einen langen, heißen Sommer gehabt; es war durchaus möglich, dass überdurchschnittlich viele Schlangen ausgebrütet worden waren. Und bis jetzt war der Frühling ungewöhnlich warm gewesen. Alle Schlangen dürften aus dem Winterschlaf erwacht und aktiv sein. Wahrscheinlich bestand kein Grund, sich Gedanken zu machen. Früher oder später würde das Gleichgewicht der Natur wiederhergestellt sein.
    Und genau das sagte ich mir – mehrere Male –, als ich nach Hause fuhr.

    Ich hatte vorgehabt, früh zu gehen, doch es war mal wieder so ein ganz besonderer Tag gewesen. Kaum hatten wir die Dachse versorgt, wurde ein junger Muntjak eingeliefert, der von einem Auto angefahren und schwer verletzt worden war. Als ich den Junghirsch wieder zusammengeflickt hatte, harrten drei verwaiste Fuchswelpen meiner Aufmerksamkeit. All meinen besten Absichten zum Trotz ging es auf sieben zu, als ich in meine Straße einbog.

    Menschen in meinem Vorgarten.
    Die kurze, schmale Straße macht eine Biegung, so dass man das Haus ganz hinten, mein Haus, erst sehen kann, wenn man praktisch davorsteht. Ich bog in meine Auffahrt ein und erblickte sie – einen auf der Türschwelle, zwei lungerten im Garten herum, und der Vierte lehnte über der Gartenmauer und plauderte mit meiner Nachbarin Sally, der Gemeindeschwester.
    Ich parkte den Wagen, rührte mich jedoch nicht von der Stelle, in der schwachen Hoffnung, dass sie bloß einen verstohlenen Blick auf mein Grundstück hatten werfen wollen und sich jetzt, nachdem ich aufgetaucht war, verdrücken würden. Ich musste mir nur Zeit lassen.
    Als ich aufschaute, warteten sie alle darauf, dass ich ausstieg, und überlegten, wieso ich so reglos dasaß. Ich kämpfte gegen die Versuchung an, zur Hintertür zu rennen, suchte meine Taschen zusammen, stieg aus und ging auf die Gruppe zu, wobei ich mich zwang, sie anzusehen und nicht auf den Boden zu starren. Der Älteste der vier – es waren alles Männer – kam mit ausgestreckter Hand auf mich zu. Er war groß und hatte dichtes weißes Haar. Ich schätzte ihn auf Ende fünfzig.
    »Miss Benning? Bitte entschuldigen Sie, aber wir hatten gehofft, dass Sie rechtzeitig zurückkommen. Ich bin Phillip Hopwood, vom The Elms, oben an der High Street. Daniel kennen Sie ja bestimmt.«
    Ich hatte keine Ahnung, wer Daniel war, doch dieser ergriff mit beiden Händen die meine. »Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie dankbar ich Ihnen bin«, stieß er hervor. Er war groß und dunkelhaarig, ein Mann mit freundlichem Gesicht, ungefähr Anfang dreißig. »Lynsey war den ganzen Tag völlig außer sich. Ich weiß wirklich nicht, was wir ohne Sie gemacht hätten.«
    »Da mag man gar nicht drüber nachdenken«, stimmte Mann Nummer drei zu, der jetzt hinter mir stand, woraufhin mir
der Gedanke kam – lächerlich, ich weiß, sie waren alle sehr freundlich –, dass ich hier absichtlich umzingelt wurde, dass ich wieder auf dem Spielplatz war. Ich drehte mich zu ihm um. Er war jung, aber fast vollkommen kahl. Dichte Bartstoppeln am Kinn. »Hast du eine Ahnung, wie das Vieh ins Schlafzimmer gekommen ist?«, fuhr er fort.
    Daniel schüttelte den Kopf und fuhr sich mit einer Hand durchs Haar. »Das weiß Gott allein«, meinte er. »Ein paar Fenster waren offen, aber … Wir haben uns gefragt, ob die Küken sie vielleicht angelockt haben. Schlangen mögen die doch, oder?«
    »Wie geht es der Kleinen?«, fragte ich und verblüffte mich selbst. Eigentlich hatte ich nicht vorgehabt, etwas zu sagen, bis es unvermeidlich wurde.
    »Oh, prima, absolut prima. Lynsey
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