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Schlangen im Paradies

Schlangen im Paradies

Titel: Schlangen im Paradies
Autoren: Mary Higgins Clark
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bevor er begann: «Na gut, am besten erzählst du mir jetzt mal alles der Reihe nach.»
    «Scott, ich hab keine Ahnung, was eigentlich los ist, aber eins weiß ich: Ich hätte Leila nicht auf die Weise töten können, wie man es mir einzureden versucht. Mir ist es gleich, wie viele Zeugen auf der Bildfläche erscheinen – etwas stimmt da nicht.»

    Er beugte sich vor, blickte Scott flehend an. «Erinnerst du dich an Mutters furchtbare Höhenangst, Scott?»
    «Dafür hatte sie auch allen Grund. Dein Vater, dieser Schuft …»
    Ted fiel ihm ins Wort. «Es widerte ihn an, als er bemerkte, daß sich bei mir die gleiche Phobie entwickelte. Ich war ungefähr acht, als er sie eines Tages auf die Terrasse des Penthauses kommandierte, von wo sie nach unten schauen sollte. Sie begann zu weinen und sagte: ‹Komm, Teddy›, und wir wollten hineingehen. Er packte sie, hob sie hoch und hielt sie über das Geländer. Das war achtunddreißig Stockwerke hoch. Sie schrie, bettelte. Ich krallte mich an ihm fest. Er hob sie erst zurück, als sie ohnmächtig wurde. Dann ließ er sie einfach zu Boden fallen und sagte zu mir: ‹Wenn ich dir je hier draußen auch nur die leiseste Angst anmerke, mach ich mit dir genau dasselbe.›»
    Ted schluckte und fuhr mit erstickter Stimme fort: «Dieser neue Augenzeuge sagt, ich hätte das mit Leila gemacht. Ich hab heute versucht, die Klippen in Point Sur runterzuklettern. Ich konnte es nicht! Ich konnte meine Beine nicht zwingen, bis zum Rand zu gehen.»
    «Unter Streß bringen Menschen ganz seltsame Dinge zuwe-ge.»
    «Nein. Nein. Falls ich Leila getötet habe, dann auf irgendeine andere Weise. Das weiß ich. Zu behaupten, ich könnte sie, betrunken oder nüchtern, über das Geländer halten … Syd schwört, ich hätte ihm erzählt, mein Vater habe Leila von der Terrasse gestoßen; vielleicht kannte er die alte Geschichte. Vielleicht belügen sie mich alle. Scott, ich muß mich daran erinnern, was in jener Nacht passiert ist.»
    Mitfühlend betrachtete ihn Scott, nahm die schlaff herabhängenden Schultern wahr, die unendliche Müdigkeit, die ihn zeichnete. Er war den ganzen Tag herumgelaufen, hatte sich zu zwingen versucht, am Rand einer Felsklippe zu stehen. Er wollte seine Höhenangst mit allen Mitteln überwinden, um die Wahrheit herauszufinden. «Hast du das erwähnt, als man dich wegen Leilas Tod zu verhören begann?»
    «Es hätte sich lächerlich angehört. Ich baue Hotels, bei denen wir den Leuten den Wunsch nach einer Terrasse einsuggerieren.
    Ich konnte es immer vermeiden, eine zu betreten, ohne eine Af-färe daraus zu machen.»
    Es wurde dunkel. Über Teds Wangen rannen Schweißperlen.
    Scott machte Licht. Ted hatte anscheinend keinen Blick für das behagliche Zimmer mit den vielen Polstermöbeln, Jeanies hand-gestickten Kissen, dem hochlehnigen Schaukelstuhl, dem Bü-
    cherregal aus Kiefernholz. Er saß in einer Falle, die ihm andere mit ihren Zeugenaussagen gestellt hatten, stand unmittelbar vor der Verurteilung zu zwanzig bis dreißig Jahren Gefängnis. Er hat recht, befand Scott. Für ihn gab es nur die eine Hoffnung, sich in jene Nacht zurückzuversetzen. «Bist du bereit zu einer Hypnose oder Pentothal?» fragte er.
    «Eins … beides … ist mir gleich.»
    Scott rief abermals im Krankenhaus an und verlangte John Whitley. «Gehen Sie eigentlich nie nach Hause?»
    «Gelegentlich schon. Ich bin jetzt gerade im Aufbruch.»
    «Daraus wird leider nichts, John. Wir haben noch einen Notfall.»

    10
    Craig und Bartlett gingen zusammen zum Speisesaal. Sie hatten die «Cocktail»-Stunde absichtlich übersprungen und sahen gerade noch die letzten Gäste auf der Veranda aufbrechen.
    «Mir gefällt das nicht», erklärte Bartlett. «Elizabeth Lange führt doch irgendwas Dubioses im Schilde, wenn sie uns um ein gemeinsames Dinner bittet. Ich kann Ihnen sagen, der Staatsanwalt wird wenig erbaut sein, wenn er hört, daß seine Kronzeugin mit der Gegenseite an einem Tisch sitzt.»
    «Seine ehemalige Kronzeugin», erinnerte ihn Craig.
    «Das ist und bleibt sie. Die Ross ist völlig übergeschnappt.
    Der andere ist ein kleiner Dieb. Ich hab nichts dagegen, die beiden ins Kreuzverhör zu nehmen.»
    Craig blieb stehen und packte ihn am Arm. «Meinen Sie damit, daß Ted trotz allem noch eine Chance hat?»
    «Natürlich nicht. Er ist schuldig. Und ein zu schlechter Lügner, um sich selber rauszuwinden.»
    Ein Plakat in der Halle kündigte einen Konzertabend für Flöte und Harfe an. Bartlett las die
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