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Schlaf in himmlischer Ruh

Schlaf in himmlischer Ruh

Titel: Schlaf in himmlischer Ruh
Autoren: Charlotte MacLeod
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sie hinwollten,
abschicken wollte. Ich weiß nicht, ob er wirklich dachte, er könnte das College
und Heidis reiche Verwandtschaft dazu bringen, imaginären Kidnappern ein
deftiges Lösegeld zu zahlen, oder ob er nur die Szenerie vorbereitete, um das
Mädchen umzubringen und einen Versenkungstrick vorzuführen. Dann hätte man ihn
für tot gehalten, und er hätte in Ruhe die Beute genießen können. Wissen Sie,
der Mann war absolut verdattert, als sie ihn verhaftet haben. Ich glaube nicht,
daß ihm je in den Kopf gekommen ist, daß er nicht die ganze Welt übertölpeln
kann.«
    »Mich jedenfalls hat er übertölpelt«,
murrte Porble. »Ich werde keinerlei Entschuldigungen vortragen, Herr Präsident.
Ich habe meine Pflicht vernachlässigt, und ich trete auf der Stelle zurück.«
    »Sie treten zurück, wenn ich es sage«,
donnerte Svenson.
    »Das ist weise, Thorkjeld«, stimmte
seine Frau zu. »Dr. Porble hat recht, sich auf die Arbeit zu konzentrieren, die
für das College am wichtigsten ist. Miss Marsh wird uns helfen, einige der
gestohlenen Bücher zurückzubekommen, und was den Rest betrifft — warum sollten
wir bedauern, etwas verloren zu haben, von dem wir nie wußten, daß wir es
hatten. Das Geld jedenfalls ist nicht verloren.«
    »Wieso?« verlangte der Präsident zu
wissen.
    »Es wird viel Publicity geben, wenn der
verruchte Dysart und seine junge Dirne vor Gericht kommen. Das wird unangenehm
für uns sein, aber wir werden nachhaltig für das Gute und das Rechte eintreten,
und du wirst für die Photographen würdig und majestätisch aussehen, und
nächstes Jahr werden viele Tausend Leute mehr zu unserer Lichterwoche kommen,
und so werden wir das Geld zurückgewinnen.«
    »In die eigene Grube gefallen!« stöhnte
Shandy.
    »Und Sie, Peter Shandy«, fuhr Sieglinde
unbeirrt fort, »werden die Damen vom Komitee Ihre Dekorationen aussuchen
lassen. Ihnen kann man nicht trauen. Thorkjeld, wir müssen gehen.«
    Professor Shandy schüttelte den Kopf.
»Ich kann nicht glauben, daß dieser Alptraum vorbei ist. Ich vermute, als
letzter, eh, Punkt der Tagesordnung muß einer von uns rübergehen und Adele
Dysart erklären, daß ihr Mann ihr ganzes Geld ausgegeben, zwei ihrer Nachbarn
umgebracht und dann versucht hat, mit einer studentischen Sexbombe zu fliehen.
Herr Präsident, Sie —«
    »Ich nicht! Ich habe Sie delegiert,
diesen Schlamassel zu bereinigen, Shandy, und bei Jesus, Sie sind immer noch
delegiert. Gehen Sie.«
    »Einen Moment, Dr. Svenson«, rief Helen
Marsh. »Wenn Sie glauben, daß Sie diesen unschuldigen Mann in dieses — dieses
Vampirnest schicken können —«
    »Das glaube ich.«
    »Dann«, seufzte sie, »muß ich wohl
mitgehen.«
    »Um mir den Hammer zu halten?« fragte
Shandy im Tone eines Mannes, der kein weiteres Zögern erträgt.
    »Ja, Peter«, antwortete sie, »um dir
den Hammer zu halten.«
    »Wovon zum Teufel reden die?« wollte
der Präsident wissen.
    »Kümmere dich nicht drum«, befahl ihm
Sieglinde. »Er weiß es, und sie weiß es. Du mußt es nicht wissen. Komm,
Thorkjeld, du mußt schon lange ins Bett.«
     
     
     

Nachwort
     
     
     
     
     
     
     
    W ie alle Kenner und Liebhaber schätzte
Bertolt Brecht den klassischen Detektivroman vor allem als Variationsgattung:
Er hat »ein Schema und zeigt seine Kraft in der Variation. Kein
Kriminalromanschreiber wird die leisesten Skrupel fühlen, wenn er seinen Mord
im Bibliothekszimmer eines lordlichen Landsitzes Vorgehen läßt, obwohl das
höchst unoriginell ist... Wer, zur Kenntnis nehmend, daß ein Zehntel aller
Morde in einem Pfarrhof passieren, ausruft: >Immer dasselbe<, der hat den
Kriminalroman nicht verstanden. Er könnte ebensogut im Theater schon beim
Aufgehen des Vorhanges ausrufen: >Immer dasselbe< Die Originalität liegt
in anderem. Die Tatsache, daß ein Charakteristikum des Kriminalromans in der
Variation mehr oder weniger festgelegter Elemente liegt, verleiht dem ganzen
Genre sogar das ästhetische Niveau. Es ist eines der Merkmale eines
kultivierten Literaturzweigs.«
    Neben den von Brecht hier genannten
»lordlichen Landsitzen« und den friedlichen Dörfern mit ihren »Pfarrhöfen« sind
es englische oder amerikanische Colleges, die als Schauplätze sinistrer
Verbrechen zu immer neuen Variationen reizen. Die Möglichkeiten, die diese
Elfenbeintürme der Wissenschaft bieten, sind aber auch gar zu verlockend,
zumal, bei der starken Verwurzelung des klassischen Detektivromans im
akademischen Bereich, Verfasser wie Leser das
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