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Schindlers Liste

Schindlers Liste

Titel: Schindlers Liste
Autoren: Thomas Keneally
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nicht hinderte, an der Vorbereitung des Überfalls auf Polen mitzuwirken, sie aber mit tiefer Verachtung für Himmler und dessen SS erfüllte, mit der sie, wie sie in ihrem Wahn glaubten, um Deutschlands Seele konkurrierten.
    Bei seinen Reisen nach Polen im Dienst der Abwehr zeigte Schindler sich jedenfalls sehr geschickt darin, Leute auszuholen, insbesondere bei gesellschaftlichen Anlässen. Was genau er über Gebauer an Canaris berichten konnte, und von welchem Wert dies war, wissen wir nicht, wir wissen aber, daß er eine Neigung für Krakau faßte, diese wunderhübsche Stadt mit den noch bescheidenen Industriebetrieben an ihren Rändern, den Textilfabriken, chemischen Fabriken, metallverarbeitenden Unternehmen.
    Was die nichtmotorisierte polnische Armee angeht, so waren deren Geheimnisse nur allzu bekannt.
    Kapitel 2
    Ende Oktober 1939 betraten zwei junge deutsche Unteroffiziere die Auslage der Firma J. C.
    Buchheister & Co. auf der Stradomstraße in Krakau und verlangten, je einen Ballen wertvolles Tuch zu kaufen. Den Einwand, Buchheister beliefere nur Kleiderfabriken und den Handel, ließen sie nicht gelten, und zahlen taten sie mit einer bayerischen Banknote von und deutschem Besatzungsgeld von 1914. Das sei gültiges Zahlungsmittel, belehrten sie den jüdischen Verkäufer mit dem blauen Davidstern auf der weißen Armbinde und gingen hinaus.
    Es waren gesund aussehende junge Männer, im Frühjahr und Sommer waren sie im Manöver gewesen, der Herbst hatte ihnen einen leichten Sieg beschert, und nun fanden sie sich in dieser schönen Stadt als Eroberer.
    Später am Tage erschien ein junger deutscher Buchhalter, den die wachsame Treuhand Ost zusammen mit einem anderen Deutschen zum Treuhänder für die Firma Buchheister bestimmt hatte. Der andere war ein ältlicher Mann ohne besonderen Ehrgeiz namens Sepp Aue, dieser hier jedoch ein junger Aufsteiger. Er prüfte Kassenbuch und Kasse und fischte die wertlosen Geldscheine heraus. Was denn das bedeute? wollte er wissen, woher dieses Theatergeld?
    Der jüdische Verkäufer berichtete. Der junge Deutsche beschuldigte ihn, selber das wertlose Geld eingelegt und Zloty entnommen zu haben. Anschließend ging er ins Büro zu Aue, schilderte den Vorfall und schlug vor, die deutsche Polizei zu benachrichtigen. Aue und der junge Mann wußten beide, daß dies zur Festnahme und Inhaftierung des jüdischen Verkäufers im SS-Gefängnis in der Montelupichstraße führen mußte. Der junge Mann meinte, das werde dem übrigen jüdischen Personal bei Buchheister als heilsame Lehre dienen. Das gefiel aber Aue nicht, der sich stets etwas beklommen fühlte, weil er, was niemand wußte, selber eine jüdische Großmutter hatte. Aue ließ daher den polnischen Juden Itzhak Stern holen, den Hauptbuchhalter, der mit Grippe daheim im Bett
    lag. Aue selber verstand von Buchhaltung wenig, er wollte die Angelegenheit durch Stern aus der Welt schaffen lassen. Gerade hatte er zu Stern nach Podgorze geschickt, als seine Sekretärin einen Herrn Schindler meldete, der eine Verabredung zu haben behaupte. Aue ging hinaus und sah sich einem hochgewachsenen jungen Mann gegenüber, der seelenruhig rauchte. Man hatte sich abends zuvor auf einer Gesellschaft kennengelernt; Schindler war in Begleitung einer Sudetendeutschen namens Ingrid gewesen, ihrerseits Treuhänderin einer Eisenwarenhandlung, wie Aue Treuhänder bei Buchheister war. Schindler und seine Ingrid waren ein ansehnliches Paar, offensichtlich verliebt ineinander, und Beziehungen zur Abwehr hatten sie auch.
    Schindler sagte, er sehe sich hier in Krakau nach einer Existenz um. Aue hatte Textilien vorgeschlagen. »Nicht bloß Uniformen. Der polnische Binnenmarkt kann jede Menge Textilien aufnehmen. Sehen Sie sich doch mal bei Buchheister um.« Diese in angeheitertem Zustand ausgesprochene Einladung bedauerte er jetzt sehr.
    Schindler merkte, daß Aue nicht wohl war bei seinem Besuch, und erbot sich, ein andermal wiederzukommen, doch Aue wollte davon nichts wissen und führte Schindler durchs Lager und die mechanische Weberei im Hof, wo goldfarbener Stoff von den Webstühlen kam.
    Schindler fragte, ob der Treuhänder Schwierigkeiten mit den Polen habe? Aue verneinte; die Polen seien durchaus arbeitswillig. Vielleicht noch etwas benommen. Aber schließlich sei dies hier keine Munitionsfabrik. Schindler sah so sehr nach einem Mann mit Beziehungen aus, daß Aue der Versuchung nicht widerstehen konnte, gleich mal nachzuhaken. Ob Herr Schindler jemand bei
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