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Schimmernder Rubin

Schimmernder Rubin

Titel: Schimmernder Rubin
Autoren: Ann Maxwell
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Er musterte ihr schimmerndes schwarzes Haar, nahm Kenntnis von dem weiten Männerhemd, das an einer Seite zusammengeknotet war, und ließ dann den Blick auf den Jeans ruhen, deren enger Sitz das Ergebnis zahlloser Wäschen war.
    Obgleich Laurel ihre Zeit nicht mit Anstrengungen vergeudete, Männerblicke auf sich zu ziehen, strahlte sie eine angeborene Sinnlichkeit aus, die wesentlich anziehender war als die der Blondinen, von denen es in Kalifornien nur so wimmelte.
    »Haben Sie Geburtstag?« fragte Tom.
    »Nein.«
    »Dann vielleicht irgendwann in dieser Woche?«
    »Nein.«
    Laurel lächelte zwar nett, aber allzu gesprächig war sie nicht.
    Tom akzeptierte seufzend, dass dieser Kontakt nicht anders verlief als alle vorhergehenden Begegnungen mit dieser Frau. Es ging ums Geschäft, sonst nichts. Er begann seine Papiere durchzublättern, bis er eines fand, auf dem die Unterschrift von Laurel Swann gefordert war.
    Laurel übte Langmut. Sie spürte, dass Tom wie andere Männer, die bisher ihren Lebensweg gekreuzt hatten, den beruflichen Kontakt ins Private ausdehnen wollte, aber sie war es so gewohnt, Männer auf Armeslänge von sich abzuhalten, dass sie kaum noch merkte, wenn sie es tat.
    Die Liebe, der Zorn, das Bedauern, die Wut, die Verzweiflung und schließlich die Scheidung ihrer Eltern hatten Laurel gezeigt, dass Diamanten für die Ewigkeit geschaffen waren, Beziehungen hingegen nicht.
    Und wenn sie nicht für die Ewigkeit waren, dann lohnten sich die unausweichlichen Schmerzen nicht.
    »Nun«, sagte Tom. »Dies muss Ihr Glückstag sein. Irgend jemand schickt Ihnen ein großes Geschenk.«
    Laurel grunzte, was weder Zustimmung noch Ablehnung verriet. Wie die meisten Juweliere empfing und verschickte sie ihre Arbeitsmaterialien ohne jedes Trara. Sie versteckte Gold und wertvolle Steine für jeden sichtbar unter schlichtem braunen Packpapier und gewöhnlichem Klebeband.
    Aber da sie gerade erst eine Ladung Gold von ihrem armenischen Händler in der Hill Street in Los Angeles erhalten hatte, erwartete sie im Augenblick nichts Besonderes.
    »Bitte sehr«, sagte Tom.
    Laurel nahm das Paket in beide Hände. Zehn Pfund. Vielleicht mehr. Bestimmt nicht viel weniger.
    »Brauchen Sie vielleicht Hilfe?« fragte Tom.
    »Nein, danke. Ich habe es meistens mit noch schwereren Sachen zu tun.«
    Laurel sah auf die Beschriftung und hoffte, das Paket wäre nicht von einem ihrer Kunden in Seattle oder San Francisco, der nicht verkaufte Waren zurückschickte. Das passierte einem als freiberufliche Designerin und Juwelierin immer wieder einmal, selbst wenn man sowohl einen guten Ruf als auch einen festen Kundenstamm besaß.
    Auf dem Begleitschein stand kein Absender.
    »Verdammt«, murmelte Laurel. »Ich hoffe, dass keiner den Inhalt zurückhaben will.«
    »Warum?«
    »Weil kein Absender draufsteht. Können Sie mir sagen, woher das Paket kam?«
    Tom beugte sich eifrig vor, froh über einen Grund, das Gespräch in die Länge zu ziehen. Er inspizierte den Begleitschein, sah, dass Laurel recht hatte und brummte etwas von dem Dilemma mit Teilzeitkräften für Vollzeitstellen.
    »Warten Sie eine Sekunde«, sagte er dann.
    Er ging zu seinem Lieferwagen, nahm einen Scanner vom Armaturenbrett und wedelte damit über den Strichcode-Aufkleber, der in einer Ecke des Pakets angebracht war. »Häh?«
    »Stimmt was nicht?«
    »Der Begleitschein ist aus dem Inland, aber der Strichcode gibt mir eine internationale Wegnummer an, als käme die Sendung aus Übersee. Wen kennen Sie in Tokio?«
    »Niemanden.«
    Die Antwort kam automatisch und war vielleicht nicht wahr. Der letzte Brief ihres Vaters war aus Tokio gekommen, aber Laurel sprach mit niemandem über Jamie Swann.
    Das lag zum Teil an ihrer natürlichen Verschwiegenheit, aber vor allem rührte es daher, dass Laurel bereits als Kind eingebleut worden war, dass niemand - noch nicht einmal ihre Mutter - wissen sollte, wo sich Jamie Swann gerade aufhielt. Wenn jemand nach ihrem Vater gefragt hatte, hatte man stets ausweichende Antworten gegeben, die Fragen ignoriert oder mit Lügen darauf reagiert, und falls der Fragesteller zu aufdringlich wurde, hatte ihre Mutter eine geheime Telephonnummer gewählt.
    Abrupt hatten die Fragen dann aufgehört.
    »Es muss über einen Zollmakler gekommen sein«, sagte der Fahrer nachdenklich. »Auf jeden Fall kam es gestern vom internationalen Flughafen in Los Angeles.«
    Laurel durchkämmte ihr Hirn nach einer internationalen Sendung, die sie vergessen haben
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