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Schiffbruch und Glücksfall

Schiffbruch und Glücksfall

Titel: Schiffbruch und Glücksfall
Autoren: Andrea Schacht
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greifen?
    »Ist es das, was ich vermute, Xavier?«
    »Ist ein Liebeszauber, klappt fast immer.«
    »O Sch…«
    Sie ergriff die Haarnesteln, warf sie auf den feuchten Boden und schob mit dem Fuß Sand darüber. Der Alte lachte keckernd.
    »Zu spät, hat schon gewirkt.«
    »Wenn ich den erwische, der das gemacht hat …«,fauchte Kelda. Und dann lachte sie plötzlich. »Verdammt, jetzt hätte ich fast selbst dran geglaubt.«
    »Sollten Sie, sollten Sie!«
    Ewas ruckte an der Angel, und Xavier wendete seine Aufmerksamkeit von Kelda ab. Eine Weile beobachtete sie, wie er vorsichtig die Angelleine einholte, dann stapfte sie zur Düne zurück.
    Jemand verriet Matt ständig, wo sie zu finden war, und jemand bastelte blödsinnige Zauberringe. Das musste ein Ende haben.
    Auf dem Rückweg überlegte sie, wer das wohl war. Es musste jemand sein, der wusste, wohin sie ging, und der Zutritt zu ihrem Zimmer hatte. Marie-Claude und Paulette waren es sicher nicht. Blieben die Putzfrau, die morgens vorbeikam, und die beiden Serviererinnen. Matt sprach so gut wie kein Französisch, die Putzfrau keine Silbe Deutsch. Aber Nati, die oft mittags bediente, verstand es recht gut.
    Am
Marée bleue
angekommen, brachte Kelda die neuen Teller in die Küche und berichtete Marie-Claude von ihren Überlegungen. Die rief Nati zu sich und unterzog sie einer ziemlich barschen Befragung, bei der herauskam, dass Matt tatsächlich ein paar Mal nach Kelda gefragt hatte.
    »Er hat mir so leidgetan«, schnupfte die pummelige Servierkraft. »Er ist so ein charmanter Mann. Und Sie sind so kalt zu ihm, Madame!«
    Marie-Claude knurrte. »Du hast dir darüber kein Urteil anzumaßen, Nati. Und schon gar nicht hast du Haarringe in Madames Bett zu stecken.«
    Auf diese Anschuldigung aber reagierte Nati mit so viel Empörung, dass Kelda Zweifel hegte, ob sie diesen Unfug wirklich zu verantworten hatte.
    »Ist gut. Es hat ja keinen Schaden angerichtet«, murmelte sie schließlich und band sich die Schürze um, um die ersten Bestellungen aufzunehmen.
    Die Betriebsamkeit lenkte sie vom Grübeln ab. Dann flaute der mittägliche Gästestrom ab, und nur die vier Veteranen saßen noch wie üblich bei ihrem Cidre und flirteten mit ihr und Paulette.

Geständnis
    Simon war gegen Mittag bei Yves vorbeigefahren und hatte ihm zwei Kisten Bücher mitgebracht, die noch in der Remise der Villa gestanden hatten. Xavier war dabei, seinen Fang auf einem Grill zu rösten, und lud ihn ein, von dem gebratenen Fisch zu essen. Sie setzten sich mit ihrem Mahl auf die Campingstühle hinter dem roten Doppeldeckerbus. Simon erzählte dabei den beiden Männern davon, dass er das Haus seines Großvaters gefunden hatte. Xavier betrachtete ihn mit stummem Nicken.
    »Hab das Haus ein paar Mal besucht. Als es noch der Witwe gehörte. War noch klein, vielleicht vier oder fünf Jahre.« Er schob die Kappe nach hinten und kratzte sich den Kopf. »Fand es damals unangenehm.«
    »Wieso?«
    »Es hatte einen Bewohner. War das erste Mal, dass ich einen gesehen habe. Hat mich erschreckt.«
    »Was für einen Bewohner? Einen Geist?«
    »Nein, nein. Einer der Alten. Ich bin später nie wieder da hingegangen. Blöd eigentlich. Die Bar war ziemlich beliebt.«
    »Deswegen bist du also nicht mitgekommen, als wir es entrümpelt haben«, sagte Yves. »Hab mich damals gewundert.«
    Behäbig nickte Xavier. »Ja, blöd.« Er sah wieder sinnend in die Ferne. Dann raffte er sich auf. »Fahren wir mal rüber. Ich muss was prüfen.«
    »Was?«
    Xavier grinste plötzlich. »Ich hab da so eine Idee. Aber ich brauch noch was.«
    Er stand auf und strebte zu dem Stand mit den Glaswaren.
    »Ist schon ein Ding, dass ausgerechnet das
Marée bleue
mal deinem Grandpère gehört hat«, meinte Yves und erhob sich, um die Teller zusammenzustellen. »Egal, was Xavier sagt, ich fand es immer ein gutes Haus.«
    Simon lächelte. »Es hat seine Geschichte. Manchmal dachte ich, dass hier und da etwas Bosheit darin lauerte. Aber im Großen und Ganzen ist es okay. Gastfreundlich.«
    Yves nickte.
    »Mein Großvater, Luc, hatte auch immer gerne Gäste um sich. Es hätte ihm gefallen, was aus dem Haus geworden ist.«
    »Paulette und Marie-Claude führen es gut. Und du hast es in Ordnung gebracht.«
    Diesmal nickte Simon. Manches, so ging ihm eben auf, sollte wohl so sein. Er war an diesen Ort gekommen, nach langer, geradezu zwanghafter Suche, und als er sie schließlich aufgegeben hatte, war ihm die Lösung fast in den Schoß gefallen.
    Kelda
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