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Schiffbruch und Glücksfall

Schiffbruch und Glücksfall

Titel: Schiffbruch und Glücksfall
Autoren: Andrea Schacht
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Urlaub gemacht wie mit ihm zusammen. Anfangs machte ihr diese Lagerfeuerromantik Spaß. Dann verlor es sich ein wenig, und als sie darum bat, endlich einmal mehr von einem Land zu erkunden als nur den Strand, stieß sie bei Matt auf Unverständnis. Nach langen Diskussionen hatten sie sich für diesen Sommerurlaub darauf geeinigt, einen zivilisierten Küstenabschnitt aufzusuchen, und Kelda hatte die
Côte des Naufrages
durchgesetzt, um mit der Reise einen Besuch bei ihrer Freundin Marie-Claude zu verbinden.
    In ihrem Auslandsjahr, das sie während ihres Studiums in Nantes verbracht hatte, war Kelda ihr begegnet. Marie-Claude war ein paar Jahre älter und Köchin in einem Restaurant, aber sie freundeten sich an. Die Freundin weckte in ihr die Sehnsucht danach, die Bretagne besser kennenzulernen. Beide Frauen blieben über all die Jahre in Kontakt, und als Marie-Claude vor einigen Jahren zurück in ihren Heimatort zog, um das Resto ihrer Eltern zu übernehmen, sprach sie die Einladung aus, Kelda könne sie jederzeit besuchen.
    Kelda und Matt waren auch gleich bei ihrem Eintreffen vor vier Tagen zu ihr gefahren, und sie beide hatten einglückliches Wiedersehen gefeiert. Marie-Claude war inzwischen mit dem Kapitän eines großen Frachters verheiratet, der nur alle zwei Monate nach Hause kam, aber das schien ihr nichts auszumachen. Ihr Vater war verstorben, ihre Mutter Paulette zu ihrer Schwester nach Brignogan gezogen, half aber wenn nötig noch immer in der Crêperie mit aus. Das Restaurant lag ganz in der Nähe eines bretonischen Museumsdorfes Meneham, ein pittoreskes Feldsteinhaus mit allerlei Anbauten und einer wunderschönen Terrasse, auf der die Gäste einen herrlichen Blick über den Strand mit seinen bizarren Felsen und dem weißen Leuchtturm hatten.
    Marie-Claude musste irgendwas an Keldas Schilderung des Wohnmobils und des nicht ganz legalen Stellplatzes in den Dünen gespürt haben, sie brachte ziemlich schnell das Gespräch auf das kleine Ferienhaus von Yves Kerjean, das noch immer leer stand und zu dem sie den Schlüssel verwaltete, sollte einer ihrer Gäste den Wunsch äußern, es zu mieten.
    Daran hatte Kelda sich erinnert, als sie mit weichen Knien nach dem fatalen Segeltörn zum Wohnmobil schwankte. Bezogen auf ihre jetzige Lage wäre das Gefährt allerdings doch etwas gemütlicher.
    Nicht jedoch in Bezug auf die Gesellschaft.
    L’Ankou verschonte sie wenigstens mit dem Gerede über fantastische sportliche Leistungen, die bei Matt mit zunehmendem Cidre- oder Bierkonsum immer großartiger wurden, bis man glauben musste, dass er auf dem Kamm eines Tsunami surfen konnte. Mit ihrem jetzigen Begleiter brauchte Kelda auch nicht darüber zu streiten, dass es für einen Mann über dreißig vielleicht doch allmählich Zeit wurde, das Studium zu beenden. Matt fand nämlich immer wieder neue Ausreden, noch ein Semester zu verschlampern, noch einen weiteren Job als Sportanimateuranzunehmen, noch ein paar Wochen irgendwo in einem Surfparadies zu verbringen.
    Ihr Unmut darüber war schon seit geraumer Zeit mehr und mehr gewachsen, aber Matt konnte leider überaus charmant und überzeugend sein, und so hatte sie ihm für diesen Urlaub noch mal eine Chance gegeben.
    Matt hatte sie verspielt.
    Wenn man sie morgen früh aus diesem Keller befreit hatte, würde sie sich ein Bahnticket kaufen und nach Hause fahren.
    Mit diesem Gedanken schlief Kelda unter dem hohläugigen Blick von Monsieur L’Ankou ein und träumte vom Schiffbruch.

Unerwartetes Wiedersehen
    »Okay, okay, ich komme mit.«
    Simon warf einen Blick auf die aufgeschlagene Mauer, hinter der sich eine der sanierungsbedürftigen Wasserleitungen befand. Der Installateur, der sich darum kümmern sollte, hatte ihn im Stich gelassen. Ärgerlich. Dafür stand der Dachdecker vor der Tür, für den es derzeit aber nichts zu tun gab. Und dann wollte Yves auch noch, dass er sich um das Ferienhaus kümmerte, für das er gegen alle Erwartungen noch einen Mieter gefunden hatte.
    Er gab den Handwerkern ein paar Anweisungen und stieg in seinen Wagen, dessen dunkelgrauer Lack unter einer Schicht aus Salz, Sand und Baustellenstaub fast verschwand. Solche Äußerlichkeiten hingegen kümmerten ihn wenig. Während er auf die Landstraße Richtung Kerlouan fuhr, rief er den Glaser an, wimmelte den Verwalter der Villa ab, gab seiner Sekretärin in Saint Pol Daten für ein neues Angebot durch, und als sein Blick auf die zigeunerhafte Ansammlung von Zelten, einem Wohnmobil, Surfbrettern
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