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Schicksal in seiner Hand

Titel: Schicksal in seiner Hand
Autoren: Dr. Thomas Bruckner
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Sie sich hin«, sagte Bruckner und nickte ihr anerkennend zu.
    Mit unsicheren Schritten verließ die junge Ärztin den OP.
    »Wieviel Blut hat sie gespendet?«
    »Etwas über eineinhalb Liter.«
    »Sind Sie wahnsinnig geworden, Kollege Rademacher?«
    »Was wollen Sie?« gab der Narkosearzt mit leisem Seufzen zurück. »Diese wunderbare Person hat einfach nicht lockergelassen, bis ich weitermachte. Und … es war auch die einzige Möglichkeit, den Puls wieder zu normalisieren.« Zärtlich sah er zur Tür. »Sie ist wirklich ein ganzer Kerl!«
    Dr. Bruckner lächelte und legte den Nadelhalter aus der Hand. Er faßte nach dem Puls des Patienten. Deutlich konnte er die raschen Schläge fühlen.
    Yvonne machte einen Schritt auf ihn zu. Ihre Blicke trafen sich.
    Thomas Bruckner deutete eine Verbeugung an und ging dann wortlos zur Tür. Es sah aus, als wollte ihm Frau Bergmann folgen. Aber sie schaffte es nicht mehr. Hilfesuchend griffen ihre Hände ins Leere.
    Schwester Angelika fing die Ohnmächtige auf. Mit Hilfe von Dr. Bruckner legte sie Yvonne Bergmann auf eine Trage.
    »Sie hat auch zuviel Blut gespendet … wo die gnädige Frau doch selbst so zart und zerbrechlich ist«, sagte die Schwester bedauernd, als sie die Bahre hinausschob.
    Mit verbissenem Gesicht schaute sich Dr. Wagner um. Er war allein im OP zurückgeblieben. Niemand hatte es bemerkt. Niemand hatte mehr von ihm Notiz genommen.

16
    Tagelang schwebte Professor Robert Bergmann zwischen Leben und Tod. Yvonne wich kaum von seiner Seite. Sie versorgte ihn selbst, flößte ihm die Medikamente ein und umgab ihn mit ihrer Liebe.
    Am vierten Tag nach der Operation erlangte der Professor wieder das Bewußtsein. Er schlug die Augen auf und schaute sich erstaunt im Zimmer um. Dann fiel sein Blick auf Yvonne. Zärtlich streichelte sie seine abgemagerte Hand.
    Von diesem Tag an ging es mit dem ›alten Löwen‹ wieder bergauf – langsam zwar, aber stetig. Eine Woche nach dem Eingriff nahm er schon wieder breiige Nahrung zu sich. Dr. Bruckner hatte es gestattet, und Yvonne hielt sich streng an seine Vorschriften.
    Inzwischen waren fast drei Wochen seit der Operation vergangen. Bergmann saß in einem bequemen Sessel am Fenster, als Dr. Bruckner zur Visite kam. Zum ersten Mal war der Chef mit seinem Lebensretter allein. Nur schwer hatte er Yvonne dazu bewegen können, nach Hause zu fahren und sich einmal wieder gründlich auszuruhen.
    »Ich freue mich, Sie zu sehen, Kollege Bruckner«, sagte der Professor und wies einladend auf einen Stuhl in seiner Nähe. »Bitte, nehmen Sie doch einen Augenblick Platz.«
    Thomas Bruckner setzte sich seinem Chef gegenüber und sah ihn erwartungsvoll an. Erfreut stellte er fest, daß sich Professor Bergmann wieder recht gut erholt hatte. Er sah bereits besser aus als vor dem schweren Eingriff.
    »Ich habe mich noch gar nicht für die Operation bedankt«, sagte der ›alte Löwe‹ nach einer Weile. »Sie haben da ein … ein wahres Wunder vollbracht.«
    »Ich habe nur meine Pflicht getan«, wehrte Bruckner bescheiden ab.
    »Ehre, wem Ehre gebührt, Herr Kollege! Sie haben mir das Leben gerettet. Nein … sagen Sie jetzt nichts! Bei meinem Befund hilft Glück verdammt wenig. Da entscheidet allein das Können. Aber … ich verdanke es in der Tat einer gütigen Laune des Schicksals, daß ich von Ihnen operiert wurde … daß der Oberarzt in jener verhängnisvollen Nacht nicht rechtzeitig greifbar war und … meine Frau so geistesgegenwärtig reagiert hat.«
    »Ich bin überzeugt, Dr. Wagner hätte den Eingriff ebensogut durchgeführt.«
    »Ich nicht!« grollte der ›alte Löwe‹ wie in früheren Tagen. »Was Sie geleistet haben, hätte er nicht fertiggebracht. Wagner ist sicherlich kein schlechter Operateur, nur – es fehlt ihm manchmal an der gebotenen Sorgfalt und vor allem an Geduld. Er muß noch viel lernen. Wenn ihn nur sein verflixter Ehrgeiz nicht so treiben würde!«
    Professor Bergmann lehnte sich zurück und schwieg eine Weile.
    Er hielt die Augen halb geschlossen.
    »Ich will die Wahrheit wissen, Kollege Bruckner«, fuhr er schließlich leise fort. »Und zwar die ganze Wahrheit, schonungslos. Ich kann sie ertragen. Ich hatte ja ohnedies schon abgeschlossen mit dem Leben. Schauen Sie, ich muß ja disponieren können …«
    »Herr Professor, ich kann Ihnen versichern …«
    »Bitte«, wehrte Bergmann ab, »ich muß Ihnen zuvor noch etwas sagen. Die erste Wahrheit habe ich mir erschlichen. Ich bin nach München
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