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Max und Moritz - Eine Bubengeschichte in sieben Streichen

Max und Moritz - Eine Bubengeschichte in sieben Streichen

Titel: Max und Moritz - Eine Bubengeschichte in sieben Streichen
Autoren: Wilhelm Busch
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Zweiter Streich
    Als die gute Witwe Bolte
    Sich von ihrem Schmerz erholte,
    Dachte sie so hin und her,
    Daß es wohl das beste wär',
    Die Verstorb'nen, die hienieden
    Schon so frühe abgeschieden,
    Ganz im stillen und in Ehren
    Gut gebraten zu verzehren. –
    – Freilich war die Trauer groß,
    Als sie nun so nackt und bloß
    Abgerupft am Herde lagen,
    Sie, die einst in schönen Tagen
    Bald im Hofe, bald im Garten
    Lebensfroh im Sande scharrten. –

    Ach, Frau Bolte weint aufs neu,
    Und der Spitz steht auch dabei.
    Max und Moritz rochen dieses;
    »Schnell aufs Dach gekrochen!« hieß es.

[351]
    Durch den Schornstein mit Vergnügen
    Sehen sie die Hühner liegen,
     
    Die schon ohne Kopf und Gurgeln
    Lieblich in der Pfanne schmurgeln. –

    Eben geht mit einem Teller
     
    Witwe Bolte in den Keller,

    Daß sie von dem Sauerkohle
    Eine Portion sich hole,
    Wofür sie besonders schwärmt,
    Wenn er wieder aufgewärmt. –
     
    – Unterdessen auf dem Dache
    Ist man tätig bei der Sache.
    Max hat schon mit Vorbedacht
    Eine Angel mitgebracht. –
     
[352]
    Schnupdiwup! da wird nach oben
    Schon ein Huhn heraufgehoben.
[353]
    Schnupdiwup! jetzt Numro zwei;
    Schnupdiwup! jetzt Numro drei;
    Und jetzt kommt noch Numro vier:
    Schnupdiwup! dich haben wir!! –
    – Zwar der Spitz sah es genau,
    Und er bellt: Rauwau! Rawau!

    Aber schon sind sie ganz munter
    Fort und von dem Dach herunter. –
     
    – Na! Das wird Spektakel geben,
    Denn Frau Bolte kommt soeben;
    Angewurzelt stand sie da,
    Als sie nach der Pfanne sah.

    Alle Hühner waren fort –
    »Spitz!!« – das war ihr erstes Wort. –

[354]
    »Oh, du Spitz, du Ungetüm!! –
     
    Aber wart! ich komme ihm!!!«

    Mit dem Löffel, groß und schwer,
    Geht es über Spitzen her;
     
    Laut ertönt sein Wehgeschrei,
    Denn er fühlt sich schuldenfrei. –

    – Max und Moritz, im Verstecke,
    Schnarchen aber an der Hecke,
     
    Und vom ganzen Hühnerschmaus
    Guckt nur noch ein Bein heraus. –
     
    Dieses war der zweite Streich,
    Doch der dritte folgt sogleich.
     
[355]

Dritter Streich
    Jedermann im Dorfe kannte
    Einen, der sich Böck benannte. –

    – Alltagsröcke, Sonntagsröcke,
    Lange Hosen, spitze Fräcke,
    Westen mit bequemen Taschen,
    Warme Mäntel und Gamaschen –
    Alle diese Kleidungssachen
    Wußte Schneider Böck zu machen. –
    – Oder wäre was zu flicken,
    Abzuschneiden, anzustücken,
    Oder gar ein Knopf der Hose
    Abgerissen oder lose –
    Wie und wo und was es sei,
    Hinten, vorne, einerlei –
    Alles macht der Meister Böck,
    Denn das ist sein Lebenszweck. –
    – Drum so hat in der Gemeinde
    Jedermann ihn gern zum Freunde. –
    – Aber Max und Moritz dachten,
    Wie sie ihn verdrießlich machten. –

[356]
    Nämlich vor des Meisters Hause
    Floß ein Wasser mit Gebrause.
    Übers Wasser führt ein Steg
    Und darüber geht der Weg. –

    Max und Moritz, gar nicht träge,
    Sägen heimlich mit der Säge,
    Ritzeratze! voller Tücke,
    In die Brücke eine Lücke. –
     
    Als nun diese Tat vorbei,
    Hört man plötzlich ein Geschrei:

[357]
    »He, heraus! du Ziegen-Böck!
    Schneider, Schneider, meck, meck, meck!!« –
    – Alles konnte Böck ertragen,
    Ohne nur ein Wort zu sagen;
    Aber wenn er dies erfuhr,
    Ging's ihm wider die Natur. –

    Schnelle springt er mit der Elle
    Über seines Hauses Schwelle,
    Denn schon wieder ihm zum Schreck
    Tönt ein lautes: »Meck, meck, meck!!«

[358]
    Und schon ist er auf der Brücke,
    Kracks! die Brücke bricht in Stücke;

    Wieder tönt es: »Meck, meck, meck!«
    Plumps! da ist der Schneider weg!

[359]
    Grad als dieses vorgekommen,
    Kommt ein Gänsepaar geschwommen,
    Welches Böck in Todeshast
    Krampfhaft bei den Beinen faßt.

    Beide Gänse in der Hand,
    Flattert er auf trocknes Land. –

[360]
    Übrigens bei alledem
    Ist so etwas nicht bequem;

    Wie denn Böck von der Geschichte
    Auch das Magendrücken kriegte.
     
[361]
    Hoch ist hier Frau Böck zu preisen!
    Denn ein heißes Bügeleisen,
     
    Auf den kalten Leib gebracht,
    Hat es wieder gut gemacht. –

    – Bald im Dorf hinauf, hinunter,
    Hieß es: Böck ist wieder munter!! –
     
    Dieses war der dritte Streich,
    Doch der vierte folgt sogleich.
     
[362]

Vierter Streich
    Also lautet ein Beschluß:
    Daß der Mensch was lernen muß. –
    – Nicht allein das A-B-C
    Bringt den Menschen in die Höh';
    Nicht allein im Schreiben, Lesen
    Übt sich ein vernünftig Wesen;
    Nicht allein in Rechnungssachen
    Soll der Mensch sich Mühe machen;
    Sondern auch der Weisheit
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