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Schicksal aus zweiter Hand

Schicksal aus zweiter Hand

Titel: Schicksal aus zweiter Hand
Autoren: Heinz G. Konsalik
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– – er dachte nur an sich!
    Zum erstenmal! Er verriet seine Tochter.
    Über die Terrasse lief Rita auf ihn zu. So, wie sie aus dem Meer kam, triefend und Salzwasser um sich spritzend, faßte sie seinen Arm und zog ihn zu sich herum.
    »Paps, ich habe einen Thunfisch gesehen!« rief sie und schüttelte die nassen blonden Locken. »Draußen, in der Bucht. Er sah wundervoll aus … Seine Schuppen glänzten wie Silber.«
    Er nickte. »Komm«, sagte er stockend. »Ich habe mit dir zu sprechen. Wir werden Ischia verlassen.«
    »Wir fahren zurück? Nach Düsseldorf? Nach Bonn?«
    Sie jubelte, fiel ihm um den Hals und küßte ihn. Er ließ es geschehen und schwieg. Sie denkt an Fred, durchfuhr es ihn schmerzhaft. Werde ich diesen letzten Kampf gewinnen?
    Er glaubte es nicht mehr.
    Gegen alles hatte er gekämpft … nur noch nicht gegen die Liebe.
    Sie war ein Gegner, vor dem Gerholdt wehrlos war – – –
    An diesem Tag sprach er mit Rita nicht mehr über seine Absichten und über die Reise nach Liberia. Dr. Schwab rief noch einmal von Düsseldorf aus an, nachdem er den ersten Schock der Verblüffung überwunden hatte.
    »Sie müssen unbedingt noch einmal nach hier kommen«, sagte er eindringlich. »Es sind Verträge zu unterschreiben und neue Geschäftsverbindungen durchzusprechen, die von großer Wichtigkeit sind. Wenn Sie für zwei oder gar drei Jahre von den Werken fern sind, muß hier doch alles bis ins Kleinste geregelt werden?!«
    Frank Gerholdt hob resignierend die Schultern. »Was soll es denn geben, was Sie nicht allein entscheiden können?«
    »Südamerikanische Staatsaufträge, um nur einen Fall zu nennen. Dann die Einrichtung der neuen elektrischen Schmelz- und Veredelungsöfen, der Ankauf von einigen tausend Tonnen Schwedenstahl …«
    Gerholdt nickte.
    »Ich komme.«
    »Wann?«
    »Morgen. Ich fliege von Rom.«
    »Ich danke Ihnen sehr, Herr Gerholdt«, sagte Dr. Schwab erlöst. –
    Fast zu der gleichen Stunde, in der dieses kurze Telefongespräch zwischen Ischia und Düsseldorf geführt wurde, geschah einer der rätselhaften Zufälle, die ein ganzes Leben verändern, die sogar imstande sind, das Rad des Geschickes zurückzudrehen und dem ungläubigsten Menschen eine Ahnung geben, daß es doch einen Höheren gibt, der alles überblickt und alles leitet.
    Kriminalrat Dr. Werner saß in seinem neuen Büro am Fenster, rauchte eine seiner guten Zigarren und las.
    Er las, entgegen seiner Art, allem Technischen den Rücken zu kehren, weil er ein Schöngeist war und sich mehr für Literatur als für Tabellen und Wirtschaftsberichte interessierte, ein technisches Magazin. Es war die ›Monatsschrift für Aufbau und Fortschritt‹, ein Luxusheft, gedruckt auf bestem Kunstdruckpapier und geschaffen für die Kreise, deren Hauptaufgabe das Abschneiden von Coupons ihrer Aktien ist.
    Und in dieser ›Monatsschrift für Aufbau und Fortschritt‹, auf der Seite vierundzwanzig, war auf dem Kunstdruckpapier ein Mann abgebildet. Es war eine seltene Aufnahme. Und sie war auch entstanden ohne Einwilligung des Abgebildeten, der es immer ablehnte, fotografiert zu werden. Es war eine heimliche Aufnahme, mit einer versteckten Kamera gemacht, die jetzt vergrößert und bestens reproduziert eine ganze Seite des Magazins ausfüllte.
    Der rheinische Stahlindustrielle Frank Gerholdt.
    Kriminalrat Dr. Werner fiel die Zigarre aus der Hand. Er hob sie nicht auf, er merkte überhaupt nicht, daß sie ihm entglitten war … er starrte auf das Bild und preßte die rechte Hand auf das Herz.
    Nur keinen Schlag bekommen, dachte er erschrocken. Mein Gott – laß mich diese Stunde überleben! Setze nicht aus, Herz – – – bitte, bitte schlage weiter!
    Frank Gerholdt – – –
    Er saß ihm gegenüber … er erkannte die harten Augen, den schmalen, immer verkniffenen Mund, den schmalen Kopf, den jetzt weiße Haare umrahmten.
    Mit zitternden Händen holte er das alte Aktenstück aus der Schublade seines Schreibtisches und schlug sie auf. Damals hatte ihm das Arbeitsamt in Hamburg ein Foto zur Verfügung gestellt, aus ihrer Kartei, ein blasses und schlechtes Paßfoto, aufgenommen in den automatischen Bildkabinen, in denen man nach Einwurf einer Mark dreimal fotografiert wurde und gleich auf die Bilder warten konnte. Sie fielen aus einem Schlitz wie eine Zigarettenpackung und rochen beißend nach Salmiak.
    Dr. Werner verglich die Abbildungen.
    Kein Zweifel … er war es! Um ganz sicher zu gehen, nahm er einen Bleistift und übermalte die
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