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Scherbenhaufen

Scherbenhaufen

Titel: Scherbenhaufen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Niklaus und Eva von der Polizei nach Thun begleiten lassen.
    »Was machst du für Sachen, Evchen? Komm, die Welt ist groß«, tröstet Martha Rechberger ihre Tochter.
    Eva Rechberger kauert wie ein Häufchen Elend auf dem Stuhl im Korridor der Kantonspolizei, während Hauptmann Anton Geissbühler hinter verschlossenen Türen Niklaus Weihermann befragt.
    Zusammen mit Frau Rechberger, ihrer Tochter und Niklaus’ Vater warte ich darauf, dass jemand Licht in die Ereignisse der letzten Tage bringt.
    Eva scheint untröstlich. Die Beschwichtigungen ihrer Mutter verhallen wirkungslos. Robert Weihermann starrt Löcher in die Wand. Ich überlege mir die ganze Zeit, wer hier eigentlich mit welchen Anschuldigungen konfrontiert wird.
    Eines steht fest: Niklaus Weihemann hält zurzeit die schlechtesten Karten in Händen. Einerseits wird er nach wie vor von der Museumsdirektorin beschuldigt, den Krug zerbrochen zu haben. Andererseits, und das ist weit gravierender, dürfte er bei der Polizei als Hauptverdächtiger im Mordfall Füssli gelten. Es sollte mich nicht wundern, würde ihm nun zusätzlich die Entführung von Eva Rechberger zur Last gelegt. Jedenfalls scheint der junge Töpfer für die Rolle des schwarzen Schafs prädestiniert zu sein.
    Martha Rechberger schätze ich in erster Linie als Verteidigerin der Unschuld ihrer Tochter ein. Evas Rolle bleibt weiterhin nebulös. Die Gymnasiastin scheint gleichzeitig das Opfer eines Übergriffs, die Zeugin eines Schadenereignisses und die Komplizin eines mutmaßlichen Mörders zu sein. Mit Robert Weihermann ist mein ursprünglicher Auftraggeber und Niklaus’ Beschützer zugegen. Dass ich in diesem kriminellen Durcheinander von Hauptmann Geissbühler als externer Berater hinzugezogen werde, ehrt mich und wird zum Jahresende die Bilanz der Detektei aufbessern, und zwar unabhängig vom Erfolg.
    Die Tür des Sitzungszimmers wird geöffnet und zwei uniformierte Beame begleiten den kreidebleichen Niklaus Weihermann heraus. Ich beobachte, wie er seiner Eva einen verzweifelten Blick zuwirft. Offensichtlich verbleibt der Mann in Untersuchungshaft. Allerdings vermute ich, dass sich Hauptmann Anton Geissbühler mit diesem Entscheid vorläufig auf ziemlich dünnem Eis bewegt.
    Als Nächster wird Vater Weihermann vorgeladen. Er erhebt sich mühsam und wirkt in diesem Moment bemitleidenswert angeschlagen. Der Hauptmann steht im Türrahmen und empfängt ihn betont jovial. Dann wird die schalldichte Tür erneut geschlossen und ich bleibe mit den beiden Frauen im Korridor sitzen.
    Eva Rechberger hat sich inzwischen etwas gefasst und putzt die Nase. Ihre Mutter nestelt in ihrer Handtasche und entnimmt ihr eine Lesebrille. Aus einem Wandhalter fischt Martha Rechberger einen Prospekt mit Sicherheitstipps für Eigenheimbesitzer und blättert darin unkonzentriert. Nach wenigen Augenblicken hebt sie den Kopf, schiebt die Brille ins Haar und wendet sich an ihre Tochter. »Evchen, verrate mir bitte, warum ihr die Schweiz habt verlassen wollen?«
    Statt die Bitte ihrer Mutter zu erfüllen, stellt Eva eine Gegenfrage: »Mami, warum nur hast du von mir verlangt, den Alten in Schutz zu nehmen?«
    Aufgebracht erwidert die Angefeindete: »Du Dummchen. Dich habe ich damit in Schutz genommen, dich ganz allein. Begreift du denn noch immer nicht, dass sich der saubere Gerichtspräsident zu wehren gewusst hätte, wenn wir ihn angezeigt hätten? Bestimmt hätte er alles abgestritten. Wie hätten wir ihm irgendetwas beweisen können? Am Ende hätte er dir Vorwürfe gemacht und deinen guten Ruf ruiniert.«
    Offenbar haben Eva und Martha Rechberger bisher nicht mitbekommen, dass Adam Füssli tot ist.
    »Niklaus hätte mir dann schon geholfen«, trotzt das Mädchen.
    »Pah!«, winkt Martha Rechberger ab. »Niklaus hätte überhaupt nichts tun können. Der sitzt selbst in der Patsche. Was glaubst du eigentlich, was seine Aussage vor Gericht wert ist? Er wird nicht als Zeuge vorgeladen, sondern als Angeklagter vorgeführt.«
    Das lässt Eva nicht gelten. »Die Videoaufnahmen werden Niklaus’ Unschuld bewiesen.«
    Noch bevor ihre Mutter gekontert hat, erscheint Hauptmann Geissbühler und mahnt in väterlichem Tonfall: »Meine Damen, entladen Sie das Fuder nicht schon im Korridor, falls sie das Heu nicht ganz auf derselben Bühne haben sollten.«
    Die Befragung von Martha und Eva Rechberger erfordert viel Zeit.
    Endlich werde ich aufgefordert, im Sitzungszimmer der Kantonspolizei Platz zu nehmen. Seit meinem letzten Besuch
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