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Scherbenhaufen

Scherbenhaufen

Titel: Scherbenhaufen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Fäustchen, verlautete aus Kreisen der unterlegenen Volkspartei.
    Füssli sollte das Lachen nur allzu bald vergehen. Er erhielt unvermutet anonyme Briefe. Darin wurde er beschuldigt, seinen Mitbewerber gewaltsam aus dem Weg geräumt zu haben. Das erste Schreiben schloss mit der Aufforderung: ›Fahr’ zur Hölle!‹
    Der Bedrohte ließ sich jedoch nicht einschüchtern. Er ignorierte die diabolische Drohung, sah von einer Anzeige ab und verzichtete auf jegliche Nachforschungen. Wisch wusste er vom Tisch zu fegen.
    Eines Morgens erreichten Adam Füssli in kurzer Folge zwei ungewöhnliche Telefonate.
    Der erste Anruf unterbrach sein Frühstück um 7.15 Uhr.
    »Adam«, zischte eine weibliche Schlange, »in deinem Paradies wütet das Fegefeuer!«
    Was für ein sonderbarer Morgengruß? Ein Bissen Butterbrot blieb dem Richter am Gaumen kleben. Füssli legte konsterniert den Hörer auf und spülte Gebäck und Botschaft mit einem Schluck Kaffee hinunter.
    7.21 Uhr lärmte der Apparat im Thuner Domizil erneut.
    Vorsichtshalber drückte Adam Füssli diesmal die Aufnahmetaste des Anrufbeantworters und ergriff gespannt den mobilen Geräteteil. Der Belästigte erwartete wieder die Unbekannte. An ihrer Stelle meldete sich eine sonore Männerstimme.
    »Tag, Herr Füssli.« Es sprach der Hausmeister eines benachbarten Gstaader Chalets. »Soeben ist die Feuerwehr zu Ihrem Ferienhaus ausgerückt. Es steht im Vollbrand! Ich denke, Sie sollten herkommen.«
    Adam Füssli verlor keine Zeit. Unter sträflicher Missachtung signalisierter Tempolimits raste er mit seinem Offroader ins Oberland.
    Dort rätselte man inzwischen um die Identität einer verkohlten Leiche, die aus der Brandruine geborgen wurde. In der Doppelgarage lag ein ausgebrannter Mini-Cooper. Musste befürchtet werden, dass es sich bei der Toten um Frau Evelyne Füssli handelte?
    Das Feuer hatte über Nacht die Umgebung des zerstörten Holzbaus von einem Winter- in einen Albtraum verwandelt. Zwischen aschgrauen Schneewechten kurvte eine martialische Edelkarosse heran. Ihr entstieg der Thuner Gerichtspräsident. Er erkundigte sich beim erstbesten Uniformierten besorgt nach Evelyne: »Wo bleibt meine Gattin?«
    Der Beamte musterte den aufgewühlten Ankömmling voller Mitgefühl.
    Adam Füssli stand im langen Kamelhaarmantel und karierten Hausschuhen im Schnee. Unter dem Mantelsaum zeigten sich dunkelblaue Pyjamahosen. Eine schweißnasse Haarsträhne wurde vom Rand einer Pelzmütze tief in die Stirn gedrückt. Braun-grau geflammte Brillenbügel aus Büffelhorn durchquerten die getrimmten Schläfen. Auf einem schmalen Nasenrücken balancierten ovale Brillengläser und tiefgekerbte Nasolabialfalten verbanden den Zinken mit dem entsetzten Mund.
    Der Polizist wies mit dem gefütterten Fäustling seiner rechten Hand in Richtung nebelnder Rauchschwaden.
    Der Gerichtspräsident durchstampfte das zugerußte Winterfeld im Sauseschritt.
    Eine Viertelstunde später verließ Adam Füssli das weiße Plastikzelt der Spurensicherung. Darin lagen menschliche Überreste, die er soeben anhand des Diamanten aus dem geschmolzenen Verlobungsring und einer hitzebeständigen Zahnprothese als seine zweite Ehefrau identifizieren musste. Das war hart.
    Dessen ungeachtet, stellte ihm der Einsatzleiter der Kantonspolizei Bern unbequeme Fragen.
    »Herr Füssli, wo haben Sie eigentlich die letzte Nacht verbracht?«
    »Eigentlich?«, wiederholte der Befragte. Drückte dieses eigentümliche Wörtchen Misstrauen aus? Der Richter stieß sich an der Formulierung des Polizisten. »In meinem Domizil am Thunersee«, erwiderte Adam Füssli kurz angebunden.
    Der Beamte fragte in respektlosem Stil weiter: »Wer hat Sie denn über das Unglück informiert?«
    »Denn? Warum ›denn‹?«, kritisierte Füssli. »Wie wär’s mit ›dann‹, Herr Inspektor? Einen genauen Zeitpunkt könnte ich Ihnen nämlich schon nennen.« Was erlaubte sich dieser Bulle DENN EIGENTLICH? Adam Füssli vermisste eine situative Rücksichtnahme. Wohlweislich hielt er sich zurück.
    Ungerührt wühlte der Einsatzleiter im wunden Herzen des leidgeprüften Witwers: »Herr Füssli, was vermuten Sie als Brandursache?«
    »Zum Teufel!«, fluchte Füssli. Einmal mehr fürchtete er um seinen Ruf. Zu Recht. Bereits tags darauf erstürmte die Schwägerin die Amtsstube auf dem Thuner Schlossberg. Die aufgebrachte Genferin beschimpfte den Gerichtspräsidenten aufs Gröbste und hieß ihn unverblümt einen gemeinen Mörder.
    Peinlicherweise entging dieser
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