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Schatzfinder

Schatzfinder

Titel: Schatzfinder
Autoren: Hermann Scherer
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meine Renitenz von damals halbwegs bewahrt zu haben.
Der Marsch durch die Institutionen
    Menschen, die außergewöhnliche Resultate erzielen, weil sie außergewöhnliche Chancen erkennen und nutzen.
    Wenn wir es dann mit angelegten Ohren durch die Schule und bis ins Teenager-Alter geschafft haben, stehen wir vor dem Berufsberater. Nach einer Kurzanalyse (»In welchem Fach waren die Noten denn nicht ganz so schlecht?«, »Na, was macht Ihnen denn ein bisschen Spaß?«) bekommt der Jugendliche ein paar Ausbildungsplätze angeboten. Natürlich von der Standardpalette der »offiziell anerkannten und vermittlungsrelevanten Berufe«: Altenpfleger, Einzelhandelskaufmann, Friseur, Elektronikfachverkäufer, Automechaniker, Installateur und so weiter. Ich frage Sie: Sind das wirklich Chancen zum Glück? Chancen sind Gelegenheiten, die von Menschen genutzt werden. Menschen, die außergewöhnliche Resultate erzielen, weil sie außergewöhnliche Chancen erkennen und nutzen. Oder sind das nur die sicheren Wege, als funktionierende Arbeitsdrohne das Leben anderer zu führen?
    »Sei froh, dass es überhaupt was gibt!«, mahnt die Institution Vater. »Sei nicht so undankbar!«, mahnt die Institution Mutter.»Lebensmittelhändler oder Friseur – damit kannst du gar nicht falsch liegen. Gegessen wird immer. Und Haare wachsen auch immer!«, bestärkt die Institution Lehrer den Rat der Institution Arbeitsagentur. Scheinbar wollen alle Institutionen in unserer Gesellschaft chancensuchende Jugendliche schnell und sicher zu funktionierenden Festangestellten machen. An den Berufen ist nichts Schlechtes, nur die Art, wie sie gewählt werden, macht mich wütend oder traurig oder beides.
    Darf ein junger Mensch überhaupt auf die Institutionen hören, wenn er sein Glück machen will?
    Jetzt bitte ich Sie, mich nicht falsch zu verstehen: Ich will gar nichts an der Agentur für Arbeit aussetzen. Und obwohl ich so meine liebe Mühe mit der real existierenden Schule habe, will ich auch keine Lehrer kritisieren. Im Gegenteil: Ich schreibe nicht gegen Lehrer, sondern unter anderem auch für sie, die so wichtig sind für unsere Gesellschaft. Und ganz bestimmt will ich nicht gegen das Handwerk schreiben, das ich gut kenne und schätze. Was wäre diese Welt ohne unser Handwerk? Nichts! Ich will auf etwas anderes hinaus: Darf ein junger Mensch überhaupt auf die Institutionen hören, wenn er sein Glück machen will? Oder ist er dann verraten und verkauft?
    Wie war es bei mir? Keine Institution hat mir auf meinem Lebensweg Orientierung geben können. Die Leute im Arbeitsamt oder meine Lehrer hätten den Kopf geschüttelt oder mir einen Vogel gezeigt, wenn sie gesehen hätten, was ich mit meinem Leben angestellt habe. Zu allen beruflichen Rollen, in denen ich bisher erfolgreich war – Gründer, Unternehmer, Vorstand, Trainer, Berater, Redner, Autor –, hätte ich mir anhören müssen: »So etwas gibt’s nicht!«, »Dafür gibt’s keine Ausbildung, das ist kein Beruf!«, »Das ist nicht solide, das ist Glücksrittertum!«
    Das stimmt. Das sind keine offiziellen Berufe. Aber ich frage Sie: Bei welcher Institution haben die Albrecht-Brüder gelernt, Aldi zu gründen und zu einem genialen Geschäftskonzept zu entwickeln? Welche Institution hat Reinhold Würth geraten, den im Alter von 19 Jahren vom Vater geerbten Schraubenhandelzu einem weltweiten Handelsimperium mit über 60 000 Mitarbeitern auszubauen? Welche Institution stand dahinter, als Steve Jobs die Schule schmiss und begann, mit seinem Kumpel Woz zu Hause Computer zusammenzulöten? Welcher Berufsliste konnte Marcel Reich-Ranicki »Literaturkritik-Papst« entnehmen? Welche Institution hat Stefan Raab gemahnt, TV-Entertainer zu werden? Brauchte Dietrich Mateschitz eine Institution, um in Thailand den Roten Stier zu entdecken?
    Das ist leider in der Spitze der Bildungslandschaft, nämlich in der Wissenschaft und an der Uni, kaum besser. Oder kennen unsere Gelehrten und Professoren die Antwort? Der Bildungsauftrag der Wissenschaft und der Universitäten ist wohl eher, das Geschehene zu kategorisieren statt Zukünftiges zu revolutionieren. Einige meiner Dozenten-Kollegen an den Hochschulen beginnen ihre Vorlesungen über neue Themen wie beispielsweise Guerilla-Marketing oder revolutionäre Managementmethoden mit der Feststellung, dass es über diese Themen noch wenig Literatur gibt. Zweifelsohne richtig, doch die Frage ist ja nicht allein, welches Wissen wir haben, sondern welches Wissen wir
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