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Schatzfinder

Schatzfinder

Titel: Schatzfinder
Autoren: Hermann Scherer
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erschaffen! Heute ist es egal, an welcher Uni du studierst, du lernst überall die gleichen Cases, obwohl wir wissen, dass die Wirtschaft über Regelbruch funktioniert.
    MBA-Anbieter sind – und ich weiß, wovon ich rede, ich habe ja selbst auch so einen MBA – austauschbare Case-Studies-Verteiler. Egal, wo Sie auf der Welt studieren, Sie bekommen immer die gleiche Aufgabe. Gleichmacherei: Jeder Manager lernt die gleichen Probleme und die gleichen Lösungen. Katastrophal: Die Menschen, die eigentlich zu den Problemlösern unserer Gesellschaft ausgebildet werden sollten, bekommen beigebracht, wie man angelt – nicht wie man eine Angel baut.
    Und die Regeln, an denen entlanggelehrt wird, sind auch noch veraltet. Selbst die künftige Elite der Wirtschaft lernt immer nur die Vergangenheit kennen, nicht die Prinzipien, mit denen sie die Zukunft gestalten könnte. Unter anderem Harvard beginnt andere Wege zu gehen, nachdem eine Studie gezeigt hat, dass einer der entscheidendsten Punkte im Leadership die Intuition ist.Letztlich sind wir doch nur in der Lage, besser zu werden, wenn wir an den Dingen zweifeln. In der Schule dürfen wir aber nicht zweifeln, das ist dort streng verboten. Wir müssen lernen, dass das, was der Lehrer sagt, immer stimmt. Selbst wenn es nicht stimmt. Wenn ein Lehrer sagt, Milch ist gesund, dann hat Milch gefälligst gesund zu sein. Und wehe, ein Schüler meldet sich und meldet Zweifel an, weil er ganz andere Erfahrungen gemacht hat!
    Nicht nur die Wirtschaft, die ganze Welt entwickelt sich durch Regelbruch weiter, und im Rückblick sehen wir deutlicher, was wir dadurch erreicht haben. Nicht jeder Regelbruch bringt Fortschritt, jedoch Veränderung. Ein schönes Beispiel ist die Badepolizeiverordnung vom 18. August 1932. Da die gebrauchte Formulierung »anstößige Badekleidung« sehr unterschiedlich interpretiert wurde und der Erlass damit das angestrebte Ziel verfehlte und die Badebekleidung der Frauen in den 1920er-Jahren zunehmend knapper wurde, gab das Ministerium am 28. September 1932 eine Polizeiverordnung zur Ergänzung der Badepolizeiverordnung heraus, in der vorgegeben wurde, wie die Badebekleidung von Männern und Frauen auszusehen hatte. Darin stand unter anderem »§ 1. (1) Das öffentliche Nacktbaden ist untersagt. (2) Frauen dürfen öffentlich nur baden, falls sie einen Badeanzug tragen, der Brust und Leib an der Vorderseite des Oberkörpers vollständig bedeckt, unter den Armen fest anliegt sowie mit angeschnittenen Beinen und einem Zwickel versehen ist. Der Rückenausschnitt des Badeanzugs darf nicht über das untere Ende der Schulterblätter hinausgehen. (3) Männer dürfen öffentlich nur baden, falls sie wenigstens eine Badehose tragen, die mit angeschnittenen Beinen und einem Zwickel versehen ist. In sogenannten Familienbädern haben Männer einen Badeanzug zu tragen.« Übrigens: Ein Zwickel ist der Stoffeinsatz im Schritt. Die Bundespolizei ist eine Institution, an die wir glauben.
    »Wo kämen wir hin, wenn jeder sagte, wo kämen wir hin, und keiner ginge, um zu sehen, wohin wir kämen, wenn wir gingen«, sagte schon der Schriftsteller Kurt Marti.
    Zeitungen sind auch so eine Institution. Journalisten sprechen gerne von Flauten, Wirtschaftskrisen und anderen bösen Geistern. Die Leser glauben an die beschriebenen Schwierigkeiten und entwickeln schon allein durch das Lesen Mutlosigkeit und Resignation. Wenn Institutionen sagen, wir haben eine Flaute,dann haben wir auch eine Flaute. Wo kämen wir denn sonst hin? »Wo kämen wir hin, wenn jeder sagte, wo kämen wir hin, und keiner ginge, um zu sehen, wohin wir kämen, wenn wir gingen«, sagte schon der Schriftsteller Kurt Marti. Und tatsächlich, die sich selbst erfüllende Prophezeiung funktioniert meistens perfekt. Intelligente Menschen behaupten, dass die zurückliegende große Finanz- und Wirtschaftskrise nicht wirklich begründet war. Wenn man die Vertrauenskrise in der Bank- und Finanzwelt einmal ausklammert, dann gab es in den anderen Branchen gar keine Krise. Aber es gab Angst, und diese Angst hat in vielen Branchen eine große Zurückhaltung verursacht – und schon war sie da, die Krise. Hätte sie sonst stattgefunden?
    Viele Führungskräfte sind deswegen auf der Karriereleiter so gut unterwegs, weil sie sich den Regeln des Unternehmens anpassen. Je regelbewusster, desto seriöser, je konservativer, desto eher entsprechen sie den Regeln und Vorgaben der bestehenden Führungsmannschaft. Je steifer, desto eher kommen
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