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Schatzfinder

Schatzfinder

Titel: Schatzfinder
Autoren: Hermann Scherer
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treffen. Wir müssen mehr Führer, mehr Hirte als Mitläufer sein. Diese fehlende Proaktivität habe ich selbst bei einem meiner eigenen Unternehmen erlebt. Ich habe bei dem Unternehmen angerufen und hatte eine Mitarbeiterin am Telefon. Dummerweise kam ich in ein Funkloch, und unsere Verbindung wurde getrennt. Ich wartete fünf Minuten, um zu sehen, was geschieht. Es geschah nichts. Nach fünf Minuten rief ich die Mitarbeiterin wieder an und fragte, was denn los sei. Und sie sagte, ihr war klar, dass ich mich schon wieder melden würde. Ja natürlich habe ich mich wieder gemeldet. Aber wäre es nicht ein proaktiverer Zug gewesen, wenn sie sich bei mir gemeldet hätte? Das ist wie mit der Antwort auf die Frage »Wo ist denn die Garderobe?« Statt die Antwort zu geben, sollte man den Mantel abnehmen.
    Wann immer Menschen von anderen etwas erwarten, dann stecken sie für gewöhnlich in einem Wenn-dann-Muster fest. Sie stellen Bedingungen: »Wenn der das oder das tun würde, dann würde ich ja auch dies oder jenes tun. Aber er tut’s ja nicht!« – Wenn er nur endlich seine schmutzigen Unterhosen in die Wäschebox stecken würde, dann könnte ich ja vielleicht anfangen, ihn zu respektieren. Aber immer … Wenn sie nur endlich aufhören würde, ständig von ihren Freundinnen zu plappern, dann könnte ich ihr auch zuhören, aber … Wenn sie sich nur in der Schule mehr anstrengen würde, dann wäre ich ja bereit …
    Doch solange die anderen nicht tun, was wir von ihnen wollen, sind wir auch nicht bereit, unsererseits das zu tun, was die anderen wollen. Oft warten beide Parteien gegenseitig darauf, dass die andere Partei endlich tut, was die eine Partei von ihr will. Und so warten beide aufeinander, ein Patt der Erwartungen.
    Die Auflösung besteht im Streichen der Bedingungen: Gegenleistungslos dem anderen etwas Gutes tun, etwas für den anderen tun, ohne dafür etwas zu erwarten, das bringt oftmals die wunderbarsten Gegenleistungen. Wenn wir es schaffen, das »umzu« zu streichen und einfach nur zu geben und damit zufrieden zu sein, nichts dafür zu erhalten, dann erst sind wir uns unsererGabe voll bewusst. Dann vergessen wir uns selbst. Und das ist die höchste Form der Präsenz
Selbstvergessen
    Dann sind wir wie Jesus von Nazareth. Er war das beste Beispiel der Weltgeschichte, wie man sein Ego vollkommen ausschalten kann. Dazu gehört ein Höchstmaß an Selbstvergessenheit. Und das resultiert in der maximalen Achtsamkeit, Aufmerksamkeit, Wachheit, Offenheit, kurz: Präsenz, zu der Menschen fähig sind.
    Jesus war es vollkommen egal, was die Leute sagten oder dachten. Jeder Mensch, der vor ihm stand, war in diesem Moment der wichtigste Mensch auf der Welt. Allein diese Fähigkeit zum Fokus auf den Moment und den jeweiligen Menschen war vermutlich so faszinierend, dass er alle, die ihn trafen, in seinen Bann gezogen hat. Nichts ist attraktiver als vollkommene Präsenz!
    Dann ist die Frage, was man für sich selbst will, auch völlig gegenstandslos. Wenn Jesus Zweifel bekommen hat – und selbst er hatte heftigste Zweifel –, dann ist er in die Wüste gegangen und hat gefastet. Er hat sich seinem Ego nie hingegeben, sondern sich stattdessen völlig selbstlos und selbstvergessen um andere gekümmert. Und paradoxerweise ist das Freiheit.
    Leidenschaft ist nicht punktuell, Leidenschaft ist ubiquitär, also allgegenwärtig.
    Denn wenn wir uns selbst vergessen haben bei dem, was wir tun, handeln wir leidenschaftlich. Leidenschaft ist nicht punktuell, Leidenschaft ist ubiquitär, also allgegenwärtig. Leidenschaft ist ein anderes Wort für Selbstvergessenheit.
    Statt nur auf die eigenen Chancen zu achten, kann die größte Chance darin bestehen, für andere eine Chance zu sein.
    Die norwegische Akademie der Wissenschaft hat errechnet, dass seit dem Jahr 3600 vor Christus insgesamt 15 513 Kriege stattgefunden haben. Dabei gab es 3 064 000 000 Tote. Nur 292 Jahre dieser rund 5 600 Jahre waren ohne Krieg. Es gab uns nicht zu Beginn dieses Universums, das seit 14 Milliarden Jahren bestehensoll, und es wird uns eines Tages auch nicht mehr geben. Was haben also die paar Jahrzehnte, die wir in einem zeitlosen Universum verbringen, für eine Bedeutung? Die Relativität unserer Rolle im gesamten kosmischen Geschehen wirft entscheidende Fragen auf. Woher komme ich? Wer bin ich? Warum bin ich da? Wohin gehe ich? Der Sinn des Lebens kann sein, ein Diener der Menschheit zu sein. Dienen ist eine Chance. Und statt nur auf die eigenen
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