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Schattierungen von Weiß

Schattierungen von Weiß

Titel: Schattierungen von Weiß
Autoren: Ki-Ela Stories
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seiner Mutter einen hilfesuchenden Blick, sie sah ihn mitleidig an – immerhin das lief nach Plan.
    „Das kommt schon mal vor. Vielleicht solltest du weniger Sport machen“, gab sein Vater zu bedenken.
    „Nein, Sport hilft mir, den Kopf freizubekommen. Das ist es nicht. Ich brauche einfach mal eine Pause.“
    „Pause? Mitten im Studium? Wie stellst du dir das vor?“, ein abfälliger Blick traf Levin.
    „Du hast doch bald Semesterferien“, wandte seine Mutter ein.
    „Ja, und in den Ferien soll ich in der Kanzlei mitarbeiten“, maulte Levin. „Ma, Dad – ich habe seit dem Abi keine freie Minute mehr gehabt. Ich würde gerne Urlaub machen, das ist wohl nicht zuviel verlangt.“
    „Urlaub kannst du machen, wenn du dein Studium fertig hast. Ich habe mir auch nie einen Urlaub gönnen können, sondern habe in den Semesterferien gejobbt. Reiß dich zusammen, Levin“, James Webber schüttelte den Kopf.
    „Es geht aber nicht“, wandte Levin ein. „Seit drei Wochen habe ich schon eine Blockade.“
    „Dann beende sie! Blockade – wenn ich das schon höre!“, sein Vater erhob sich empört aus seinem Sessel. „Gewöhne dich lieber ans Arbeiten!“
    „Aber James“, Sonja Webber war ebenfalls aufgestanden und ging jetzt auf ihren Mann zu. „Der Junge hat schon Recht. Er hat direkt nach dem Abitur seinen Zivildienst geleistet, hat dann in deiner Praxis hospitiert und seit Beginn seines Studiums war er ebenfalls in jeder freien Minute in der Kanzlei. Wir sollten ihm eine Pause gönnen. Die Jungen von den van Beeks und den Canzens haben auch vor dem Studium erst mal eine Pause gehabt.“
    „War ja klar, dass du dich von ihm einwickeln lässt“, blaffte James Webber los.   „Levin hat ausgezeichnete Noten, wir haben keinen Grund zur Klage“, Sonja wandte sich an ihren Sohn und lächelte ihm zu. „Ich bin sehr dafür, dass wir ihm den Urlaub gönnen.“
    „Urlaub gönnen…“, imitierte James seine Frau. „Und wohin gedenkst du zu verreisen? Was dürfen wir dir denn bezahlen, was wäre dir denn genehm? Die Bahamas? Hawaii? Malediven? Seychellen? Ist dir irgendwas davon gut genug?“
    Die Stimme seines Vaters triefte vor Hohn.
    „Du hast doch den alten Hanomag – ich würde mir den gerne ausleihen und damit losfahren“, Levin sah ihn hoffnungsvoll an.
    „DAS ALTE DING?“, seine Mutter schrie entsetzt auf. „Der ist doch gar nicht mehr verkehrstauglich!“
    „Doch, natürlich ist er das“, James Webber musterte ihn aufmerksam. „Den habe ich mit Peter und Werner damals umgerüstet, so dass man in ihm schlafen und kochen kann“, jetzt lächelte sein Vater versonnen. „Wir haben darin tolle Touren unternommen. Man müsste ihn natürlich noch einmal überholen und durchchecken lassen…“
    „Das würde ich alles übernehmen. Bitte , Dad – würdest du ihn mir geben?“, Levin schöpfte Hoffnung, offenbar hatte er mit seiner Bitte einen Punkt bei seinem Vater getroffen, der ihn verwundbar werden ließ – und in Erinnerungen schwelgen.
    „Wir machen ihn beide startklar “, sein Vater hatte ein seliges Grinsen im Gesicht. „Aber er ist wie ein alter sturer Esel, man braucht Geduld und Einfühlungsvermögen, um ihn zu fahren.“
    „Ich werde mich bemühen“, nickte Levin eifrig.
    Dann fielen die erlösenden Worte. „Okay, Levin. Nimm dir den Hanomag.“
    „Ich weiß nicht, ich bin nicht dafür“, Sonja Webber machte ein besorgtes Gesicht. „In so einer alten Kiste durch die Gegend zu fahren. Was da alles passieren kann. Wahrscheinlich schaffst du damit keine hundert Kilometer“, gab sie zu bedenken.
    „Der Hanomag ist ein sicheres Gefährt, keine Sorge, meine Liebe“, James Webber holte ein Fotoalbum aus dem Regal, damit kam er zu Levin und setzte sich neben ihn. Er blätterte die erste Seite auf und tippte mit dem Finger auf einen total verrosteten Schrotthaufen.
    „So sah er vorher aus“, die Augen seines Vaters begannen zu leuchten, als er das Fo to sah. „Und dann haben wir uns an die Arbeit gemacht…“
     
    Levin sah sich mit ihm das Album durch, es war schon komisch, seinen Vater so zu erleben. Selten erlebte er ihn emotional oder begeistert, James Webber war eher der nüchterne Typ.
    Sonja Webber hatte es aufgegeben, noch gegen Levins Plan zu intervenieren, sie sah wohl ein, dass sie verloren hatte.
    „Komm morgen vorbei , nach dem Gottesdienst, dann schauen wir uns das alte Schätzchen mal genauer an“, schlug sein Vater Levin nach dem Abendessen vor.
    „Gerne“, nickte
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