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Schattenwanderer

Schattenwanderer

Titel: Schattenwanderer
Autoren: Alexey Pehov
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unbändiger Zorn in uns. Wären diejenigen, die diese Wolke heraufbeschworen hatten, in der Nähe gewesen, wir hätten sie in Stücke gerissen, das schwöre ich bei allen Göttern Sialas.
    Fast den ganzen Tag über ritt die Einheit schweigend. Hallas und Deler verzichteten auf ihre Streitereien, Lämpler malträtierte seine Tröte nicht, Kli-Kli machte keine Späße und schniefte nur hin und wieder, Marmotte kniff die Augen zusammen und streichelte gedankenverloren Triumphator, der wie ein Standbild auf seiner Schulter thronte.
    Ich ritt abseits von den anderen, hinter Ohm und Met, wollte mit niemandem reden. Nur einmal wurde meine Einsamkeit gestört, als Alistan zu mir geritten kam.
    Unversehens tauchte er zu meiner Rechten auf, wir ritten einige Leagues nebeneinander. Ich legte gegen seine schweigende Gesellschaft keinen Protest ein und wunderte mich nur, als er das Wort an mich richtete: »Kater liegt an einem guten Ort, weißt du, Garrett.«
    »Ja?« Das war alles, was ich herausbrachte.
    »Neben Helden. Es ist eine gute Nachbarschaft.«
    »Für ihn ja«, sagte ich nach einer Weile. »Aber wer wird sich in ein paar Jahren noch an ihn erinnern? Ein Grab in der Heide. Hier verirrt sich bestenfalls alle zehn Jahre ein Hirte her.«
    »Das stimmt nicht, Dieb. Die Wilden Herzen werden sich an ihn erinnern.« Ohm hatte unser Gespräch mit angehört. »An den Hängen der Berge der Verzweiflung, unweit des Einsamen Riesen, da gibt es einen Friedhof, dort begraben wir alle unsere Soldaten, unabhängig davon, ob ihre Körper in den Gräbern ruhen oder für immer in der schneeigen Tundra verblieben sind. Kater wird nicht vergessen werden.«
    Den Rest des Tages wechselten wir kein Wort mehr.
    Der Regen schien die sengende Hitze fortgespült zu haben. Die nächsten Tage ritten wir bei warmem, jedoch angenehmem Wetter durch die Heide. Die Wiesen mit dem saftig grünen Gras ließen wir irgendwann hinter uns, die Heide wich einem spärlichen Kiefernwald.
    Nach und nach verlor sich die bedrückte Stimmung. Hier und da kamen die ersten Gespräche auf. Deler und Hallas beharkten sich wieder, diesmal konnten sie sich nicht darüber einigen, ob auf der Lichtung, auf der wir die letzte Nacht gelagert hatten, giftige Knollenblätterpilze oder nur gewöhnliche Grünlinge wuchsen. Lämpler zog seine Flöte aus der Tasche und stimmte eine einfache Melodie an, Kli-Kli brachte Ell in seiner Seelengüte und unter Zuhilfenahme von Delers wassergefülltem Hut morgens zum Aufstehen. Im Gegenzug hätten Ell und Deler beinahe Hackfleisch aus dem Narren gemacht.
    Ein paarmal spürte ich Miralissas nachdenklichen Blick auf mir ruhen, aber sie fragte nie etwas, sondern wartete wohl auf die Gelegenheit, mit mir unter vier Augen zu sprechen. Deshalb mied ich ihre Gesellschaft. Keine Ahnung, warum, aber ich wollte nichts von Walder und von der Hilfe, die er mir gewährt hatte, erzählen.
    Als ich schon glaubte, wir würden die Straße niemals mehr erreichen, stieß Kli-Kli einen Freudenschrei aus und wies mit dem Finger auf die Straße, die durch die Bäume hindurchschimmerte. Wir hatten es geschafft.
    Am Abend beschlossen wir, versammelt am Feuer, nicht nach Ranneng hineinzureiten.
    Außer Schandmaul, der Verwandte in der Stadt hatte, wollte dies ohnehin niemand. »Frage: Gibt es noch Gerechtigkeit?«, brummte Schandmaul. »Antwort: Nein, es gibt sie nicht.«
    Darauf entschieden die Götter allerdings, uns doch nach Ranneng zu schicken. Am nächsten Morgen plagten Hallas nämlich Zahnschmerzen. Vielleicht hatte er sich im Regen doch etwas zugezogen, vielleicht kamen einfach mal wieder die Gesetze der universellen Schweinerei zum Tragen, jedenfalls fauchte Hallas vor Schmerz und schimpfte die ganze Zeit auf Deler.
    Lämpler fing sich, als er dem Gnom vorschlug, ihm kurzerhand den schmerzenden Zahn zu ziehen, einen zornigen Blick ein, der ihm sämtliche Qualen der gnomischen Folter verhieß. Es blieb nur ein einziger Ausweg: Den Leidenden zu einem Bader zu bringen. Und den nächsten Bader gab es in Ranneng.
    Markhouse, der vor Wut mit den Zähnen knirschte und das ganze sture Gnomenvolk verwünschte, das sich weigerte, im Regen einen Umhang zu tragen und dann mit kranken Zähnen durch die Gegend lief, befahl sogleich, nach Ranneng zu reiten.
    Je stärker Hallas’ Zahn schmerzte, desto unerträglicher wurde er. Am Ende riss selbst Deler die Hutschnur, und er verzichtete auf jedes weitere Gespräch mit ihm. Hallas bedachte die ganze Gruppe mit einem
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